…einmal anders
Autor: Gregor Dietrich
Aquarienpflanzen wachsen nicht nur unter Wasser (submers) – viele sind in der Natur emerse Sumpfpflanzen, einige wachsen sogar noch auf relativ trockenen Böden. Manche erfreuen uns mit schönen Blüten. Es gibt auch durchaus winterharte Arten im Tropenaquarium.
Gartenstauden aus dem Aquarium und umgekehrt
Eine interessante Pflanzenfamilie mit vielen schön blühenden Sumpfpflanzen sind die Lobeliengewächse (Lobeliáceae). Die Gelbe Lobelie (Monópsis lútea) aus Südafrika wird immer wieder als Balkonpflanze angeboten. Der handelsübliche Stamm hat sich als Aquarienpflanze nicht bewährt, obwohl diese Art in der Natur zeitweise untergetaucht (submers) vorkommt. Die Kardinalslobelie (Lobélia cardinális, syn. L. splendens, L. fulgens) kommt in Nordamerika von Kanada bis nach Mexiko vor. Früher war sie als Bauerngartenpflanze in Kultur, wurde aber von der schnellerwüchsigen L. x gerárdii (Handelsbezeichnung L. x speciósa) verdrängt, deren zweite Elternart, nämlich L. siphilítica, zwar eine Sumpfpflanze, für die submerse Kultur aber ungeeignet ist. L. cardinális hingegen ist im Aquarienpflanzensortiment regelmäßig vertreten. Einmal auf emerse Kultur umgewöhnt entfalten die grün- oder rotblättrigen Sorten in kühlen Räumen oder als frostfrei überwinterte Balkonpflanzen regelmäßig ihre knallroten Blüten. Winterhart sind diese aus Mexiko und den südlichen USA stammenden Typen für das Warmwasseraquarium nur in milden Gebieten bei gutem Winterschutz. Es sind aber winterharte Sorten als Teichpflanzen im Handel. Sie können auch auf normalfeuchtem Boden gezogen werden, sind dort allerdings für Winterschutz dankbar. L. cardinalis ist überhaupt sehr vielgestaltig: Rotblättrige Typen mit schmalen Blättern, die sich nicht zur dauerhaften submersen Kultur eignen, werden meist als L. fulgens bezeichnet, behaarte Pflanzen trockenerer Standorte als L. splendens.
Eine andere als Gartenpflanze bereits etablierte Aquarienpflanze ist der Molchschwanz Houttuýnia cordáta. Dieses Molchschwanzgewächs (Saururáceae) aus dem Himalaja, Burma und Südostasien kommt vom tropischen Tiefland bis 2400 m Höhe an nassen bis trockeneren Standorten, gern in Gebüschen, vor. Im Garten verlangt sie meist Winterschutz und kalkarmen Boden, im Aquarium viel Licht. Als Zimmerpflanze ist die Art, von der es auch buntblättrige Sorten gibt, ebenfalls geeignet. Die als Aquarienpflanzen gehandelten Molchschwanz-Arten der Gattung Saurúrus sind auch mit Winterschutz hart, aber nur für den Teich geeignet.
Gut winterhart ist das Neuseeländische Nadelkraut (Tillaea (Crássula) hélmsii). Die Familie der Dickblattgewächse (Crassuláceae) besteht vorwiegend aus Sukkulenten wie Aeónium, Echevéria, Mauerpfeffer (Sédum) und Hauswurz (Sempervívum). Wenige besiedeln Feuchtstandorte und lediglich eine Handvoll Tillaea-Arten wächst auch submers. T. hélmsii ist in der Landform schwach sukkulent und übersteht daher auch etwas trockenere Perioden. Im Garten ist sie ein guter Bodendecker an feuchten Stellen. Im nördlichen Westeuropa breitet sich dieses Nadelkraut in natürlichen Gewässern aus und wandert langsam nach Südosten.
Nasse Ampeln
Einige Arten die im Wasser aufrechte, an Land kriechende Stengel haben, eignen sich als Ampelpflanzen. In schönem rosarot leuchten die Ähren von Rótala rotundifólia über olivgrünem Laub, weiße „Knöpfe“ produzieren Gymnocorónis spilanthoídes und das Mexikanische Eichenblatt (Shinnérsia rivuláris). Blaulila erscheinen die Blüten von Bácopa monniéri. Das Pfennigkraut (Lysimáchia nummulária) kommt auch in Mitteleuropa wild vor und ist daher winterhart. Seine gelben Blüten zieren es nur im Juni, weswegen es am Balkon eher nur als Strukturpflanze einzusetzen ist.
