Protestaktion von Rettet den Regenwald
2003 verordnete die damalige Bundesregierung aus Umweltschutzgründen den Getränkedosen 25 Cent Pfand. Ohne große Probleme haben sich die Deutschen daraufhin von der Getränkedose verabschiedet. Doch die Discounter Penny (Rewe-Gruppe) und Netto (Edeka-Gruppe) sagen umweltfreundlichen Lösungen nun den Kampf an. Seit Juni bieten sie in ihren Regalen wieder in großen Mengen Dosengetränke an – vor allem Biere und Softdrinks wie Coca Cola, Fanta und Sprite.
Mit Getränkedosen machen die Discounter paradoxerweise kräftig Kasse. Nach Recherchen des Handelsblatts hat die Rewe-Gruppe allein im vergangenen Jahr 12 Millionen Euro am Geschäft mit Einwegverpackungen verdient. Denn viele Dosen und Flaschen werden einfach nicht zurückgebracht. Das eingenommene Pfandgeld streichen die Discounter ein – vor allem dann, wenn sie selbst Abfüller sind. Das ist bei den Eigenmarken der Fall. Je mehr Dosen im Mülleimer oder auf der Straße landen, desto mehr verdienen Rewe und Netto.
Nach außen verbreiten die Discounter die Behauptung, der Verbraucher wolle die Dose. Umweltbedenken seien von gestern und beruhten auf veralteten Studien. Eine materialoptimierte Produktion mit hohen Recyclingquoten spräche ebenso für die Wiedereinführung der Dose wie das geringe Gewicht, das auf langen Transportstrecken ein wichtiger Kosten- und Umweltfaktor sei. Zu diesem Ergebnis kämen entsprechende Untersuchungen, welche die Dosenindustrie in Auftrag gegeben hat. Die Deutsche Umwelthilfe hat sich die berechneten Ökobilanzen genauer angeschaut und bezweifelt die Qualität der Daten. Die Experten sprechen bereits vom Missbrauch des Instruments der Ökobilanz, weil es offensichtlich Vorgaben für die anzuwendenden Daten, Annahmen und Abgrenzungen gab, die realitätsfremd und – wen wundert es – dosenfreundlich waren. Pfandflaschen wurden so schlecht und Getränkedosen schön gerechnet.
Mit Blick auf den Regenwald ist vor allem das Material problematisch: Getränkedosen bestehen aus Aluminium und Weißblech. Bei beiden Rohstoffen zahlt der Regenwald einen hohen Preis für unseren angeblichen Dosenwunsch. Selbst bei hohen Recyclingquoten werden immer neue Rohstoffe benötigt.
Abgebaut werden die benötigen Rohstoffe im Tagebau. Im Amazonasregenwald Brasiliens, in Carajás, befindet sich die größte Eisenerzlagerstätte der Erde. Das südamerikanische Land ist nach China der weltweit größte Eisenerzproduzent und liegt auch beim Bauxitabbau (Rohstoff zur Aluminium-Gewinnung) an dritter Stelle. Um an die Vorkommen zu gelangen, wird der Regenwald großflächig abgeholzt. Und sowohl die Verhüttung des Eisenerzes mit Holzkohle und nachfolgende Stahlproduktion als auch die Aluminiumgewinnung aus Bauxit sind extrem umweltschädlich und energieintensiv. Um eine Tonne Rohaluminium zu gewinnen, sind 14.000 Kilowattstunden Strom nötig. Für den Elektrizitätsbedarf der brasilianischen Aluminiumindustrie werden im Amazonasgebiet riesige Wasserkraftwerke gebaut. Ganze Flüsse werden aufgestaut oder umgeleitet, die Regenwaldgebiete abgeholzt und in den Fluten der Stauseen ertränkt, indigene Völker werden von ihrem angestammten Land vertrieben. Auch hierzu hat Rettet den Regenwald aktuell eine Protestaktion gegen die Beteiligung europäischer Unternehmen am Bau des Belo Monte Wasserkraftwerks gestartet.
Das Umweltbundesamt rät laut Südkurier: „Verbraucher sollten um die Büchse einen großen Bogen machen.“ Sie sollten nur Getränke in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen kaufen oder den Durst mit Trinkwasser aus der Leitung löschen. Rettet den Regenwald fordert Penny und Netto deshalb dazu auf, die Getränkedosen unverzüglich wieder aus dem Sortiment zu nehmen und auf Mehrwegflaschen zu setzen.
Textdokumentation der Protestmail
Franz Pröls, Mitglied der Geschäftsleitung Netto Marken-Discount AG & Co. KG
Armin Rehberg, Rewe-Group Vorstand Discount
Sehr geehrter Herr Pröls, sehr geehrter Herr Rehberg,
seit Anfang Juni haben Sie wieder verstärkt Getränkedosen in Ihr Sortiment aufgenommen. Nach Ihren Angaben sei dies Wunsch der Kunden. Das bezweifle ich.
Ihre Werbebehauptungen zur Umweltfreundlichkeit der Getränkedosen sind eine gezielte Täuschung der Verbraucher. Die Dose ist und bleibt mit Abstand die umweltschädlichste Verpackung. Selbst das Bundesumweltamt empfiehlt den Verbrauchern, einen „großen Bogen“ um die Büchse zu machen. Ihre Angaben zur vermeintlich sehr guten Ökobilanz der Dose stelle ich in Frage. Die von Beverage Can Makers Europe zitierte Studie des IFEU-Instituts für Energie- und Umweltforschung zeigt offensichtliche Vorgaben für die anzuwendenden Daten, Annahmen und Abgrenzungen, die realitätsfremd und dosenfreundlich waren. Auf diese Weise wurde das Bild gezielt zugunsten der Dosen geschönt. Das ist unseriös und inakzeptabel.
Getränkedosen werden aus Aluminium und Weißblech hergestellt. Der Bauxit- und Eisenerzabbau ist extrem umweltschädlich. Die beiden Rohstoffe werden zum Beispiel mitten im Amazonasregenwald und in indigenen Schutzgebieten abgebaut. Der Regenwald muss dafür weichen. Zudem verschlingt die Gewinnung von Weißblech und Aluminium Unmengen an Energie. Das Eisenerz wird in Brasilien vor allem mit Holzkohle verhüttet. Um eine Tonne Rohaluminium zu produzieren, sind 14.000 Kilowattstunden Strom nötig. Erzeugt wird die Elektrizität durch große Wasserkraftwerke. Die riesigen Dämme und Stauseen sind ein immenser Eingriff in das Ökosystem. Ganze Regenwaldgebiete verschwinden unwiederbringlich in dem Fluten, indigene Völker werden von ihrem angestammten Gebiet vertrieben.
Je mehr Dosen in Penny- und Netto-Filialen verkauft werden, desto mehr Regenwald wird vernichtet. Daran können auch die positiven Prognosen hoher Recyclingquoten nichts ändern.
Ich rufe Sie deshalb dazu auf, die Getränkedosen wieder aus Ihrem Sortiment zu nehmen und auf Mehrwegflaschen zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen