Nachfolgend wird eine geringfügig gekürzte und veränderte Pressemitteilung des NABU dokumentiert.
Gute Gesetze, aber mangelhafte Umsetzung
Athen/Berlin – Der NABU und sein weltweiter Dachverband BirdLife International haben anlässlich der jetzt zu Ende gegangenen EU-Naturschutz-Tagung einen größeren Einsatz der Mitgliedstaaten für den Schutz der biologischen Vielfalt gefordert. Auf Einladung der Europäischen Kommission berieten in Athen hochrangige Vertreter aus Politik, Verbänden und Wissenschaft zwei Tage lang über die künftige EU-Politik.
Bereits 2001 hatten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten beschlossen, den Verlust an biologischer Vielfalt in Europa bis zum Jahr 2010 zu stoppen. Ein Zwischenbericht der Europäischen Kommission kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass dieses selbst gesteckte Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Der NABU begrüßte, dass Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Athen die Bedeutung der bestehenden EU-Naturschutzgesetzgebung auch über das Jahr 2010 hinaus hervorhob. „Mit der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat- Richtlinie sowie dem europäischen Schutzgebietsnetz ‚Natura 2000‘ haben die Mitgliedstaaten bewährte Instrumente in der Hand, den Verlust an biologischer Vielfalt aufzuhalten“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Natura 2000 habe aber seine volle Wirkung noch nicht entfalten können, weil die Konzepte zur Pflege der Schutzgebiete und die Gelder zur Durchführung dieser sogenannten Managementpläne in den meisten Staaten immer noch unzureichend seien.
So gibt es in Deutschland erst für 14 Prozent aller Natura-2000-Gebiete Pflegekonzepte. Nur ein Viertel der bedrohten Lebensräume und sogar nur jede fünfte bedrohte Tier- oder Pflanzenart weisen einen „günstigen Erhaltungszustand“ auf, nehmen also nicht weiter ab. Für die außerhalb von Schutzgebieten lebenden Arten ist die Situation noch alarmierender. Über 40 Prozent aller Vogelarten leiden unter der intensiven Landwirtschaft, ihre Bestände gehen drastisch zurück. Fast 90 Prozent aller Meeresfische gelten als überfischt, zudem gehen Millionen von Jungfischen und anderen Tierarten als Beifang verloren.
Der NABU begrüßte die Athener Beschlüsse, wonach die bewährten Rechtsinstrumente einschließlich der Wasserrahmenrichtlinie um Regelungen zum Schutz des Bodens und zum „Schutz der biologischen Vielfalt vor invasiven Arten“ ergänzt werden sollen. Auch die bessere finanzielle Ausstattung von Natura 2000 und die Kommunikation mit den Landnutzern sei wichtig.
Von zentraler Bedeutung ist aus NABU-Sicht, die Belange des Naturschutzes besser in andere Politikbereiche wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Infrastrukturentwicklung zu integrieren. Die in Athen gefundene Übereinkunft sei daher ein deutliches Wecksignal. „Jetzt sind alle gesellschaftlichen Kräfte, insbesondere das zukünftige neue Europäische Parlament, die neue Kommission und die Politiker in den Mitgliedstaaten, gefordert, die Beschlüsse in konkrete Politik zum Wohle der Bürger Europas und der Natur umzusetzen“, so Tschimpke abschließend.