Manche – wie die Deutsche Bahn oder der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie – beauftragen Lobbyagenturen und Denkfabriken, um in Leserbriefen Stimmung für die eigenen Ziele zu machen. Bei der Atomindustrie läuft das anders: dort fördert man über die Kerntechnische Gesellschaft ein eigenes Netzwerk von atomfreundlichen Leuten, die Leserbriefe schreiben, in Hauptversammlungen auftreten, Pro-Atom-Webseiten betreiben oder Pro-Atom-Argumente in Wikipedia vertreten. Über die Initiative “Bürger für Technik” und ihre Verbindungen zur Atomlobby hat der Journalist Christian Fuchs 2008 einen lesenswerten Artikel in der Zeit geschrieben: Atomkraft – ja bitte!
Auch in der aktuellen Atom-Debatte nach dem Störfall in Krümmel sind die Bürger für Technik aktiv: So finden sich z.B. in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau Leserbriefe von Ludwig Lindner, Mitglieder der Bürger für Technik und stellvertretender Sprecher der Fachgruppe Nutzen der Kernenergie in der Kerntechnischen Gesellschaft.
Natürlich sind diese Aktivitäten nur ein kleiner Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Atomindustrie. Das Deutsche Atomforum hat die letzten Jahre große (und offene) Werbekampagnen gefahren, um die Atomkraftwerke als „ungeliebte Klimaschützer“ grünzuwaschen.
Gute politische Kontakte: der Fall Knauber
Außerdem verfügt die Atomindustrie über gute direkte Kontakte in die Politik. Ein Beispiel dafür ist der Vattenfall-Lobbyist Rainer Knauber, der von SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas im Saarland als Schatten-Wirtschaftsminister nominiert wurde (auf der SPD-Webseite wird er als “Manager” vorgestellt bei Vattenfall, “mit einem Umsatz von 13 Mrd Euro u.a. Europas größter Windpark-Betreiber”, Braunkohle und Atomkraftwerke verschweigt man lieber).
Knauber gehörte Anfang 2006 zu den Unterzeichnern eines “Diskussionspapiers” von SPD-Mitgliedern, das eine neue Offenheit gegenüber der Atomenergie einforderte. Allerdings entpuppten sich die “SPD-Mitglieder” beim genaueren Hingucken vor allem als Energielobbyisten mit SPD-Parteibuch, siehe Stern und taz.
Die damalige Webseite “www.spd-und-energie.de” ist nicht mehr online, die Fassung vom 16. Februar 2006 findet man noch im Internet Archive (lädt etwas langsam, die Seite ist nicht mit allen Original-Layout-Elementen gespeichert).
> In der Wirtschaftswoche werden weitere Verbindungen zwischen SPD und Vattenfall aufgeführt. Es gibt aber auch Seitenwechsel von der CDU zur Energiewirtschaft, so 2008 der spektakuläre Wechsel der Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Hildegard Müller, zum Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.
Quelle: LobbyControl