Schon lange herrscht der Mythos, daß Citrus keinen Kalk verträgt. Dies ist in vielen deutschen Büchern immer und immer wieder erklärt und berichtet worden.
Der langjährige, einsame Rufer der ich war, wurde lange Jahre nicht gehört. Keiner wollte glauben, daß Citrus keine Schäden davon trägt, gießt man diese mit Leitungswasser, was oft so verschrien Kalkreich ist. Dies verursache Eisenchlorose und andere Schäden, ja einige „Experten“ rieten sogar dazu, der Pflanze regelmäßig Eisendünger zu verabreichen. Das die Pflanzen auf besonderen Veredelungsunterlagen in den Böden von Florida/USA im sogenannten Indian Territory auf Böden mit einem pH-Wert von über 8,1 wachsen und Premium Grapefruit (Citrus paradisi) für den Frischverzehr erzeugen. Die Böden dort sind mit Korallenkalk gesättigt. In Sizilien, wo beste Blutorangen (Citrus sinensis) für den europäischen Markt herstammen, sind die Böden auch mit einem pH-Wert von über 8,2 gesegnet, weil Dolimitgesteine im Boden auch hier für eine Kalksättigung sorgen. Auch in den Bundesstaaten von Texas und Arizona in den USA sind viele Böden mit Kalk gesättigt und erreichen pH-Werte über 8. Wie könnte hier eine Kultur erfolgreich sein, wäre Citrus wirklich so kalkfliehend?
Eine Frage, die man sich getrost stellen darf und die kein Buch deutscher Autoren wirklich nachhaltig beantworten kann, da vielen Autoren der Platz oder das Wissen fehlt. Schaut man in Fachliteratur ausländlicher Autoren, wie den Professoren und Doktoren der Universitäten von Florida und Californien, die im Fach Citrusanbau und Citrusbiologie unterrichten, wird oft erklärt, daß man für kalkgesättigte Böden nur eine entsprechende Veredelungsunterlage benötigt. Hier werden die Unterlagen Citrus aurantium, die Pomeranze oder auch die „Cleopatra“ Mandarine, Citrus reshni, gern genannt. Auch Citrus depressa, die „Shekwasha“ Mandarine ist als extrem kalktolerant eingestuft. Auf weitere Manarinen-artige Veredelungsunterlagen folgen nun die Zitronenartigen Veredelungsunterlagen wie Rauschalige Zitrone, Citrus jambhiri, die Volkamer Zitrone, Citrus limonia var Volkameriana, Synonym Citrus volkameriana, Palästinische Süsse Limette, Citrus limettioides, die „Alemow“, Citrus macropyhlla, und auch die „Rangpur“ Mandarinenlimette, Citrus limonia, als mitteltolerante Veredelungsunterlagen für Böden mit hohen pH-Werten. Somit kann man jetzt schon absehen, daß viele Citrus-Pflanzen eher kalktolerant, als Kalkfliehend sind. Meistens sind es nur Apfelsinen (Citrus sinensis) und Grapefruit (Citrus paradisi) die als sehr empfindlich gegen hohe Boden pH-Werte reagieren und damit in Böden, die durch Kalk eben entsprechend alkalisch reagieren entsprechend empfindlich sind.
Aber auf diese Literatur reagieren viele Autoren nur mit Spott, als gelte die Biologie und Botanik für jedes Land anders und wäre nicht mit der Pflanze verknüpft.
Ähnliches ergab sich dann auch mit Dünger, denn die meisten Speziellen Dünger zur Pflege der Pflanzen im Handel waren unzureichend und nicht nach den Bedürfnissen der Pflanze in den Nährstoffen zusammen gestellt. Oft lagen die Stickstoffwerte deutlich unter den Richtwerten und man verpasste den Pflanzen förmlich einen Phosphorschock. Viele Hersteller, die eigentlich aus Erfahrung der Anbauländer die korrekte Mischung hätten wissen müssen, da diese Großgebinde für die Erwerbsgärtnerei und den Erwerbsanbau herstellen, stellten trotzdem völlig unpassende Gebinde her. Bemängelte man dies, wurde erneut so getan, als wären die Bedürfnisse der Pflanzen hierzulande anders, als in den Anbauländern. Auch hier hörte man den einsamen Rufer nicht….
