Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald hat eine neue Studie veröffentlicht: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. In ihr wird untersucht, wie korruptive Geschäfte über Hermesbürgschaften abgesichert werden. Etwa indem Bestechungsgelder in Form von Beratungshonoraren in Deckung genommen, oder Projekte abgesichert werden, die durch Bestechung zustande gekommen sind.
„Die Informationspolitik der Bundesregierung gerade zu einzelnen Projekten ist überaus restriktiv“, erklärt Kai Schäfer, Autor der Studie. „Trotzdem haben wir einige korruptive Projekte identifiziert, bei denen eine Hermesabdeckung sehr wahrscheinlich oder sicher ist.“ Zu diesen gehören Gasgeschäfte von MAN Turbo in Kasachstan, ein Fall, in dem die Staatsanwaltschaft München im Dezember 2009 Anklage gegen einen früheren Vorstandschef wegen Bestechung ausländischer Amtsträger erhoben hat. Hinzu kommen Siemens-Geschäfte im Kraftwerksbereich, sowohl in Israel als auch in der Dominikanischen Republik, gegen die Korruptionsvorwürfe erhoben wurden. Im Fall ThyssenKrupp wurden mit Hermesdeckung Korvetten nach Südafrika geliefert. Der Waffendeal hat in Südafrika wegen der Zahlung von Bestechungsgeldern in Millionenhöhe jahrelang die Gerichte beschäftigt.
MAN, Siemens und ThyssenKrupp sind gute Hermeskunden: Sie zählen zu den Top 10 Unternehmen, die fast drei Viertel der Exportgarantien auf sich versammeln. Schon auf die drei Hauptprofiteure Siemens, Airbus und den Anlagenbauer SMS entfällt fast die Hälfte des Bürgschaftsvolumens. „Das Wirtschaftsministerium betont immer die Bedeutung von Hermesbürgschaften für kleine und mittlere Unternehmen, tatsächlich jedoch profitieren vor allem wenige große Unternehmen von dem Instrument. Viele von ihnen verlagern zudem einen Großteil ihrer Arbeitsplätze ins Ausland“, erläutert Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald.
„Uns überraschen die Korruptionsprobleme bei Hermes nicht“, fährt Schücking fort. Sie zitiert den „Anti-Bestechungsindex“, den die gewerkschaftliche Antikorruptionsorganisation UNICORN erstellt hat. „Dort landet Hermes gemeinsam mit Mexiko auf Platz 27 von 31 untersuchten Exportkreditagenturen. Kein Wunder, denn in Deutschland können Provisionszahlungen an lokale Agenten mit gedeckt werden. Über diese Zahlungen wird die Bestechung meist abgewickelt.“
Schücking sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf für die Bundesregierung, mit der Korruptionsbekämpfung ernst zu machen: „Korruption verschlechtert die Qualität von Projekten und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, dass ein Geschäft zum Schadensfall wird. In Fällen nachgewiesener Korruption sind Bürgschaftsverträge jedoch nichtig, deshalb sollte der Bund unseres Erachtens prüfen, ob in den von uns genannten sowie weiteren Fällen gezahlte Entschädigung zurückgefordert werden muss.“
Urgewald schließt die Studie mit Handlungsvorschlägen wie Korruption wirksam bekämpft werden könnte, wozu eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle und Transparenz von Hermesbürgschaften ebenso gehört wie korruptionsspezifische Reformen der Antrags-, Prüfungs- und Kontrollverfahren bei Hermes.
Hermesbürgschaften werden Unternehmen gewährt, um diese in so genannten ‚schwierigen Märkten’, besonders Entwicklungs- und Schwellenländern, gegen die Zahlungsunfähigkeit lokaler Besteller abzusichern.
Die Studie kann unter folgendem Link herunter geladen werden: http://www.urgewald.de/