Die Aquarien-Highlights
Zu den wichtigsten Aquarienpflanzen gehören die Gattungen Echinódorus (Alismatáceae) und Cryptocorýne (Aráceae). Die breitblättrigen Echinódorus-Arten werden zu deutsch Wasserwegerich genannt. Sie sind am besten für die Landkultur geeignet, aber auch manche der schmalblättrigen, Schwertpflanzen genannten Arten wachsen emers gut. Sie eignen sich als Zimmerpflanzen, sofern sie immer nasse Füße haben und nicht über Heizkörpern stehen. Die schönen weißen Blüten erscheinen regelmäßig. Manche Arten sind Kurztags- (Winter-), andere Langtags-(Sommer-)blüher, einige blühen das ganze Jahr hindurch. Da fast alle Arten niedrige Temperaturen aber keine anhaltenden Fröste ertragen, können die Sommer- und Ganzjahresblüher auch als Balkonpflanzen oder für den sommerlichen Gartenteich verwendet werden. Es sind auch viele buntblättrige Arten, Sorten und Hybriden im Handel, allerdings sind die Luftblätter weniger kontrastreich gefärbt. Zu den Dauerblühern gehört E. schlueteri mit bogig herabhängenden Blütentrieben, die, wie bei vielen Arten Kindel tragen. E. x bárthii und E. horemánnii `Schwarzrot´ haben dunkel schwarzrote, E. `Marble Queen´ variegate Blätter. Alle diese Arten sind in der Größe sehr variabel. Kleinere Arten (E. boliviánus, E. tenéllus, E. quadricostátus) werden nur bis 10cm hoch und produzieren keine Kindel.
Zu den reichblütigsten Aquarienpflanzen gehört ein Strauch aus der Familie der Acantháceae, dessen Jugendform submers wächst: Hygróphila corymbósa, das Kirschblatt. Diese violettblühende Art ist in mehreren Sorten auch unter den Namen H. strícta oder Nomóphila im Handel. Die Wasserform dieser Art kann nicht ans Landleben gewöhnt werden, man muß warten bis sie von selbst aus dem Wasser wächst. Die reine Landkultur ist nicht empfehlenswert, besser ist es die Pflanzen in einen dichten Übertopf zu stellen, der mit ca. 5 – 10 cm Sand oder Kies und dann randvoll mit Wasser gefüllt wird. Natürlich kann die Pflanze auch im Aquarium belassen werden und durch einen Spalt im Deckel herauswachsen. Die Wasserblätter werden allerdings abgeworfen und stattdessen Stelzwurzeln getrieben, die nicht immer als schön empfunden werden, obwohl sie dem Becken auch einen besonderen Reiz verleihen können. Auch die anderen Hygróphila-Arten aus dem Aquarienfachhandel sind ähnlich zu behandeln, sind aber Kräuter und sind meist von kriechendem bis hängendem Wuchs.
Vielfältige Aronstabgewächse
Die Wasserkelch-Arten (Cryptocorýne) brauchen in Landkultur hohe Luftfeuchtigkeit und können daher nur in Vitrinen emers gehalten werden, wo die meisten Arten regelmäßig ihre interessanten aber meist nicht sehr dekorativen Blumen öffnen. Die Arten der westafrikanischen Araceen-Gattung Anúbias sind dekorative Blattpflanzen, die auch in dunklen Räumen gedeihen. Wegen ihres Vorkommens noch in den dunkelsten Teilen der Wälder und in Höhleneingängen wurden diese langsamwachsenden Pflanzen nach dem ägyptischen Totengott Anubis benannt. Kein Vorteil allerdings ohne Nachteil: Die Pflanzen müssen im Wasser stehen, und zwar soweit, daß die Töpfe überflutet sind.
Vom Wasser- zum Landleben – eine große Umstellung
Zur Umstellung auf das Landleben pflanzen Sie ihre Aquarienpflanzen in Töpfe mit einer Mischung aus Sand/Kies, Lauberde und Lehm. Wegen der unvermeidlichen Auswaschung und der damit verbundenen Wassertrübungsgefahr sollte der oberste Zentimeter aus reinem Sand bestehen. Sobald die Pflanzen angewurzelt sind, senken Sie den Wasserstand bis zum Topfrand, aber lassen Sie das Aquarium geschlossen, um die Luft gespannt (bei 100% Luftfeuchtigkeit) zu halten. Sobald die Pflanzen erholt aussehen beginnen sie die Abdeckung Tag für Tag etwas mehr zu öffnen und den Wasserstand zu senken. Gute Beleuchtung ist während der ganzen Zeit notwendig. Sonnenlicht ist ungeeignet, da das geschlossene Aquarium zu stark aufgeheizt würde. Im Fachhandel sind oft emers gezogene Pflanzen erhältlich, die gleich bei gespannter Luft einwurzeln können. Die Dauer der Prozedur ist artabhängig. Probieren Sie es einfach aus! Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg.
