Nachfolgend wird eine geringfügig gekürzte und veränderte Pressemitteilung des DWD dokumentiert.
Der Klimawandel hat sich beschleunigt
Berlin – „Der Klimazug rollt nicht nur. Er fährt auch immer schneller.“ Das erklärte Wolfgang Kusch, Präsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bei der jährlichen Klima-Pressekonferenz des nationalen Wetterdienstes in Berlin. Die Klimastatistiker des Deutschen Wetterdienstes hätten Temperaturmessungen in ganz Deutschland von 1890 bis 2008 ausgewertet. Im Mittel dieser knapp 120 Jahre liege die Jahresdurchschnittstemperatur bei 8,3 Grad Celsius. In den vergangenen 20 Jahren sei dieser Mittelwert fast immer übertroffen worden. Nur einmal, 1996, sei es kühler gewesen. Sechs der zehn wärmsten Jahre seit 1890 fielen in die vergangene Dekade. Kusch: „Diese Zahlen belegen klar: Der Klimawandel hat sich in den vergangen beiden Jahrzehnten beschleunigt.“
Ein zentraler Grund dafür sei, dass es bisher nicht gelinge, die weltweiten Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) ausreichend zu reduzieren. Das sei jedoch notwendig. Die Klimaforschung gehe davon aus, dass unser Ökosystem einen Temperaturanstieg um zwei Grad bis 2100 noch verkraften kann. Um das zu garantieren, müssten die globalen Kohlendioxidemissionen seit Jahren zurückgehen. Kusch: „Das Gegenteil ist der Fall. Damit ist sehr fraglich, ob wir das Zwei-Grad-Ziel noch erreichen können.“
Trotz dieser Entwicklung müsse der CO2-Ausstoß weiterhin mit aller Kraft verringert werden. Erfolge bei der Reduktion der Emissionen verlangsamten den Klimawandel. Ohne solche Erfolge seien die Folgen einer sonst noch stärkeren Temperaturerhöhung nicht beherrschbar. Erforderlich sei aber mehr, als die Kohlendioxidemissionen zu vermindern. „Klimaschutz ist nur auf zwei Beinen erfolgreich. Zur Reduktion der Emissionen muss die frühzeitige Anpassung an den unausweichlichen Klimawandel hinzukommen.“
Die Anpassung an den Klimawandel könne nur erfolgreich sein, wenn sie gut geplant und umgesetzt werde. Dazu seien verlässliche Informationen und Aussagen über die regionalen Auswirkungen des Klimawandels nötig. „Der Deutschen Wetterdienst verfügt über genau solche nationalen und internationalen Klimainformationen. Diese Daten müssen einfach online zugänglich sein. Wir richten deshalb 2009 ein Climate Data Center (CDC) mit all diesen Informationen ein“ kündigte Kusch an.
Stadt im Klimawandel am Beispiel Frankfurt am Main
Der Deutsche Wetterdienst untersucht zurzeit die Auswirkungen des künftigen Klimawandels auf Frankfurt am Main und Berlin. Solche stadtklimatologischen Untersuchungen sollen Stadt- und Umweltplanern ermöglichen, sich frühzeitig auf den Klimawandel einzustellen. Erste Ergebnisse für Frankfurt ergeben: Auf der Grundlage des Szenarios A1B ergibt sich für Frankfurt eine Zunahme der mittleren Anzahl von Tagen, welche eine maximale Lufttemperatur von 25 Grad Celsius (°C) überschreiten, von derzeit 46 Tagen pro Jahr um etwa 12 bis 26 Tage pro Jahr bis zum Jahr 2050. Damit wird Mitte des Jahrhunderts mindestens jeder sechste Tag des Jahres in Frankfurt wärmer als 25°C sein. In dicht bebauten Gebieten ist die Zunahme noch stärker. Die Untersuchungen des nationalen Wetterdienstes zeigen, dass auch die jährliche Zahl der heißen Tage mit einer Höchsttemperatur von mehr als 30°C und der Tropennächte mit Lufttemperaturen nicht unter 20°C deutlich zunehmen wird.
Die Frankfurter Umweltplanung verfüge damit erstmals über lokale Daten zum Klima im Stadtgebiet bis zum Jahr 2050. „In diesen Ergebnissen steckt Sprengkraft – sie werden Konsequenzen für die Stadtplanung haben.“ Denn so drohten zum Beispiel gesundheitliche Schäden durch längere Hitzeperioden – und diese würden in Frankfurt deutlich zunehmen. Als Daumenregel gelte deshalb die Forderung, dass Menschen im Freien in Hitzephasen innerhalb von fünf Gehminuten schattige Zonen aufsuchen können. Sei das nicht möglich, müssten Stadtplaner nach Lösungen suchen. Beispiele sind Arkaden oder zum Beispiel Sonnensegel auf der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil. Insgesamt benötige eine klimaverträgliche Stadt einen Grünflächenanteil von mindestens einem Viertel ihres Gebiets. Hierfür reiche aber nicht ein zentraler großer Park. Es komme künftig darauf an, viele grüne Inseln mit mindestens einem Hektar Fläche zu schaffen.
Solche stadtklimatologischen Ergebnisse des DWD seien tendenziell auch in anderen Städten und Ballungsräumen zu erwarten. Eine klimagerechte Stadtplanung in Deutschland erfordere aber detaillierte Untersuchungen nicht nur in Frankfurt, sondern in allen deutschen Ballungsräumen, betonen die Klimatologen des DWD.
Das Klima in Deutschland im Jahr 2008
Auch das Jahr 2008 war wieder zu warm – in Deutschland, in Europa und weltweit. In Deutschland erreichte es eine Durchschnittstemperatur von 9,5 °C. Das vergangene Jahr war damit das 9.wärmste seit 1901, dem Beginn flächendeckender Temperaturmessungen in Deutschland. Betrachtet man ganz Europa, war das Jahr 2008 sogar das 2.wärmste Jahr seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Weltweit lag es je nach Berechnungsgrundlage auf Rang 8 oder Rang 10. Zusammengefasst bedeute das: 2008 brachte zwar keine neuen Rekorde – das Jahr hat aber den Erwärmungstrend der vergangenen Jahrzehnte klar bestätigt. Ein Blick ins nationale Klimaarchiv des DWD zeige zudem: Seit 1901 nahm die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland um 1,0 Grad zu. Alle Klimaszenarien gehen davon aus: Der Erwärmungstrend wird – wenn auch mit regionalen Unterschieden – anhalten.
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