USA: 28. März 1979 – Kernschmelze im AKW Three Mile Island

Nachfolgend wird eine geringfügig veränderter und gekürzter Artikel von contrAtom dokumentiert.

Im Block 2 des amerikanischen Atomkraftwerks Three Mile Island, in der Nähe von Harrisburg, Pennsylvania, geschah in den frühen Morgenstunden des 28. März 1979 das, was die gesamte Atomzunft bislang für ausgeschlossen hielt: Aufgrund zahlreicher Pannen und Defekte in den Sicherheitssystemen der Anlagen versagte die Kühlung des Reaktors, die hochradioaktiven Brennelemente wurden freigelegt und schmolzen. Tagelang drohte der Reaktor zu explodieren.
Im Jahre 1979 lief in den amerikanischen Kinos ein Film an, der sich kritisch und warnend mit der Atomenergie auseinander setzte: In „Das China-Syndrom“ spielte Jane Fonda eine Reporterin, die einen Beitrag über Kernenergie in einen Kraftwerk nahe Los Angeles drehen will und bei der Besichtigung mit ihrem Kamerateam Zeugin eines Störfalls wird, der von den Betreibern vertuscht werden will. Während des fiktiven Störfalls steigt die Gefahr einer Kernschmelze und ein von der Reporterin interviewter Experte erklärt, dass im Falle des Austritts von Radioaktivität ein Gebiet von der Größe Pennsylvanias verseucht wäre und evakuiert werden müsse. Noch im selben Jahr, in dem der Film in die Kinos kam, geschah in den Vereinigten Staaten von Amerika – Garant für moderne Technik – der bis dahin schwerste Störfälle in einem kommerziell genutzten Atomreaktor in den USA. Der von Atombefürwortern für unwahrscheinlich und hypothetisch erklärte schwere Unfall war Realität geworden.

In der Mitternachtsschicht des 27. auf den 28. März 1979 waren zwei Arbeiter an einem der acht Kondensatreiniger des Atomkraftwerk Three Mile Island-2, welches sich nahe der 50.000 Einwohner-Stadt Harrisburg im Westen der USA befindet, beschäftigt. Zwei Reaktoren mit einer Leistung von 900 bzw. 800 Megawatt Bruttoleistung stehen auf der der gleichnamigen Insel im Susquehanna River im Bundesstaat Pennsylvania, umrahmt von vier weithin sichtbaren Kühltürmen.

Block 1 des Kraftwerkes war seit 1974 in Betrieb, Block zwei wurde 1978 in Betrieb genommen – unter großem Zeitdruck, der kommerzielle Betrieb begann am 30. Dezember 1978. Bei einem Betriebsbeginn 1979 wäre den Besitzern eine Steuerersparnis von 40 Millionen Dollar durch die Lappen gegangen. Betreiber der Reaktoren war die Metropolitan Edison Company (MetEd), eine Tochterfirma des Kraftwerkseigners General Public Utilities.

Am 27. März 2979 lief Block 2 mit 97% Leistung im Normalbetrieb und unter vollautomatischer Kontrolle der Sicherheitssysteme.

Es waren riesige Tanks mit Reinigungsharzen, die das Speisewasser für den Kern des Druckwasserreaktors Three Mile Island 2 von Verschmutzungen freihalten sollen: die Ionenaustausch-Tank sollten mithilfe von Granulatperlen Kontaminationen im Speisewasser herausfiltern. Immer wieder setzten sich in den Kondensatreinigern Klumpen von Dreck ab, verstopften die Ausflüsse und mussten regelmäßig aus dem System genommen werden. Diese Granulatperlen sollten an diesem Tag ausgetauscht werden.

Mit Pressluftschüben wurden die Klumpen aus Perlen gelockert, bis die Anlage wieder arbeitete. Pressluft ist im Kraftwerk überall von Nöten und schafft oft Abhilfe bei technischen Störungen. Mehrere Querverbindungen im Pressluftsystem des Atomkraftwerkes Three Mile Island waren im Laufe der Zeit entstanden, aber nie dokumentiert worden. Es gab sogar Verbindungsleitungen zwischen der technischen Luftversorgung und dem hydropneumatischen Steuerungssystem mehrerer Sicherheitsventile: Das Instrument Air System, das zur Steuerung pneumatischer Einrichtungen des Kraftwerks verwendet wurde, war mittels eines Gummischlauchs mit einer Wasserleitung verbunden worden. Ob dieses Anschließen des Schlauchs aufgrund eines Versehens oder zu dem Zweck geschah, das Wasserversorgungssystem unter Druck zu setzen, konnte nie geklärt werden. Sowohl Druckluft- als auch Wasserversorgungssystem verfügten über die gleichen Chicago Pneumatic Fittings – was einen Konstruktionsfehler darstellte – die zudem noch schlecht markiert gewesen sein sollen. Außerdem soll es vor Ort dunkel gewesen sein, was die Arbeiten erschwerte.