Aquarienpflanzen für den Staudengarten
Art Blütenfarbe/-zeit Wuchs Winterschutz
Cardámine lyráta weiß / Juni Bodendecker nicht nötig
Houttuýnia cordáta weiß / Juli – September höherer Bodendecker notwendig
Lobélia cardinális rot / ab September aufrecht notwendig
Lysimáchia nummulária gelb / Juni Bodendecker nicht nötig
Physostégia purpúrea purpurn / Juli – September aufrecht notwendig
Tillaea hélmsii weiß Bodendecker nicht nötig
„nasse“ Balkonpflanzen
Art Blüte Blatt Wuchs
Alternanthéra spp. unscheinbar grün – rot aufrecht
Bácopa spp. weiß – violett, klein grün überhängend
Hydrocótyle leucocéphala weiß, klein hellgrün, schildförmig hängend
Lobélia cardinális rot hellgrün – rot aufrecht
Lobélia purpuráscens violett grün überhängend
Ludwígia spp. gelb, manchmal unscheinbar grün – rot hängend
Lysimáchia nummulária gelb, selten hellgrün hängend
Monópsis lútea gelb dunkelgrün hängend
Rótala rotundifólia rosa oliv – rot hängend
Shinnérsia rivuláris weiß hellgrün hängend
Zimmerpflanzen für gießwütige gartenlose Mitmenschen
Art Blüte Blatt Besonderes
Alternanthéra spp. unscheinbar grün – rot
Anúbias spp. unscheinbar dunkelgrün, schöne Blattformen vertragen Dunkelheit
Bolbítis heteróclita Farn handförmig
Bolbítis heudelóttii Farn dunkelolivgrüne Wedel
Hygróphila balsámica lila lanzettlich intensiver Geruch
– corymbósa lila verschieden Strauch
– polyspérma lila lanzettlich hängend
Lagenándra ováta braun lanzettlich, lang Rosettenpflanze
Echinódorus-Arten und -Sorten für die emerse Kultur
Art, Blüte, Blatt, Blütenstand
aschersoniánus ganzjährig Wasserwegerich, grün hängend, unverzweigt
x bárthii Kurztag Wasserwegerich, rot lang überhängend, verzweigt
(= osíris doppelt rot)
bertéroi Langtag Wasserwegerich, grün aufrecht, verzweigt
bléheri ganzjährig Schwertpflanze, grün überhängend, verzweigt
boliviánus ? kleine Schwertpflanze, grün aufrecht, unverzweigt
cordifólius Langtag Wasserwegerich, grün groß, überhängend, verzweigt
– ssp. fluítans Langtag grün groß, überhängend, verzweigt
– `Marble Queen´ Langtag variegat groß, überhängend, verzweigt
grandiflórus ? Wasserwegerich, grün – rot aufrecht, verzweigt
(= argentinénsis)
– ssp. aureus ? Wasserwegerich, grün aufrecht, verzweigt
(= muricátus)
grisebáchii ? kleine Schwertpflanze, grün aufrecht, unverzweigt
horizontális Kurztag, selten Wasserwegerich, grün überhängend, unverzweigt
macrophýllus ? Wasserwegerich, grün verzweigt
– ssp. scáber ? Wasserwegerich, grün verzweigt
mártii (= májor) ganzjährig Schwertpflanze, grün aufrecht, unverzweigt
osíris ? Schwertpflanze, oliv Blüten selten öffnend
parviflórus Langtag kleine Schwertpflanze, grün aufrecht, unverzweigt
– `Tropica´ Langtag Blätter breiter aufrecht, unverzweigt
quadricostátus ? kleine Schwertpflanze, grün aufrecht, unverzweigt
schlueteri ganzjährig Wasserwegerich, grün überhängend, wenig verzweigt
– `Leopard´ ganzjährig grün, bleibend rot gefleckt überhängend, wenig verzweigt
tenéllus Langtag Zwerg-Schwertpflanze, grün aufrecht, unverzweigt