Ratsfraktion Direkte Demokratie
Große Anfrage für die Ratsversammlung am 17. März 2011 – Drucksache 0166/2011
Änderung des Bebauungsplans Nr. 755 Grünfläche Hasenholz (Gaarden-Süd/Vieburg, zwischen Holunderbusch und Krummbogen)
1. Einige wenige der AnwohnerInnen des Hasenholzes erfuhren von den Bebauungsplänen durch ein Schreiben der Stadt, in dem ihre Verkaufsabsichten für Teile ihrer Grundstücke abgefragt wurden. Hält die Landeshauptstadt dieses Vorgehen für geeignet, um bei den Bürgerinnen und Bürgern mehr Begeisterung für Kommunales zu wecken?
2. Bei einer gemeinsamen Ortsbesichtigung im Hasenholz im Sommer 2010 begründete Bürgermeister Todeskino die Bebauungsabsicht mit der Notwendigkeit für die Landeshauptstadt Kiel Geldeinnahmen zu erzielen, um Kindergartenplätze zu bauen. Teilt die LH Kiel unsere Ansicht, dass es den von BM Todeskino suggerierten direkten Zusammenhang nicht gibt?
3. Am 9.7.2009 formuliert OB Albig vor der RV: Auch der Verkauf des kaum noch vorhandenen Tafelsilbers wird uns strukturell nicht weiterbringen. Denn die kurzzeitige Finanzspritze ist zwar bei der Schuldentilgung hilfreich. Unsere Schieflage in Sachen Ausgaben/Einnahmen bringt sie jedoch nicht ins Gleichgewicht zurück und wird in wenigen Jahren auf den alten Wert zurückkommen. Teilt die LH Kiel diese Ansicht?
4. Die potentiell mit der Hasenholzbebauung zu erzielenden Einnahmen sind für die Stadt u.E. angesichts des riesigen Schuldenbergs der LH Kiel marginal. Teilt die LH Kiel unsere Bewertung?
5. Wieviele Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern sind im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Landeshauptstadt eingegangen?
6. Wieviele der Eingaben haben sich gegen eine Bebauung ausgesprochen, wieviele gaben Anregungen für eine Bebauung?
7. Auf der Sitzung des Ortsbeirates Hassee/Vieburg am 11.01.2011, die eigentlich genutzt werden sollte, um die Vorstellungen der AnwohnerInnen zu diskutieren, wurde diese vom Ortsbeirat umfunktioniert, in dem er wesentlich Zeit dafür verwendete, Argumente für eine Bebbauung darzustellen. Empfindet die Landeshauptstadt dieses Vorgehen als vorteilhaft für die Bindung von BürgerInnen und Stadt?
8. Der Ortsbeirat wurde von den AnwohnerInnen gebeten, die Position der AnwohnerInnen gegenüber Bauausschuss und anderen städtischen Gremien darzustellen. Der Vorsitzendes des OBR, Herr Mallkowsky (SPD) weigerte sich diesem Wunsch nachzukommen ohne das es Widerspruch von Seiten der anderen anwesenden OBR-Mitglieder gab (SPD, GRÜNE, CDU, LINKE). In der GeschO der Kieler OBR heisst es dazu: Sie sollen das Interesse der Bürgerinnen/Bürger für die ortsteilbezogenen Aufgaben wecken, Anregungen aufgreifen und selber Anregungen geben. Sie sollen aber auch die Verbindung der Bürgerinnen/Bürger zu ihrer Stadt stärken. Ihre Stellung gleicht einer Schaltstelle zwischen Bürgerinnen/Bürger und Stadt. Die Ortsbeiräte wecken und organisieren die Initiative der Bürgerinnen/Bürger und bringen die örtlichen Probleme in Ausschüssen, Ratsversammlung und Verwaltung zur Sprache. Ist die Weigerung des OBR-Vorsitzenden mit der Aufgabenstellung der Ortsbeiräte wie sie von der Gemeindeordnung, der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung der OBR definiert ist, vereinbar?
