Nachfolgend wird eine geringfügig veränderte und gekürzte Pressemitteilung des BUND dokumentiert.
Breiter Protest gegen längere AKW-Laufzeiten und neue Kohlekraftwerke
Berlin: Im zurückliegenden Jahr registrierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein Anwachsen des Bürgerengagements für eine neue Energie- und Klimapolitik. Sieben Kohlekraftwerke seien nach Protesten von Bürgerinitiativen und mit Unterstützung des BUND aus den Planungen gestrichen worden. Zunehmend unter Druck geraten seien auch jene Energieunternehmen, die längere Laufzeiten für ihre Atomkraftwerke gefordert hätten. Rund 6.000 Stromkunden seien monatlich zu Ökostromanbietern gewechselt. Im Herbst habe ein breiter Protest gegen den Castortransport nach Gorleben erneut auf die ungeklärte Entsorgung des Atommülls aufmerksam gemacht. Positiv bewertet der BUND auch die Impulse für den Naturschutz. Seit Jahren hätten bedrohte Tier- und Pflanzenarten nicht mehr so stark im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gestanden wie bei der Weltnaturschutzkonferenz Anfang 2008 in Bonn. Im November demonstrierten schließlich Tausende Elb-Anwohner für den Erhalt der letzten frei fließenden Flussabschnitte in Deutschland und dokumentierten so ihr gestiegenes Interesse am Naturschutz.
Mehr Schatten als Licht gibt es nach Einschätzung des BUND hingegen auf politischer Ebene. Zwar habe Deutschland sein ambitioniertes Klimaschutzziel von minus 40 Prozent CO2 im Vergleich zu 1990 bestätigt. Zugleich habe die Bundesregierung jedoch dafür gesorgt, dass der Autoindustrie nur halbherzige Vorgaben zur Senkung des Spritverbrauchs bei Neuwagen gemacht wurden. Auf EU-Ebene habe die Bundesregierung daran mitgewirkt, das Instrument des CO2-Zertifikatehandels zu schwächen. Mit den nun vorgesehenen Ausnahmen für die Industrie und mit Subventionen für neue Kohlekraftwerke würden die europäischen Klimaziele leider verfehlt. Beim Weltklimagipfel in Poznan konnten ebenfalls keine substantiellen Fortschritte auf dem Weg zu einem neuen globalen Klimaschutzabkommen erreicht werden.
„Ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl ist der frühere ökologische Glanz der schwarz-roten Regierung verblasst“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Auf der Prioritätenliste des Bundesverkehrsministers stehen viel zu viele fragwürdige Projekte, die Autoindustrie kriegt jedes Schlupfloch, das sie haben will und immer noch gibt es keine CO2-bezogene Kfz-Steuer. Die Stromkonzerne wollen mehr Kohle aus der Erde baggern, immer noch 25 neue Kohlekraftwerke bauen und ihre hochgefährlichen Atomreaktoren in die nächste Legislaturperiode hinüberretten. Die Großempfänger von Agrarsubventionen bleiben Großempfänger, das Ohne-Gentechnik-Siegel wird von den Lebensmittelherstellern boykottiert und das Umweltgesetzbuch ist gescheitert. Eine vorwärtsweisende Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik sieht anders aus“, sagte Weiger.
Der BUND mit seinen über 2.000 Aktivengruppen habe auch im zurückliegenden Jahr wichtige Zeichen setzen können. Mit der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ sei eine Debatte über die Notwendigkeit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise angestoßen worden. Neben dem Vorantreiben des Atomausstiegs und des Klima- und Naturschutzes will der BUND bei den Europa-, Landes- und Bundestagswahlen im nächsten Jahr vor allem Verkehrs- und Agrarthemen in den Focus der Auseinandersetzung stellen. Fehlplanungen wie der Saale-Elbe-Kanal oder der Stuttgarter Hauptbahnhof, die eine verheerende Kosten-Nutzen-Rechnung aufwiesen, müssten aufgegeben werden. Auf EU-Ebene stehe das Engagement für ein gentechnikfreies Europa im Mittelpunkt. Dringend erforderlich sei auch eine Agrarreform, in deren Ergebnis umweltfreundlich wirtschaftende Betriebe stärker gefördert werden.