Die Arbeiter beseitigten mithilfe von Pressluft, Wasser und Wasserdampf das Verstopfungsproblem. Dabei übersahen sie, dass eine kleine Undichtigkeit im Pressluftventil entstanden war. Als der Kondensator wieder ans Netz ging und der Druck stieg, drückte beständig Wasser in die Pressluftleitung.

Am 27. März 1979 um 3.57 Uhr erreichte das Wasser mehrere Sicherheitsventile: Fast alle Ventile im Speisewassersystem sperrten gleichzeitig. Die zwei Hauptspeisepumpen im sekundären Kühlkreislauf mit nichtradioaktivem Wasser fielen um 4.36 Uhr aus. Durch die Wucht des Wasserschlages rissen die Pumpen teilweise aus ihren Halterungen.

Diese Pumpen des sekundären, äußeren Kühlkreislaufes haben in einem Druckwasserreaktor dafür zu sorgen, dass Kühlwasser in die Dampferzeuger gepumpt wird, wo es von dem durch die nukleare Kettenreaktion im Reaktor aufgeheizten Wasser des primären, inneren Kühlkreislaufes erhitzt wird, verdampft und als Dampf dann die Turbine antreibt. Der Ausfall der Pumpen unterbrach also die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor, die Abnahme der Hitze der zwei Dampferzeuger war nicht mehr gewährleistet.

Als Folge schaltete sich zuerst der Turbosatz, also die Turbine und der Generator zur Stromerzeugung, und sodann der Reaktor selbst durch einen sogenannten SCRAM oder Notabschaltung ab. Dabei fallen die Regelstäbe in den Kern und beendeten die nukleare Kettenreaktion. Diese Vorgänge liefen automatisch und planmäßig durch das Sicherheitssystem gesteuert ab. Nach einer Abschaltung des Reaktors entsteht eine beträchtliche Menge Wärme, die Nachzerfallswärme, die im betroffenen unmittelbar nach dem Abschalten noch ca. 6 % (ca. 155 MW) betrug. Eine Stunde nach der Notabschaltung betrug die Nachwärme im Reaktor noch 1,2 % (ca. 31 MW) der thermischen Reaktornennleistung.

Während die Temperatur im Reaktor nun also schnell anstieg, erhöhte sich auch der Wasserdruck, der im Regelbetrieb bei 151 bar liegt. Ein spezieller Tank, der sog. Druckhalter, der innerhalb des Sicherheitsbereichs (Containment) zur Regelung von Druck und Wasserstand im primären Kreislauf dient, öffnete bei einem Druck von 158 bar nun ein Ventil, das Dampf an einen Speichertank abgeben und damit einen Leitungsbruch verhindern sollte. und danach wieder schließen sollte. Das Ventil öffnete und der Druck im Primärkreislauf sank ordnungsgemäß ab. Dieses Ventil, das als PORV (Pilot operated relief valve) oder Vollhub-Sicherheitsabblasventil (SBV) bezeichnet wird, hätte sich wieder schließen sollen, sobald der Druck auf 155 bar oder darunter gefallen war. Das hätte 13 Sekunden nach Beginn des Unfalls geschehen müssen, was jedoch nicht der Fall war und über einen Zeitraum von mehr als zwei Stunden unbemerkt blieb. Dem hingegen wurde im Kontrollraum gemeldet: „Ventil geschlossen.“ Pro Minute entwich jetzt eine Tonne Kühlmittel zunächst in den Abblasetank des Druckhalters. Nachdem dieser kein weiteres Kühlmittel mehr fassen konnte, brach schließlich seine Berstscheibe und Reaktorkühlmittel konnte ins Containment, den Sicherheitsbehälter des Reaktors, austreten. Damit stellte das Ventil praktisch ein Leck im Primärkühlkreislauf dar, durch das immer mehr Kühlwasser aus dem Reaktor ausfloss. Wegen der fehlenden Anzeige wurde diese gefährliche Situation im Kontrollraum nicht erkannt.

Die Situation spitzte sich zu: Bei fallender Temperatur und fallendem Druck droht das Kühlmittel an den heißen Brennelementen aufzukochen. Dampf kühlt jedoch wesentlich schlechter als Wasser und fehlende Kühlung überhitzt die Brennelemente, die dann zu platzen drohen. Freigabe von großen Mengen Radioaktivität in den Kühlkreislauf wäre die Folge.

Wegen des geringen Drucks begann das Wasser im Primärkreislauf zu kochen und die ersten großen Dampfblasen schossen durch die Kühlleitungen. Wasser wurde in den sonst mit Dampf gefüllten Druckhalter gepresst. Der Füllstandsanzeiger, von dem der Bediener ablesen kann, wie viel Wasser zum Kühlen vorhanden ist, zeigte an, dass das ganze System mit Wasser gefüllt sei. Da der Füllstandsgeber seine Werte jedoch einzig aus dem Druckhalter bezog, der im Normalbetrieb mit 22 m³ Wasser und darüber 19 m³ Dampf gefüllt ist, jetzt aber fast vollständig mit Wasser gefüllt war, vermuteten die Reaktorfahrer fälschlicherweise, dass das Kühlmittelsystem überfüllt worden war. Eine weitere Kontrollmöglichkeit des Wasserfüllstandes im Reaktor war nicht vorhanden. Durch die im Normalbetrieb vorhandene Dampfblase im Druckhalter – die einzige im Primärkreislauf zugelassene – ist es möglich, den Druck im Primärkreislauf konstant zu halten, um so zu verhindern, dass Druckstöße zu einem Bersten der Rohrleitungen führen könnten.

Während der Ausbildung wurde den Reaktorfahrern beigebracht, unter allen Umständen zu verhindern, dass sich der Druckhalter vollständig mit Wasser füllt. Genau das zeigten aber jetzt die Instrumente fälschlicherweise an. Bereits leichte Vibrationen im Kühlsystem könnten in dieser Situation das gesamte System zum Bersten bringen. Die Operateure entschieden daher, Wasser abzulassen. Damit gab es zwei Lecks für das Wasser, das defekte Druckhalterventil und die eingeschalteten Ablasspumpen. Der Druck im Reaktor fiel jetzt noch schneller.

Abgesperrte Ventile in Notkühlsystem

Um bei einem Ausfall der Hauptkühlmittelpumpen und einer Schnellabschaltung die Nachzerfallswärme abzubauen, existiert das Notspeisewassersystem, das unverzüglich und automatisch seinen Betrieb aufnehmen soll, um eine Überhitzung der Brennelemente zu verhindern.

Dieses Notfall-Speisewassersystem war 42 Stunden vor dem Unfall getestet worden. Als Teil des Tests wurden zwei Blockventile geschlossen und sollten am Ende des Tests wieder geöffnet werden. Doch waren diese Ventile entweder durch einen Verfahrensfehler oder menschliches Versagen nicht wieder geöffnet worden, wodurch das Notspeisesystem nicht funktionieren konnte und kein Wasser die Dampferzeuger erreichte. Zwar zeigte eine Lampe im Kontrollraum an, dass die Ventile geschlossen waren. Doch wurde diese Kontrollleuchten von einem Zettel an einem benachbarten Schalter, der auf andere Störungen hinwies, verdeckt. Nach acht Minuten wurden die geschlossenen Ventile bemerkt und geöffnet. Kaltes Kühlmittel ergoss sich auf die überhitzten Pumpen und Leitungen. Ein Wärmetauscher zwischen den Kühlkreisläufen platzte, radioaktives Wasser verseuchte den Turbinenkreislauf.

Nach fast 80 Minuten langsamen Temperaturanstiegs begannen die Pumpen des Primärkreislaufs zu kavitieren, da nicht mehr Wasser, sondern Dampf angesaugt wurde. In der Folge kam es zu starken Vibrationen.

Im Reaktor begann nun unter hohen Temperaturen die Kernschmelze. Bei hohen Temperaturen setzt eine Zirconium-Wasser-Reaktion ein. Die Hülle der Brennstäbe wird dabei oxidiert und Wasserstoff freigesetzt. Diese Reaktion zerstörte die Hüllrohre der Brennstäbe von außen nach innen. Der freigesetzte Wasserstoff sammelte sich zunächst im Reaktordeckel und gelangte später über das Leck im Druckhalter und die gebrochene Berstscheibe zusammen mit dem Kühlmittel ins Reaktorgebäude. Durch den dort vorhandenen Luftsauerstoff konnte sich im Containment hochexplosives Knallgas bilden.

Das ausgeströmte, stark radioaktive Kühlmittel sammelte sich an der tiefsten Stelle des Sicherheitsbehälters, dem so genannten Sumpf. Von dort wurde es durch einen Schaltfehler in einen Sammeltank im Hilfsanlagengebäude außerhalb des Containments gepumpt. Der Tank lief schließlich über und die Pumpe leckte, das Wasser gaste aus und ein Teil dieser Gase gelangte durch ungenügende Filter in die Umgebung und floss ungehindert in den angrenzenden Susquehanna-Fluss. Insgesamt wurden ca. 1,5 Mio. Liter Wasser und eine nicht bezifferbare Menge Gas abgelassen.

Die Drucker des Meldecomputers waren angesichts der gigantischen Menge an Störungsmeldungen um Stunden hinter der Zeit zurück. Mit einem von Hand verdrahteten Multimeter erfuhr man lediglich, dass die Reaktortemperatur 1000°C statt der üblichen 350°C erreicht hatte. Die Operateure verwarfen diese Messungen als Falschwerte.

Der Operator griff manuell ein und verschlimmerte die Situation damit drastisch: Er schaltete zwischen 5.13 und 5.41 Uhr die Pumpen des Notkühlsystems aus. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Techniker noch immer davon aus, dass in dem System eine natürliche Wasserzirkulation herrschte. Man glaubte, dass die natürliche Zirkulation den Wasserfluss aufrechterhalte. Doch der Dampf im System der Rohrleitungen blockierte den primären Kühlkreislauf, das nicht mehr zirkulierende Wasser verwandelte sich in zunehmendem Maße in Dampf. Nach rund 130 Minuten seit der ersten Fehlfunktion war der obere Teil des Reaktors nicht mehr von Kühlflüssigkeit umgeben.

