Wald leidet unter Dominanz wirtschaftlicher Ansprüche
Der Landesnaturschutzverband Baden Württemberg e. V. (LNV) reklamiert, dass im Land die nach dem Naturschutzgesetz festgelegte „gute fachliche Praxis“ für die Waldbewirtschaftung immer noch nicht definiert ist. Weder seien bisher die Pflichten für Waldbesitzer ausreichend beschrieben noch böten Förderprogramme Anreize für den Artenschutz. So wundere es nicht, dass auch im Wald das Artensterben weiter voranschreite. Mit seinem Positionspapier „Der Weg zum naturnahen Wald“ möchte der LNV nun Vorschläge zur Konkretisierung dieser Vorschriften leisten.
In Zeiten knapper öffentlicher und auch privater Kassen nehme der Druck auf eine renditeträchtige Holznutzung massiv zu. Verstärkt werde diese Entwicklung durch die aus notwendigen Klimaschutzgründen gestiegene Nachfrage nach dem Rohstoff Holz. „Statt auf diese Entwicklung mit mehr Personal zu reagieren, haben das Land und die Landkreise mit der Verwaltungsreform im Staatsforst Stellen eingespart bzw. diese hin zum Wirtschaftsbetrieb verlagert. Die Gemeinwohlbelange geraten so nach Beobachtungen der Naturschützer immer mehr unter die Räder“, rügte der LNV-Vorsitzende Reiner Ehret.
Der LNV sieht deswegen die Notwendigkeit, die Grundsätze für eine naturnahe Waldwirtschaft klar festzuschreiben – wie dies auch nach dem Bundesnaturschutzgesetz vorgesehen ist. Anstatt der vielerorts noch üblichen „Stangenäcker“ gälte es, Waldbestände mit hohem Anteil an standortheimischen Arten und mit einem mehrstufigen Altersaufbau zu erhalten und zu entwickeln. Naturverjüngung habe Vorrang vor Saat und Pflanzung. Die Holzernte müsse bestands- und bodenschonend erfolgen, auf Düngung, Pestizide und Entwässerungsmaßnahmen sei im Wald zu verzichten.
Ein besonderes Augenmerk legt der LNV auf den verpflichtenden Erhalt von Waldbiotopen. So fordert er, dass Alt- und Totholz in bestimmten, flächenbezogenen Mengen im Wald zu belassen sei, Höhlen- und Nistbäume und wertvolle Waldränder geschont und mehr Waldschutzgebiete ausgewiesen werden. In Altbeständen müsse die Holzernte während der Brutzeit von März bis Juli unterbleiben. „Naturnahe Waldwirtschaft ist nur möglich, wenn die Wälder von gut ausgebildetem Fachpersonal betreut werden“, schließt der LNV-Vorsitzende. Er fordert das Land deswegen auf, in ausreichendem Umfang Nachwuchspersonal auszubilden und einzustellen. Die forstliche Betriebsplanung in Form der Einrichtungswerke solle erhalten und mehr am Naturschutz orientiert werden. Der LNV spricht sich dafür aus, dass auch private Waldbesitzer zu einer derartigen Betriebsplanung verpflichtet werden.
Info: Das Waldpapier des LNV ist Bestandteil dieser Pressemitteilung und ist unter
http://www.lnv-bw.de/info/info09-01-NaturnaherWald.pdf ab sofort verfügbar. Es wurde inzwischen dem für die Forstwirtschaft zuständigen Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum übergeben.
Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV) ist Dachverband der Natur- und Umweltschutzverbände in Baden-Württemberg. In ihm sind 32 Vereine mit ca. 530.000 Mitgliedern organisiert. Er ist gemäß Naturschutzgesetz nach § 67 anerkannter Naturschutzverein und vertritt nach § 66 Abs. 3 die Natur- und Umweltschutzvereine des Landes.
Quelle: Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV)