Quelle: DUH
Kennzeichnung von Getränkeverpackungen dringend notwendig zur Unterstützung von Mehrwegsystemen – BMU-Konzept ein halbherziger Schritt in die richtige Richtung – Mehrweg-Allianz fordert eine eindeutige und einheitliche Kennzeichnung aller Getränkeverpackungen – Wegen des Rückgangs umweltverträglicher Verpackungen muss zusätzlich zum Pfand eine Lenkungsabgabe auf Einwegverpackungen folgen
Berlin: Angesichts eines dramatischen Rückgangs umweltverträglicher Getränkeverpackungen in Deutschland hat die „Allianz pro Mehrweg“ aus Wirtschafts- und Umweltvertretern den von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel kürzlich vorgelegten Vorschlag für eine bessere Kennzeichnung von Getränkeverpackungen als „halbherzig und hasenfüßig“ bezeichnet. Zu begrüßen sei, dass damit überhaupt an Getränkewirtschaft und Verbraucherinnen und Verbraucher ein Signal gegeben wird, den weiteren Vormarsch umwelt- und klimaschädlicher Ex- und Hopp-Verpackungen nicht länger zu dulden. Nachhaltigen Erfolg erwartet die Allianz aber nur, wenn neben einer transparenten, einheitlichen und alle Getränkesegmente umfassenden Kennzeichnungspflicht für Einweg- und Mehrwegverpackungen zusätzlich zum Einwegpfand, Einwegverpackungen durch eine Lenkungsabgabe von mindestens 20 Cent dauerhaft belastet werden.
Knapp die Hälfte der deutschen Verbraucher wisse sechs Jahre nach Einführung des Einwegpfandes nicht, dass es neben umweltfreundlichen Mehrwegflaschen auch Einwegverpackungen mit Pfand gibt. Hauptauslöser dieses unerfreulichen Befunds sei ein Kennzeichnungswirrwarr, den kaum jemand verstehe. Dass das Umweltministerium nach jahrelanger Untätigkeit in dieser Frage nun kurz vor Ende der Legislaturperiode mit einem Vorschlag zur Kennzeichnung reagiert, sei zwar zu begrüßen. Das Ziel einer Stabilisierung und schließlich einer erneuten Steigerung des Anteils klimaschonender Getränkeverpackungen werde aber ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich erneut verfehlt.
„Umweltminister Gabriel strebt, die Bundestagswahl vor Augen, eine offensichtlich nur halbherzige Lösung an, die den Eindruck des Handelns erweckt aber Mehrweg nicht wirklich hilft“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen Resch. Der vorliegende Entwurf verbessere in seiner jetzigen Fassung nicht ausreichend die dringend notwendige Unterscheidbarkeit von Einweg und Mehrweg. Den Verbrauchern werde die bewusste Wahl für umweltfreundliche Mehrwegflaschen in der jetzt vorgesehenen Form nicht wirklich erleichtert. Eine Kennzeichnungsregelung könne nur in dem Maße erfolgreich sein, in dem sie für Verbraucher auch nachvollziehbar sei. Dazu müsse sie alle in Einweg abgefüllten Getränke umfassen. „Die vorgesehenen Ausnahmen für unbepfandete Einwegverpackungen und fehlende Ausführungen über die Art der Kennzeichnung laden letztlich zum Missbrauch ein“, erklärte Resch. In einer umfassenden Stellungnahme zum Gabriel-Entwurf legt die Mehrweg-Allianz ihre Vorstellungen dar und entwickelt konkrete Änderungsvorschläge zum BMU-Entwurf. Zum einen sei es zwingend, unabhängig von der Pfanderhebung für alle Arten von Getränkeverpackungen eine Kennzeichnungspflicht einzuführen. „Eine klare Kennzeichnung ist überfällig. Sie muss unmissverständlich und für jedermann leicht lesbar sein. Dies gelingt nur, wenn für alle Getränkeverpackungen mit einer klaren und einfach lesbaren schriftlichen Ausweisung als „Einweg“ oder „Mehrweg“ erfolgt. Bei bepfandeten Getränkeverpackungen müssen zusätzlich auch einheitliche Bildmarken sowie die Angabe der Pfandhöhe abgebildet werden“, forderte der frühere Umweltstaatssekretär und heutige Geschäftsführer der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) Clemens Stroetmann.