Ein Arbeiter, verpackt in schwere Strahlenschutzkleidung, zog noch eine letzte Wasserprobe aus dem Kühlkreislauf: schwarz, sprudelnd, schaumig.

Um 6 Uhr war Schichtwechsel im Kontrollraum. Die neu Angekommenen bemerkten, dass die Temperatur im Reaktorsystem zu hoch war und nutzten ein Reserveventil, um den Verlust von Kühlwasser zu beenden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren schon 150 m³ Kühlwasser aus dem primären Kühlkreislauf entwichen. Es waren 165 Minuten seit dem Beginn des Störfalls vergangen, als radioaktiv kontaminiertes Wasser die Sensoren erreichte. Zu diesem Zeitpunkt war die Radioaktivität im primären Kühlkreislauf 300-mal höher als erwartet: Die Kernschmelze war in vollem Gang.

Gegen 6:18 Uhr liegt das gesamte Kühlsystem des Reaktors still. In der Folge heizt sich der Kern fortwährend auf und beginnt mit seiner Schmelze. Ein Techniker entdeckt endlich das offene Ventil am Druckbehälter des Primärkreislaufs und schließt daraufhin ein dem Sicherheitsventil nachgeschaltetes Notventil. Wäre das Ventil eine weitere Stunde geöffnet geblieben, wäre die Brennelemente wahrscheinlich vollständig geschmolzen und der Reaktor gänzlich außer Kontrolle geraten. Ungefähr dreieinhalb Stunden nach Beginn des Störfalls begannen die herbeigeeilten Fachleute die Tragweite zu erkennen: Es wurde neues Wasser in den Primärkreis gepumpt.

Wegen weit überhöhter Gammastrahlung wird im Kraftwerk der Notstand („site emergency“) ausgerufen. Um 7.20 Uhr wurden innerhalb des Containments extreme Strahlungswerte von 800 Rem gemessen – unmittelbar tödlich für jedermann. Hilfskräfte wurden deshalb mit Meßgeräten in die Umgebung und in die Städte Goldsboro, Middletown und Harrisburg geschickt. Noch waren die Werte um 0,1 Millirem normal, noch hielt die Gebäudeabschirmung scheinbar stand.

7.24 Uhr: Der leitende Ingenieur löst die höchste Alarmstufe aus, der Gouverneur des Bundesstaates Pennsylvania wird informiert.

8:00 Uhr: Ein Radioreporter erfährt beim Abhören des Polizeifunks von einem Notfall auf Three Mile Island. „Radio Harrisburg“ sendet darauf diese Nachricht um 8:25 Uhr in den Äther. Die Reaktorkontrollkommission unterrichtet unterdessen Präsident Carter über die aktuelle Situation.

8.38 Uhr: Der Reaktor liegt zum 2. Mal teilweise frei.

9:30 Uhr: Der Betreiber „Metropolitan Edison“ gibt eine Stellungnahme ab: „Bei dem Störfall sei keine Radioaktivität freigesetzt worden, dies sei auch nicht zu erwarten.“ Der im Kraftwerk ausgelöste Strahlenalarm wird in der Mitteilung jedoch nicht erwähnt.

Bei der Reaktion freigesetzter Wasserstoff sammelte sich zunächst im Reaktordeckel und gelangte dann über offene und durch Schäden entstandene Verbindungen in den Sicherheitsbehälter des Reaktors, der eine technische Barriere gegen das Austreten radioaktiver Stoffe darstellen soll. Wasserstoff vermischte sich mit dem vorhandenen Sauerstoff zu einem hochexplosiven Gemisch, auch Knallgas genannt.

13.00 Uhr: Der Reaktorkern liegt zu dritten Mal teilweise frei.

Wasserstoffexplosion im Reaktor

Zehn Stunden nach Beginn der Katastrophe wurde das gesamte AKW-Gebäude durch eine heftige Explosion erschüttert. Sie war vergleichbar mit der Stärke einer 500-Kilo-Bombe. Ausgelöst wurde sie durch eine Wasserstoff-Sauerstoff Reaktion innerhalb des Containments. Immerhin hielten die Betonstrukturen dieser Explosion stand, der Innendruck erhöhte sich kurzzeitig in die Nähe des Auslegungsdrucks. Verniedlichend sprach man später nur noch von einem „Bump“, einem Bums. Das Phänomen war neu und gehörte nicht zu den Sicherheitsszenarien der AKW-Betreiber. Hilflos stand man dem Fakt nun gegenüber.

20.00 Uhr: Nach Rekonstruktion der Nuklearen Aufsichtsbehörde (NRC) war „für 16 Stunden die Einheit 2 des TMI-Kraftwerkes völlig außer Kontrolle“- also bis zu diesem Zeitpunkt.

In der Nacht von 28. zum 29 März 1979 wird der Reaktorkern mit Wasser aus Hochdruckpumpen gekühlt, doch die Dampfblasen im Kühlkreislauf verhindern den Fluss des Kühlwassers und damit eine deutliche Temperatursenkung. Diese wurden von den Technikern inzwischen entdeckt, nur dass sie teilweise aus hochexplosivem Wasserstoff bestehen, das wissen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

4:35 Uhr: Es wird erstmals versucht, den Dampf in einen Tank im Versorgungsgebäude zu leiten. Doch die Leitungen sind undicht und weitere Radioaktivität entweicht in die Atmosphäre.

