Die ergiebigste Niederschlagsquelle der Welt verschiebt sich zunehmend nach Norden. Das kann fatale Folgen für eine Milliarde Menschen haben. Sie sind von diesen Niederschlägen abhängig, da es in diesen Regionen an Grundwasser mangelt.
Der äquatornahe Regengürtel, von einer wenige hundert Kilometer breiten Tiefdruckrinne genährt und als Innertropische Konvergenzzone (ITCZ) bezeichnet, versorgt in den Tropen und Subtropen über eine Milliarde Menschen mit Wasser. In manchen Gebieten fallen bis zu 4 Meter Niederschlag pro Jahr. Ausserdem beeinflusst dieses Regenband weltweit die atmosphärische Zirkulation.
Messungen haben nun gezeigt, dass diese Zone keineswegs stationär ist, sondern sich seit mehr als 300 Jahren im Schnitt pro Jahr etwa 1,4 Kilometer nach Norden bewegt. «Das überraschendste Ergebnis unserer Untersuchung war, dass die Innertropische Konvergenzzone vor 350 Jahren noch direkt am Äquator verlief, 5 Grad südlicher als heute», sagt Rienk Smittenberg, Postdoc in der Klimageologie-Gruppe am Geologischen Institut der ETH Zürich und Co-Autor der Studie, die von der Washington Universität (Seattle, USA) durchgeführt wurde.
Trinkwassermangel befürchtet
Durch die Verschiebung des Regenbandes ist die Frischwasserversorgung pazifischer Inseln gefährdet, da die meisten von ihnen über keine nennenswerten Grundwasservorkommen verfügen. Die Forscher vermuten, dass die Klimaerwärmung die Verschiebung des Regenbandes sogar noch beschleunigen könnte. Schon Mitte des Jahrhunderts könnte deshalb bei einigen der pazifischen Inseln Trinkwasser knapp werden.
In der ITCZ strömen die Luftmassen des Nordost-Passats der Nordhalbkugel und des Südost-Passats der Südhalbkugel zusammen. Gleichzeitig heizt die tropische Sonne die Atmosphäre auf. Dadurch kommt es zu starker Wolkenbildung mit bis zu 10‘000 Metern Dicke und zu ergiebigen Niederschlägen. Da der sich über den Pazifik erstreckende Regengürtel dem Zenitstand der Sonne folgt, wandert die ITCZ bereits mit den Jahreszeiten zwischen 3 und 10 Grad nördlich des Äquators hin- und her.
Klimaumkehr auf den Pazifikinseln
Die Wissenschaftler haben nun anhand der Sedimente von Bohrkernen aus Seen äquatornaher Inseln und der in den Sedimenten enthaltenen Algenreste, Mikroben und Wasserisotope, erstmals nachgewiesen, dass die ITCZ nicht nur jahreszeitlich wandert, sondern während der kleinen Eiszeit (1400 bis zirka 1850 n. Chr.) bis zu 500 Kilometer südlicher lag.
Für die Pazifikinsel Washington Island, die auf 5 Grad Nord und heute am südlichen Rand der ITCZ liegt, weisen die in den Bohrkernen enthaltenen salztoleranten Mikroben darauf hin, dass die Insel während der kleinen Eiszeit sehr trocken gewesen sein muss. Denn die Mikroorganismen brauchen eine wesentlich trockenere Umgebung als sie heute dort anzutreffen ist. Heute hat die Insel eine jährliche Niederschlagsmenge von 2,9 Metern.
Die Sedimente auf der 7 Grad nördlich des Äquators gelegenen Insel Palau, die mitten im heutigen Verlauf der Konvergenzzone liegt, weisen ebenfalls auf trockenere Bedingungen während der kleinen Eiszeit hin. Galapagos dagegen hat heute ein trockenes Klima und war in der kleinen Eiszeit wesentlich feuchter. Aus ihren Funden schliessen die Autoren der Studie, dass zwischen den Jahren 1420 und etwa 1600 die Innertropische Konvergenzzone südlich von Washington Island gelegen haben muss. Wahrscheinlich lag sie dort bis weit ins 18. Jahrhundert hinein. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Zone schon zur damaligen Zeit mit den Jahreszeiten um etwa 7 Grad variierte. Folglich lag sie vermutlich beim Äquator, von wo aus sie seit 300 Jahren stetig nach Norden wandert.
Ursachen noch unklar
Bisherige Messungen fanden auf oder in der Nähe der Kontinente statt. Da topographische und jahreszeitliche Effekte hier grossen Einfluss haben, sind diese jedoch weniger eindeutig zu interpretieren. Für die Studie von Smittenberg und seinem Team wurden nun von der im Westen gelegenen Insel Palau über Washington Island bis nach San Cristobal Island (Galapagos Archipel) Proben untersucht. Damit wurde erstmals das Regenband über dem gesamten tropischen Pazifik von Westen nach Osten quantifiziert.
Warum genau das Regenband nach Norden wandert, können die Wissenschaftler noch nicht erklären. Klar ist zumindest, dass die Bewegung mit der Sonnenergie zu tun hat. Wenn deren Kraft zu- oder abnimmt, beeinflusst das die Erwärmung des Pazifiks und somit die Zirkulation. Während der so genannten kleinen Eiszeit war die nördliche Hemisphäre kälter, da die Sonneneinstrahlung geringer war. Das könnte die Innertropische Konvergenzzone in den Süden verlagert haben. Die anschliessende Verschiebung nach Norden verlief jedoch nicht linear, sondern weisst zum Teil Sprünge auf. Etwa um 1850, als die kleine Eiszeit endete und die Temperatur wieder anstieg. «Durch die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung könnte es demnächst wieder einen grossen Sprung geben. Dann wäre es dort, wo heute trockenes Klima herrscht, sehr feucht und umgekehrt.», so Smittenberg.
Literaturhinweis
Sachs JP, Sachse D, Smittenberg RH, Zhang Z, Battisti DS & Golubic S. Southward movement of the Pacific intertropical convergence zone AD 1400–1850. Nature Geoscience. 28 June 2009; 2, 519 – 525. doi:10.1038/ngeo554
Quelle: ETH Zürich