Der Verordnungsentwurf des BMU sieht eine Kennzeichnung ausschließlich für Pfandverpackungen vor. So genannte ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen (z.B. Getränkekartons) und solche Getränke in Einweggetränkeverpackungen, die von der Pfandpflicht ausgenommen sind (z.B. Fruchtsaft, Wein und Milch) blieben bei der Kennzeichnung außen vor. „99 von 100 Verbraucherinnen und Verbrauchern kennen weder die Ausnahmen von der Pfandpflicht, geschweige denn die Gründe für die Ausnahmen. Nach dem vorgeschlagenen Entwurf würden ein Fruchtsaftgetränk und ein Mineralwasser in praktisch identischen Einwegflaschen unterschiedlich gekennzeichnet. Wer derart Verwirrung stiftet, darf sich nicht wundern, wenn er mit seiner Verordnung das Ziel, mehr Transparenz zu schaffen, erneut verfehlt“, kritisierte der geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V., Günther Guder.
„Eine künftige Kennzeichnung muss vor allem sicherstellen, dass die Verbraucher auf einen Blick erkennen, welche Art Verpackung sie in der Hand halten: Einweg oder Mehrweg; Pfand oder nicht Pfand“, erklärte der Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland e.V., Roland Demleitner und kritisierte, dass der vorgelegte Verordnungsentwurf hinter vorherigen Zusagen von Umweltminister Gabriel erheblich zurückgeblieben sei. „Der Umweltminister hat in Gesprächen mit Wirtschaftsbeteiligten eine Kennzeichnung mittels Piktogrammen angekündigt. Im Verordnungsentwurf sind aber weder solche Bildmarken definiert, noch werden sie rechtlich vorgeschrieben. Im Alltag nenne man ein solches Verhalten hasenfüßig’“, sagte Demleitner und forderte den Minister auf, zu seinen ursprünglichen Positionen zurückzukehren.
„Zusätzlich zur Kennzeichnung als Einweg- oder Mehrweggetränkeverpackung sei aus Gründen einer transparenten Verbraucherinformation auch die Angabe der Pfandhöhe unabdingbar“, sagte der Vorsitzende des Verbandes des Deutschen Getränke-Einzelhandels, Sepp Gail. „Die Pfandhöhe ist eine wesentliche Angabe, die zum einen zur Kaufentscheidung beitragen kann und zum anderen den Unterschied zwischen Einwegverpackungen und umweltfreundlichen Mehrwegflaschen hervorhebt“, erklärte Gail. Die Pfandhöhe müsse unmittelbar unter der Kennzeichnung als Einweg- bzw. Mehrweggetränkeverpackung in Eurocent und zusammen mit dem Wort „Pfand“ abgebildet werden.
Die Allianz für Mehrweg bewerte die Kennzeichnungspflicht zwar als „notwendigen, aber nicht hinreichenden Schritt“ zur nachhaltigen Stärkung ökologisch vorteilhafter Getränkeverpackungen. Die Erfahrung der zurückliegenden Jahre habe gezeigt, dass die Einweglobby sich von Appellen und von Maßnahmen wie der Pfandpflicht nur mäßig beeindruckt zeige. Es sei deshalb dringend erforderlich, das ökologisch vorteilhafte Mehrwegsystem zusätzlich durch eine Lenkungsabgabe auf Einweggetränkeverpackungen abzusichern, die Einweg dauerhaft verteuere und dem Verbraucher über den Preis die richtige Richtung weise, betonte Jürgen Resch für die Allianz.
Weitere Informationen: Die Stellungnahme zur GetränkeverpackKennV können Sie im Internet herunterladen.