10:00 Uhr: Der Betreiber „Metropolitan Edison“ gibt in Hershey bei Harrisburg die erste Pressekonferenz. 120 anwesenden Reportern versichert Präsident Walter Kreitz, dass der Ausstoß von Radioaktivität im normalen Bereich läge. Der Vorsitzende der Reaktorkontrollkommission, Joseph Hendrie, erklärt zu dieser Zeit gegenüber Kongressabgeordneten, dass der Unfall überstanden sei.

16:15 Uhr: Techniker nehmen eine Wasserprobe und machen eine alarmierende Entdeckung: Im Kühlwasser zirkulieren bereits ca. Zehn Prozent der gesamten Radioaktivität des Kerns. Jetzt bemerken die Techniker auch, dass die Blasen im Kühlkreislauf aus Wasserstoff bestehen und wissen nun, weshalb das vermeintliche Wasser nicht kondensieren konnte – es war keines mehr da.

Freitag, 30. März 1979

7:00 Uhr: Techniker wollen das Gas aus dem Primärkreislauf zu Tanks einer Dekontaminierungsanlage im Versorgungsgebäude leiten, doch der Tank einer Dekontaminationsanlage droht unter dem Druck der radioaktiven Dampfmischung zu explodieren. Um das zu verhindern, öffnen die Techniker ein Ventil und lassen Gas in die Atmosphäre entweichen. Ein Hubschrauber misst darauf eine Dosis von 1.200 Millirem.

8:34 Uhr: Das Kraftwerk informiert das Katastrophenzentrum von Pennsylvania darüber, dass eine Evakuierung des Reaktorumfeldes notwendig werden könnte.

10:00 Uhr: Eigenmächtig gibt ein städtischer Angestellter in Harrisburg, der die bedrohliche Entwicklung verfolgt hatte, einen sechsminütigen Sirenenalarm und löst damit eine Panik aus.

10:25 Uhr: Richard Thornburgh, Gouverneur von Pennsylvania, empfiehlt, dass Anwohner innerhalb eines Radius von 16 Kilometern um den Reaktor das Haus nicht verlassen, Fenster geschlossen halten und Klimaanlagen abschalten sollen. Eine Notwendigkeit für eine Evakuierung sah er bislang nicht. Der Katastrophenstab stand unter massivem Druck: Evakuierung ja oder nein? Wenn ja, wann? In welchem Umkreis? Nur in Windrichtung? Eventuell nur schwangere Frauen und Kleinkinder? Erst fünf Meilen um das AKW, dann 10 Meilen. Was tun mit den Krankenhäusern? Plötzlich stand die Evakuierung von 650.000 Menschen, dreizehn Krankenhäusern und einem Gefängnis bevor. Dann doch nur fünf Meilen, da gab es keine Krankenhäuser. Schließlich einigte man sich auf eine 5-Meilen-Empfehlung für schwangere Frauen und Kinder. Innerhalb von zehn Meilen solle man Fenster und Türen geschlossen halten und Jodtabletten einnehmen. Aber Jodtabletten waren nirgends zu bekommen. Erst nach sechs Tagen hatte man eine Pharmafirma gefunden und konnte die Jodtabletten austeilen. Die letzten Ortschaften erhielten die Jodtabletten weitere fünf Tage später.

11.00 Uhr: Das Kraftwerk meldet der Nuklearen Sicherheitsbehörde die Freisetzung von Radioaktivität

12:30 Uhr: Der Gouverneur bereitet jetzt doch eine Evakuierung vor und verfügt, dass Vorschulkinder und schwangere Frauen aus einem Radius von 8 Kilometern um den Reaktor zu evakuieren sind. Etwa 75.000 weitere Menschen fliehen indes aus Harrisburg und Umgebung.

20.00 Uhr: Der Beauftragte von Präsident Carter erläutert dem Gouverneur von Pennsylvania in einer Unterredung drei Szenarien über den weiteren Verlauf des Unfalls:
1. Die Anteile von Sauerstoff und Wasserstoff in der Gasblase können sich so verschieben, dass das Gemisch entflammbar ist und explodieren könnte. Die Wasserstoffblase in Reaktor ist inzwischen auf 30 Kubikmeter angewachsen. Ihre Explosionskraft entspricht der von 3 Tonnen TNT. Diese Energie würde den Reaktor sprengen und die Kuppel des Reaktorgebäudes zerstören. Radioaktivität könnte ungehindert in die Umgebung austreten.
2. Die Gasblase dehnt sich weiter aus und würde den Zufluss von Kühlwasser blockieren. Der ungekühlte Kern würde durch den Reaktorboden durchschmelzen und bei Kontakt mit Wasser mit einer Knallgasexplosion reagieren (das sog. „China Syndrome“).
3. Die Gasblase bildet sich zurück: „Im günstigsten Fall haben wir für die nächsten Wochen und Monate einen mit Radioaktivität prall gefüllten Reaktor“ (Beauftragter Denton)

Samstag, 31. März 1979

11.00 Uhr: Die Betreibergesellschaft erklärt bei eine Pressekonferenz, die Gasblasen seien über nacht um zwei Drittel geschrumpft., die Krise wäre vorbei.

