Nachfolgend wird eine geringfügig modifizierte Pressemitteilung des BUND Schleswig-Holstein dokumentiert.
Gestern endete die Frist für die Stellungnahme der Naturschutzverbände zur erneuten Auslegungen von Planunterlagen zur Elbvertiefung. Der BUND kritisiert die unsinnige und ökologisch problematische Vertiefung der Tideelbe. Die Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörden sind offensichtlich überfordert.
Nach eingehender Prüfung kommen die BUND Landesverbände Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu dem Schluss, dass trotz eineinhalbjähriger Bearbeitungszeit erneut grobe Mängel und Unzulänglichkeiten in den Unterlagen festzustellen sind. Unverständlich ist für die Verbände, dass die Planfeststellungsbehörden nicht dafür gesorgt haben, dass die bereits vom BUND und anderen Verbänden vorgetragenen massiven Kritikpunkte aufgearbeitet und wesentliche Anträge zum Verfahren weder beschieden noch zum Gegenstand der Neuauslegung gemacht wurden.
Als unzureichend bezeichnet die Vorsitzende des BUND Schleswig-Holstein, Sybille Macht-Baumgarten, den Umgang mit der Bedarfsbegründung und der Kosten-Nutzen-Untersuchung für die erneute Elbvertiefung: „Die verwendete Datenlage ist zum Teil fast 10 Jahre alt, aktuelle tiefgangsrelevante Erkenntnisse im realen Containerschiffsverkehr wurden offenbar schlicht ignoriert“, so Macht-Baumgarten.
Der BUND bemängelt, dass auch die negativen Auswirkungen auf den Sauerstoffhaushalt der Elbe weiterhin negiert und kumulative Wirkungen des Projekts beispielsweise der Einfluss der aktuellen Kraftwerksplanungen an der Tideelbe verharmlost werden. Die Elbvertiefung und bis zu sieben Kraftwerke mit enormer Kühlwasserentnahme vertragen sich aber nicht mit den Vorgaben des Naturschutz- und des Wasserrechts wie der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Erneut wurde in den Antragsunterlagen systematisch versucht, die gewaltige Baggerung von 38,5 Millionen Kubikmetern Sediment und die Beeinträchtigungen etlicher EU-Schutzgebiete als unerheblichen Eingriff darzustellen, um eine nach EU-Recht zwingend vorgeschriebene Alternativprüfung zu umgehen.
Eindeutig ist, dass die geplante Elbvertiefung den Tidenhub des Flusses zwischen Cuxhaven und Hamburg erneut negativ beeinflussen wird. Um die bereits jetzt problematische Situation zu verbessern, hatte die Hamburg Port Authority (HPA) erst vor einigen Monaten im Rahmen ihres Tidemanagement-Konzepts auch ökologisch wertvolle Rückdeichungsmaßnahmen auf Hamburger Gebiet vorgeschlagen, um genau diesen Trend zu stoppen und umzudrehen. Die geplante Elbvertiefung würde diesen sinnvollen Ansatz vollständig zunichte machen.
In den Planunterlagen problematisch sind zudem die Aussagen zu den notwendigen Kompensationsmaßnahmen: Es wird zwar ein flächenbezogener Kompensationsbedarf von immerhin 600 Hektar festgestellt, aber nicht aufgezeigt, mit welchen konkreten Maßnahmen der Eingriff in die Elbe ausgeglichen werden soll. „Damit erfüllen die Planunterlagen und hier insbesondere der Landschaftspflegerische Begleitplan nicht einmal die Mindestanforderungen des Fachplanungsrechtes“, so Heiner Baumgarten, Landesvorsitzender des BUND Niedersachsen.
Aus Sicht des BUND zeigt sich einmal mehr, dass die mittlerweile auf bis zu 400 Millionen Euro geschätzte Elbvertiefung um jeden Preis durchgedrückt werden soll und die Entscheidung letztlich den Gerichten überlassen wird.
„Es ist bezeichnend, dass auch ein schwarz-grüner Senat in Hamburg zu keinen Kompromissen bereit zu sein scheint und die Chancen einer Hafenkooperation ausschlägt. Aufgrund der mangelhaften Unterlagen wird das Verfahren in einen jahrelangen Rechtsstreit münden. Für dieses peinliche Beispiel bundesdeutscher Verkehrswegeplanung trägt Bundesverkehrsminister Tiefensee die Gesamtverantwortung“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.