Doch nun kam jemand auf den Plan, mit dem niemand rechnen konnte und der mit Fakten und Versuchen untermauerte. Dr. Molitor der Fachhochschule Wiesenbaden, der am Standort Geisenheim die Forschungsstation für den Zier- und Nutzpflanzenanbau leitete. Er hatte sich schon im Vorfeld intensiv mit Citrus Pflanzen beschäftigt, weil er sich vieler Anfragen bezüglich der Kultur dieser Pflanze ausgesetzt sah. Viele besorgte Halter dieser Pflanzen befragten nämlich Dr. Molitor nach Hinweisen und Pflegetipps. Zunächst machte er sich über die Winterlichen Blattfall an Citrus kundig, und startete aufgrund so vieler unterschiedlicher Dünger einen Versuchsaufbau. Er analysierte die Inhaltsstoffe der gebräuchlichsten Spezialdünger für Zitruspflanzen und stellte diese den Empfehlungen aus der Fachliteratur, natürlich ausländischer Fachliteratur, gegenüber. Die Erkenntnis, daß die meisten dieser Dünger offensichtlich nicht den Empfehlungen der Fachliteratur entsprachen, fand ein Langzeitversuch statt. Mit Pflanzen von Citrus madurensis „Calamondin“ veredelt auf der höchst pH-Wert empfindlichen Veredelungsunterlage Poncirus trifoliata erforschte er die Wirksamkeit der Zitrusdünger auf Wachstum, Nährstoffgehalt der Blätter und des Blattgrüns. Er orientierte sich auch dabei an den Richtwerten der US-amerikanischen Fachliteratur, die hier sehr detaillierte Werte nennt und zudem auch in Büchern aus Frankreich, Italien und Spanien zitiert wird. Diese Werte schienen also auch für den europäischen Erwerbsanbau zu gelten, auch für die Erzeugung von Pflanzen für den Zierpflanzenmarkt.Leider erreichte keine der Pflanzen mit den getesteten Düngern optimale Werte, so daß Dr. Molitor die Düngerdosis entsprechend veränderte um so die Nährstoffgehalte in der Pflanze zu optimieren. Leider führte auch dies nicht immer zum Erfolg, konnte aber bei einigen Düngern die Nährstoffgehalte im Pflanzengewebe dem optimalen Gehalt annähern. Dr. Molitor fand heraus, daß oftmals hohe Phosphorgehalte der Dünger in der Erde die Spurennährstoffe, wie Zink und Eisen, festlegten und für die Pflanze unerreichbar machten. Seine Forschung brachte zudem zu Tage, daß die Pflanzen nur unzureichend mit Magnesium und insbesondere Calcium versorgt wurden. Er hatte sich daran gehalten, die Pflanzen im Versuch mit möglichst Nährstofffreiem und daher Kalkfreiem Wasser zu bewässern. Da jedoch keiner der Dünger Calcium enthielt und nur selten ausreichend Magneisum in den Produkten enthalten war, waren die Pflanzen hier völlig unterversorgt. Aufgrund der Bindung von Spurennährstoffen durch zuviel Phosphor in den Düngern war auch die Versorgung der Pflanzen mit Eisen und Zink eher mangelhaft, als optimal. In der Taspo wurde der Artikel im Januar 2005 publiziert und sorgte für Aufsehen. Sofort änderten einige Hersteller die Rezeptur der Dünger. Auch sahen nun einige Autoren nun endlich aufgrund dieser Ergebnisse von ihrer starren Haltung zu einer kalkfreien Kultur ab und gaben einer vorsichtig, verhaltenen Empfehlung zur Pflege mit Leitungswasser nach. Falls jemand, aufgrund Interesse, den vollständigen Abstrakt der Forschung der zu dem Taspo Artikel führe lesen möchte, kann er mich anschreiben, bitte mit Name, Adresse und gültiger e-Mail Adresse. Nur dann bin ich befugt, die Unterlagen zuzustellen, was per e-Mail als PDF Dokument geschieht.
Halten wir daher abschließend fest:
Seit Jahren plädieren einige Sammler, Passionisten und Halter von Citrus-Pflanzen für eine Abkehr von der kalkarmen oder kalkfreien Kultur der Pflanze. Diesem Bestreben ist nun erstmals von deutscher Seite fachlicher Unterstützung zu Teil geworden. Auch dem häufigen Empfehlen zu Spezialdüngern, und den seitens einiger Citrus Halter hervorgebrachten Warnung zu deren Inhalten ist nun Klarheit geschaffen.Auch der häufigen Empfehlung zu Eisendünger Präparaten ist daher eine Absage zu erteilen. Denn häufig sind die gelben Blätter Ursache anderer Spuren- und Makronährstoffmängel, als das man diese mit dem Eisendünger beheben könnte.Um nun abschließend einen Tipp geben zu können, sollte das Grundverhältnis des Düngers zwischen 1:0,5:1 und optimalen 1:0,3:0,8 liegen der Hauptnährstoffe liegen. Auch sollte man auf eine kalkfreie Kultur verzichten und immer mal wieder mit Leitungswasser die Pflanzen bewässern, damit diese genügend Calcium und Magnesium verabreicht bekommen. Ist das Leitungswasser hingegen zu weich, was in der Praxis bei Werten in Gesamthärte von unter 10° dH der Fall ist, ist die Empfehlung, ab und an die Pflanze mit gutem Magnesium-angereichertem Gartenkalk zu versorgen.So gilt es, einen Dünger zu erstehen, der obigen Nährstoffangaben sehr nahe kommt, Spurennährstoffe enthält und die Versorgung der Pflanze mit Calcium als essentielles Element zu sichern. Ob dies ein Dünger für Grünpflanzen, ein Dünger für Palmen oder ein Universaldünger ist, ist nach den Forschungen aus Geisenheim egal. Ab und an Messen der Boden pH-Wertes und bei Werten von unter 6 ein Aufkalken mit Gartenkalk auf ca. 7 ist ratsam, oder ein Umtopfen in eine frische, aufgekalkte Erde.
Und was man sonst noch tun kann:
Oft sind die Pflanzen auf recht „kalktoleranten“ Veredelungsunterlagen vermehrt. Eine Kultur mit hohen Boden pH-Werten durch eine Kultur mit sehr kalkreichem Leitungswasser, mit einer Gesamthärte über 18° dH, und einem wenig sauer wirkendem Dünger bleibt daher oft ohne Symptome.Hat man eine Pflanze, die dennoch auf hohe Boden-pH-Werte reagiert, kann man beruhig bis zu deutlichen Symptomen im Sommerhalbjahr warten und dann Umtopfen. Sofort korrigiert sich der Boden pH-Wert und die Nährstoffe sind wieder verfügbar, so daß Chlorosen verschwinden, ohne das teure Spezialprodukte benutzt werden müssen.