Um 12:00 Uhr meldet die Reaktorkontrollkommission: Die Wasserstoffblasen wachsen weiter an. Das Gemisch drohe zu einem hochexplosiven Gemisch zu wachsen, steige der Sauerstoffanteil in den Blasen weiter an. Diese Mitteilung veranlasst wieder tausende Menschen, aus der Region zu flüchten.

20:27 Uhr: Die Agentur AP meldet: „Dringende Nachricht: die Gasblasen könnten jede Minute explodieren.“ Innerhalb der Reaktorkontrollkommission streitet man indes über die Wahrscheinlichkeit und den Zeitpunkt einer Explosion im Reaktor.

Im Landkreis Goldsboro hatten schon drei Tage nach dem Unfall 90 Prozent aller Einwohner fluchtartig die Gegend verlassen.

Sonntag, 1. April 1979

14.00 Uhr: US-Präsident Jimmy Carter verkündet nach einem Besuch in Three Mile Island, dass sich der Reaktor stabilisiert habe.
Am Nachmittag gelingt es den Technikern tatsächlich, die Gasblase allmählich abzuleiten.

4. April 1979

Gouverneur Thornburgh erklärt eine Woche nach Beginn der Unfallserie im Fernsehen, dass die Gefahr einer Reaktorkatastrophe gebannt sei. Die meisten der Evakuierten und geflohenen Menschen kehrten an den folgenden Tagen in ihr Zuhause zurück.

Radioaktive Freisetzung

Während der nächsten Woche wurden sowohl Wasserstoff als auch Wasserdampf aus dem Reaktor entfernt. Das geschah zum einen durch Kondensatoren aber auch, was sehr umstritten war, durch einfaches Ablassen in die Atmosphäre. Es wird geschätzt, dass während des Zwischenfalls radioaktives Gas (in Form von Krypton 85) mit einer Aktivität von etwa 1,665*10^15 Bq entwich – dies entspräche einigen Tonnen Uran. Zusätzlich gelangten ca. 1,5 Millionen Liter radioaktiv verseuchtes Wasser in den Fluss Susquehanna.

Von offizieller Seite wurde die Höhe der aufgetretenen Radioaktivität als minimal angeben. Als Grundlage dafür dienten völlig unzureichende Meßmethoden (insgesamt 20 Thermolumineszenz-Dosimeter). Bei den ausgetretenen Isotopen handelte es sich hauptsächlich um radioaktives Krypton und Xenon mit kurzen Halbwertszeiten. Dies ist auch der Grund, warum diese gefährlichen Beta-Strahler heute nicht mehr nachgewiesen werden können. Umweltschützer gehen davon aus, daß mindestens 40mal mehr Radioaktivität entwichen ist, als von der Sonderkommission des Präsidenten angenommen wurde.

Die offiziell als gering eingestufte radioaktive Belastung steht in krassen Gegensatz zu den unmittelbar während des Unfalls gemachten Beobachtungen und auftretenen Gesundheitsproblemen: Metallischer Geschmack im Mund, Übelkeit, Gelenksschmerzen, Haarausfall, Durchfall. Auch an Bäumen wurde krankhafte Veränderungen festgestellt, wie sie für hohe Verstrahlung typisch sind. All diese Beobachtungen erfolgten auf Hügel in einer Entfernung bis zu 30 Kilometer vom AKW Three Mile Island. Hier gibt es einen offensichtlichen Widerspruch zwischen der offiziellen Dosis im Milli-Rem-Bereich und Erscheinungsbildern, für die Dutzende rems notwendig wären.

INES 5 – Ernster Unfall

Der Vorfall wurde in die Stufe 5 (Ernster Unfall) von sieben nach der internationalen INES-Skala zur Bewertung von Störfällen eingestuft.

Wie viel Radioaktivität genau durch den Unfall freigesetzt wurde, bei dem fast die Hälfte des Kerns von Reaktor II geschmolzen war, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Angeblich seien die Messdaten über die in den ersten beiden Tagen entwichene Strahlung verloren gegangen. Untersuchungen der Universität von Columbia ergaben 20 Jahre später: Bei Menschen, welche der radioaktiven Wolke ausgesetzt waren, ist eine deutlich erhöhte Rate an Leukämieerkrankungen, einem Blutkrebstypus, festzustellen. Weiterhin stellte die Universität eine erhöhte Säuglingssterblichkeit, Schilddrüsenfehlfunktionen bei Neugeborenen sowie eine über dem Landesdurchschnitt liegende Häufung von diversen Krebserkrankungen fest.

