Quelle: Greenpeace Deutschland
Greenpeace veröffentlicht Chronik der „meldepflichtigen Ereignisse“
Rund 5700 als „meldepflichtige Ereignisse“ bezeichnete Unregelmäßigkeiten in Atomkraftwerken sind nach Greenpeace-Recherchen die Pannenbilanz aus 50 Jahren Atomkraft in Deutschland. Auslöser der Störungen im AKW-Betrieb waren unter anderem Kühlwasserleckagen und Löcher im Druckwasserbehälter, beschädigte Rohrleitungen und Ventile, totaler Stromausfall und Feuer sowie eine Wasserstoffexplosion nahe des Reaktordruckbehälters. Greenpeace veröffentlicht heute eine Liste aller „meldepflichtigen Ereignisse“ seit 1965 anlässlich der Veranstaltung zum 50. Jahrestag des Deutschen Atomforums, bei der auch Bundeskanzlerin Merkel (CDU) als Festrednerin auftritt. Greenpeace fordert die sofortige Abschaltung der sieben ältesten AKW und den vollständigen Atomausstieg bis 2015.
„Jede dieser 5700 Pannen hätte zu einer Atomkatastrophe führen können. Die Risiken der Atomkraft haben sich durch alternde Reaktoren und neue Gefahren wie terroristische Anschläge deutlich erhöht“, sagt Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer. „Wenn Frau Merkel mit dem Atomforum feiert, verhöhnt sie die gesundheitlichen Schäden und die tödlichen Risiken, die durch Atomkraft entstehen.“
Mit einer sechs Meter langen Attrappe eines Castor-Transportbehälters für Atommüll und einem Banner mit der Aufschrift „Die Menschen wollen keine Atomkraft, Frau Merkel“ protestiert Greenpeace heute Abend vor dem E-Werk in Berlin gegen den Schulterschluss von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) mit der Atomindustrie. Die CDU fordert in ihrem Wahlprogramm eine Verlängerung der Laufzeiten für alte Atomkraftwerke. Erst gestern war bekannt geworden, dass es im gerade wieder angefahrenen AKW Krümmel eine erneute Panne gegeben hatte. „Der Pannenreaktor Krümmel muss ebenso wie die sieben ältesten deutschen Meiler sofort vom Netz“, so Münchmeyer.
Politik und Atomlobby handelten bereits früher Hand in Hand, wie die Skandale um das marode Endlager Asse II beweisen. Nach Recherchen des Spiegel ließ sich die Bundesregierung die Öffentlichkeitsarbeit für das niedersächsische Endlager vom Deutschen Atomforum finanzieren. Zwischen 1997 und 2002 flossen fast 700.000 Euro an den damaligen Asse-Betreiber, die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF, heute Helmholtz-Zentrum). „Das Asse-Desaster steht für das Scheitern des Deutschen Atomforums und der Atomindustrie“, so Münchmeyer. „Atomkraft ist gefährlich, blockiert den Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit neue Jobs in Deutschland.“
Laut einer Studie des Bundesumweltministeriums vom vergangenen Freitag ist zudem entgegen den Behauptungen des Deutschen Atomforums nicht davon auszugehen, dass Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken zu einer Senkung der Strompreise führen. Im Gegenteil, so hieß es, sei sogar „die Möglichkeit gegeben, dass bei einer Laufzeitverlängerung das Strompreisniveau steigt.“
Publikation zum Thema:
* 30.06.2009: PDF, Dateigröße: 663 KB: Meldepflichtige Ereignisse in deutschen Atomkraftwerken, 1965 bis 3. Quartal 2008