Entwicklungsorganisationen kritisieren laxen Umgang der Europäischen Investitionsbank mit Steueroasen

Quelle: Counter Balance, urgewald

Entwicklungsorganisationen veröffentlichen die erste profunde Analyse von Krediten der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Entwicklungsländern, deren Promotoren Steuervermeidungs- und Steuerfluchtmuster nutzen. Flying in the face of development. How European Investment Bank loans enable tax havens ist der Titel des Berichts. „Die Recherche zeigt, dass es eine lange Liste von EIB Kunden und Projekten in Entwicklungsländern gibt, die Steueroasen und ähnliche Offshore-Finanzplätze nutzen“, erklärt Regine Richter von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation urgewald, die Teil der Counter Balance Koalition ist (1).„Besonders beliebt ist dabei die Steueroase Mauritius. Dies widerspricht eklatant dem Entwicklungsauftrag, den die EIB unter dem Cotonou-Abkommen hat. Offshore-Finanzplätze führen zu Niedrigsteuerkonkurrenz, erlauben strikte Bankgeheimnisse und können so Korruption fördern, ebenso wie Steuervermeidung und Steuerflucht.“

In den letzten fünf Jahren hat die EIB 5,66 Milliarden Euro an die Hauptnutzer von Steueroasen aus Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden vergeben, wie Barclays, BNP Paribas und Société Générale. Weitere 210 Millionen Euro gingen an afrikanische Fonds, die Steueroasen in ihren Strategien nutzen. Zudem haben einige große Infrastrukturprojekte, die von der EIB finanziert wurden, enge Verbindungen zu Steueroasen.

Mauritius: Obwohl das Land jahrelang auf der schwarzen Liste der OECD stand und nach wie vor von vielen als Steueroase angesehen wird, findet sich Mauritius nun auf der weißen OECD-Liste der Länder, die „substantiell international vereinbarte Steuerstandards implementiert haben.“ Es gibt jedoch zahlreiche Indizien, dass Mauritius nach wie vor große Probleme bezüglich des Bankgeheimnisses und der gefährlichen Steuerkonkurrenz verursacht. So stellt ein Bericht der norwegischen Regierung zu „Steueroasen und Entwicklung“ vom Juni 2009 folgendes fest: „Mauritius bietet ausländischen Investoren einen Standort, gegen eine reine Anerkennungsgebühr an die Regierung und sehr niedrige Steuern, die durch Steuerverträge geschützt sind. Dies ist das Beispiel einer gefährlichen Struktur, in der Mauritius Investoren die Gelegenheit bietet, einen Zweitsitz zu etablieren. Dieser erlaubt ihnen, ein im Wesentlichen steuerfreies Regime zu nutzen. Tatsächlich wird damit dem Quellland Steuereinkommen geraubt, während das steuerrelevante Ergebnis zugunsten des Investors ausfällt.“ (2).

„Die Studie belegt, was wir befürchtet hatten“, fährt Richter fort. „Die Kapazitäten der EIB, ihre Kunden zu prüfen sind sehr begrenzt. In den letzten Jahren hat die EIB vier Projekte aussortiert, weil dort Steuerflucht betrieben werden sollte. Nach unseren Ergebnissen ist dies jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb fordern wir von den EU Staaten, die alle EIB Anteilseigner sind, dass sie zuhause umsetzen, was sie in internationalen Foren wie bei G 20 predigen. Herr Steinbrück als EIB Gouverneur könnte damit seinen Worten Taten folgen lassen.“

„Steuerlöcher zu stopfen ist eine Voraussetzung, um öffentliche Dienstleistungen, die Verteilung von Wohlstand und Politikspielraum für Regierungen zu erhalten und auszuweiten“, erklärt Desislava Stoyanova, Koordinatorin der Counter Balance Koalition. „Die Förderung progressiver Steuersysteme, die Stärkung der Steuerverwaltung und der Kampf gegen Steueroasen sind extrem wichtig im Bereich der Entwicklungsfinanzierung. Dies muss als kohärente europäische Entwicklungspolitik bei europäischen Investitionen in Entwicklungsländern beachtet werden.“
Der Bericht kann unter folgender Adresse heruntergeladen werden: http://www.urgewald.de/index.php?page=8-180-667

Hintergrund:
Die EIB verleiht mehr und mehr Geld außerhalb der EU. Mit dem Mandat, zwischen 2007 und 2013 Euro 27,8 Milliarden außerhalb der EU zu verleihen (ohne AKP Staaten), ist die EIB das führende Finanzhaus, das rund um den Globus im Auftrag der EU und ihrer Mitgliedsländer aktiv ist. Zur Bekämpfung der Finanzkrise soll die EIB in den nächsten drei Jahren zwei Milliarden Euro in Afrika investieren, vor allem im Infrastruktur-, Energie- und Finanzsektor (3).

(1) Counter Balance ist eine Koalition europäischer Nichtregierungsorganisationen, die sich für Reformen bei der EIB einsetzt. Mitglieder sind in Mittel- und Osteuropa: CEE Bankwatch Network; in Frankreich: Les Amis de la Terre ; in Deutschland: urgewald und WEED (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung); in Italien: Campagna per la Riforma della Banca Mondiale (CRBM); in den Niederlanden: BothEnds; in Großbritannien: Bretton Woods Project
(2) Kommission zur Kapitalflucht aus Entwicklungsländern. “Tax havens and development. Status, analyses and measures”. Bericht der Regierungskommission zur Kapitalflucht aus armen Ländern. Ernannt mit königlichem Dekret am 27. Juni 2008. Am 18. Juni 2009 Erik Solheim, dem Umwelt und Entwicklungsminister, vorgelegt.
(3) www.eib.org/about/press/2009/2009-079-at-least-an-additional-ususd15-billion-to-respond-to-financial-crisis-in-africa.htm