Steve Wing und Mitarbeiter gruppierten die Bevölkerung rund um TMI nach der Dosis, die sie den offiziellen Berechnungen zufolge erhalten hatten. Für jede dieser Gruppen wurden die Anzahl zu erwartenden Fällen an Lungenkrebs und Leukämie mit den tatsächlich beobachteten Fällen der Jahre 1984 und 1985 verglichen. Als Ergebnis zeigte sich, dass jene Gruppen mit der offiziellen höchsten Dosis sieben mal häufiger an Leukämie und viermal häufiger an Lungenkrebs erkrankten, als erwartet wurde. Ein weiterer Beweis, dass die radioaktive Kontamination stärker war. Auch die Behörden geben eine erhöhte Krebsrate zu, leugnen aber jeden Zusammenhang mit dem TMI-Unfall.

Ein US-Bundesgericht wies 1996 2.000 Schadensersatzklagen mit dem Argument zurück, es könne kein zwingender Zusammenhang zwischen dem Unfall und späteren Erkrankungen nachgewiesen werden. Das sieht Robert Reid, zur Zeit des Unfalls Bürgermeister der Anrainergemeinde Middletown anders: „Aus dem Reaktor kam wesentlich mehr Radioaktivität als das, was die Betreiber zugegeben haben. Es gibt leider keine zuverlässigen Statistiken, aber ich bin überzeugt, dass viele Krebserkrankungen und andere Schäden während der folgenden Jahren auf den Unfall zurückzuführen ist.“

Nach dem Unglück

Nach dem Unglück wurden in den USA mehrere Kommissionen zur Untersuchung des Unfallablaufs eingesetzt. Sie erarbeiteten auch Empfehlungen, die die gesamte Atompolitik der USA betrafen.

Eine kanadische Zeitung berichtet Mitte der Achtziger Jahre über eine eidesstattliche Aussage von Jane Rickover. Die Schwiegertochter des Admiral Hyman Rickover, dem ehemaligen, direkt unterstellten Admiral von Präsident Carter berichtete, dass unter anderem auch ihr Vater auf Wunsch Dritter nach dem Unfall seinen Einfluss auf den Präsidenten geltend machte, um so zu erreichen, dass die alarmierendsten Passagen aus dem Kommissionsbericht gestrichen wurden. Dieses geschah mit der Begründung: „… weil der Unfall auf Three Miles Island unendlich viel gefährlicher war, als jemals öffentlich zugegeben wurde.“

Die Reaktorkontrollkommission stellt im nachhinein fest: Wäre das Sicherheitsventil am Druckbehälter des Primärkreislaufes nur 30 bis 60 Minuten später geschlossen worden, wären die Brennelemente wahrscheinlich komplett geschmolzen und der Reaktor wäre außer Kontrolle geraten.

Ende Oktober 1979 schätzte die vom US-Präsidenten Carter eingesetzte Untersuchungskommission ein, dass der havarierte Reaktor bis spätestens 1984 saniert sein und wieder am Netz sein werde. Das war eine völlige Fehleinschätzung, denn erst im August 1984 gelang es, den Reaktor zu öffnen und mit der Bergung des hochaktiven Inhalts zu beginnen. Bis April 1990 wurden insgesamt 150 Tonnen radioaktiver Staub und Schrott aus dem Reaktordruckgefäß entfernt. Dabei stellte sich heraus, dass mehr als die Hälfte der Brennstäbe – insgesamt 20 Tonnen Uran – während des Unfalls geschmolzen waren und sich am Boden des Reaktor ansammelt hatten. Dort erreichte die Temperatur 1.400 °C – was nur 100 Grad unter der Schmelztemperatur der Stahlwände des Druckgefäßes liegt. Im Inneren des Reaktors lagen die Maximaltemperaturen bei 2.760 Grad. Nur weil sich im verbliebenen Kühlwasser des Reaktorbodens eine isolierende Keramikschicht gebildet hatte, war der flüssige Kern nicht durch das Druckgefäß geschmolzen und das „China-Syndrom“ war ausgeblieben. Die Kosten für die Aufräumungsarbeiten erreichten 1990 schon die Milliarden-Dollar-Grenze und überschritten bei weitem die Baukosten des Reaktors.

Der Grund des Unfalls wurde mit der schlechten Ausstattung des Kontrollraums sowie der unzureichenden Ausbildung der Mitarbeiter angegeben. In einer Untersuchung wurde festgestellt, dass der Unfall hätte vermieden werden können, wenn das Personal das offene PORV am Druckhalter bemerkt und geschlossen hätte; der Unfall in Three Mile Island wäre ein unbedeutendes Ereignis geblieben.

Kritisiert wurde auch, dass in den Genehmigungsverfahren Sicherheitsprobleme bisher weitgehend ausgeklammert waren. Als Abhilfe wurde vorgeschlagen, die Genehmigungsverfahren so zu ändern, dass die Entscheidung über die Baugenehmigung erst dann getroffen würde, nachdem aufgrund hinreichend detaillierter Unterlagen alle Sicherheitsaspekte in einer sinnvollen Öffentlichkeitsbeteiligung zur Diskussion gestellt werden könnten.

Auch die Forschung in Richtung auf die Weiterentwicklung von Risikostudien mit den Methoden der quantitativen Analyse der Versagenswahrscheinlichkeiten und mit Untersuchungen der Schadensmöglichkeiten wurde erheblich intensiviert.

Der Unfall im Atomkraftwerk Three Mile Island 2 in Deutschland

In der Bundesrepublik platzte die Nachricht von dem Unfall in das Gorleben-Hearing, das auf Vorschlag aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht vom 28. März bis 3. April 1979 in Hannover veranstaltet wurde. Albrecht hatte es beabsichtigt als „Entscheidungshilfe“ für den Bau des NEZ bei Gorleben. Eingeladen waren zahlreiche international bekannte Experten, auch aus den USA. Alle Probleme des Anlagenkonzepts des NEZ, vom Eingangslager über die Wiederaufarbeitungstechnik bis zur Endlagerung, sollten in die wissenschaftliche Auseinandersetzung kommen.
Für den 29. März 1979 hatte die Bäuerliche Notgemeinschaft aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg zum Gorleben-Treck aufgerufen. Einem Traktorenzug aus dem Landkreis nach Hannover sollte in der Stadt eine Abschlußdemonstration folgen, wiederum als „Entscheidungshilfe für Ernst Albrecht“.

Als am zweiten Tag des Hearings der Unfall bei Harrisburg bekannt wurde, stieg die ohnehin vorhandene Spannung noch höher. Zeitweise war das Interesse an den Ereignissen in den USA weit größer als das Interesse am eigentlichen Thema der Anhörung. Zur Abschlußkundgebung des Gorleben-Trecks drängten sich 150 000 Menschen auf den Plätzen und Straßen der Innenstadt von Hannover. Sie wurde die bis dahin größte Demonstration gegen die Atomenergie.

Auch in der Bundesrepublik stand selbst für die Bundesregierung plötzlich ernsthaft zur Debatte, was bislang undenkbar schien: ob die Bundesrepublik nicht doch ohne Kernenergie auskommen müsse. Die Möglichkeit eines schweren Unfalls in einem Atomkraftwerk konnte nicht mehr nur als Hirngespinst technikfeindlicher Pessimisten hingestellt werden. Bei dem Unfall bei Harrisburg waren Gefahren real geworden, für deren Verhinderung die Atomkraftwerke nicht ausgelegt waren. Angesehene Politiker wie der Vorsitzende der IG-Metall Eugen Loderer und der Bundesinnenminister Gerhard Baum forderten, die Atomkraftpolitik grundsätzlich zu überdenken. Selbst Birkhofer, der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission konnte zitiert werden mit dem Ausspruch: „Wir stehen an einem Abgrund.“

Aber Bundeskanzler Helmut Schmidt, der gerade einen Staatsbesuch in Brasilien machte, erklärte von dort aus, daß er auch nach der Katastrophe von Harrisburg den Atomstrom weltweit für unverzichtbar halte.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Unfalls hielten es die Aufsichtsbehörden der Bundesländer und das Bundesinnenministerium für notwendig, alle Atomkraftwerke, die in der Bundesrepublik im Betrieb und im Bau waren, darauf zu überprüfen, ob sich für ihre Sicherheit Folgerungen aus dem Unfallablauf ergaben.
In der Reaktorsicherheitskommission wurde besonders intensiv über Mülheim-Kärlich beraten. Der Reaktor, der ja ebenfalls von Babcock & Wilcox gebaut wurde, war in wichtigen Details mit TMI zu vergleichen. Die Aufsichtsbehörde ordnete an, daß keine weitere Teilerrichtungsgenehmigung erteilt würde, ehe nicht das Kühlsystem der Anlage überprüft sei.

Aber schon am 1. Juni 1979 teilte das Bundesinnenministerium mit, in der Bundesrepublik Deutschland seien keine unmittelbaren Konsequenzen zu ziehen, weil die technischen Unterschiede zwischen den deutschen Atomkraftwerken und TMI 2 keinen Anlaß dazu gäben.

Im August 1981 gab das Bundesinnenministerium einen Bericht heraus, in dem die Auseinandersetzung mit dem, was hier der „Beinahe-Kernschmelzunfall“ im KKW TMI-2 genannt wurde, für nicht mehr notwendig erklärt wurde. In TMI sei ein Kernschmelzen gerade eben verhindert worden. Trotzdem habe man Lehren aus dem Unfall gezogen.

30 Jahre nach Harrisburg

In den USA wurde seit dem Störfall von Three Mile Island kein Atomkraftwerk mehr in Auftrag gegeben. 2008 / 09 beginnen die Betreiber mit ersten Planungen, mit dem Argument Klimaschutz neue Reaktoren bauen zu wollen.

Quellen:
* http://www.ask1.org/redaktion-69.html
* ak – analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 424 / 18.03.1999: Harrisburg war nur der Anfang
* Greenpeace: Der Reaktorunfall von Harrisburg – längst vergessen?
* http://www.tmia.com/
* http://kd4dcy.net/tmi
* FACT SHEET – Three Mile Island (TMI) -20 Jahre nach dem Unfall, von Heinz Högelsberger
* de.wikipedia.org