9. In einem Schreiben von Ratsherr Hanns (SPD) an die baupolitischen Sprecher u.a. heisst es: Zwei Jugendliche haben bezüglich der geplanten Änderungen im Bebauungsplan Nr. 155 -„Hasenholz“ ihre Sicht der Kinder- und Jugendkommission zur Kenntnis gebracht. Eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist zwar rechtlich nicht zwingend, aus unserer Sicht aber dringend geboten, da die besagte Fläche u.U. intensiv von Kindern genutzt worden ist und weiterhin genutzt
wird. Wir sehen darin einen Widerspruch zu § 47f der Gemeindeordnung in dem es heißt: Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
(1)Die Gemeinde muss bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen. Hierzu muss die Gemeinde über die Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner nach den §§ 16 a bis 16 f hinaus geeignete Verfahren entwickeln.
(2)Bei der Durchführung von Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, muss die Gemeinde in geeigneter Weise darlegen, wie sie diese Interessen berücksichtigt und die Beteiligung nach Absatz 1 durchgeführt hat.
Teilt die LH Kiel unsere Einschätzung, dass die rechtliche Bewertung von RH Hanns falsch ist? Wenn nein: Warum nicht?
10. Das o.a. Schreiben von RH Hanns erweckt den Eindruck, als wenn ein informelles Gespräch von seiner Seite als Kinder- und Jugendbeteiligung gewertet wird. Teilt die Landeshauptstadt Kiel unsere Rechtsauffassung, dass ein derartiges Vorgehen nicht der Gemeindeordnung entspräche (siehe dazu auch die unsere Auffassung unterstützende Darlegung bei Bracker, Dehn: Kommentar zur Gemeindeordnung, 7. Auflage, 2009)?
11. Teilt die Landeshauptstadt Kiel unsere Rechtsauffassung, dass es zur Durchführung einer der Gemeindeordnung entsprechenden Kinder- und Jugendbeteiligung eines Beschlusses der Ratsversammlung über die Art des Verfahrens bedarf, wie es auch der o.a. Kommentar zur GO als zwingend empfiehlt?
12. Teilt die LH Kiel unsere Rechtsauffassung, dass ein Fehlen einer Kinder- und Jugendbeteiligung ein Verstoss gegen die UN-Kinderrechtskonvention ist? Wenn nein: Warum nicht?
13. Teilt die LH Kiel unsere Auffassung, dass es sich beim Hasenholz nicht um eine Baulücke handelt sondern um eine Parkanlage mit Spielfläche, die im qualifizierten B-Plan Nr. 755 ausgewiesen ist und auch so genutzt wird?
14. Warum wurde das Bauleitplanverfahren zum Hasenholz eingeleitet, obwohl sie nicht im aktuellen NFK Baulandbericht als Potentialfläche identifiziert ist?
15. Wer hat das Hasenholz ins Gespräch für eine mögliche Bebauung gebracht?
16. Wenn die Baulandnot in Kiel so gross ist: Warum wird die Erschließung von Krummbogen 82 seitens der Stadt nicht zügig vorangetrieben?
17. Nach dem in seiner Pauschalheit unseres Erachtens umweltschädlichen (Zerstörung Biotopverbund u.a.) Nachverdichtungskonzepts der LH Kiel soll einer Innenentwicklung (Baulückenaktivierung) vor der weiteren Erschließung neuer Bauflächen im Außenbereich der Vorzug gegeben werden. Wie beurteilt die LH Kiel vor diesem Hintergrund die geplante Bebauung des Grüffkamp in Friedrichsort (Eingriff in den Landschaftsschutz u.a.)?
18. Die geplante Bebauung einer städtischen Grünfläche erscheint gerade vor dem Hintergrund der Leit- und Entwicklungsziele, die sich die Stadt Kiel selbst für die Zukunft gesetzt hat, kontraproduktiv. In der Einleitung zum INSEKK 2010 (Integriertes Stadtentwicklungskonzept Kiel, 2010) heißt es: Die Landeshauptstadt Kiel soll danach eine soziale und kinderfreundliche wie auch kreative Klimaschutzstadt sein. Die Stadtentwicklung ist daher zwingend anzupassen. Teilt die LH Kiel unsere Auffassung, dass die geplante Bebbauung den o.a. Zielen zuwiderläuft?
19. Die Landeshauptstadt Kiel strebt an, unter- und ungenutzte Flächen des Innenbereiches vor Flächen des Außenbereiches vorrangig baulich zu mobilisieren (Flächenrecycling und Ressourcenschutz unter Berücksichtigung der naturräumlichen Gegebenheiten) (INSEKK 2010, S. 6) Zur Zeit besteht allgemein kein Bedarf an der Ausweisung neuer Wohnbauflächen. Dringend erforderlich ist jedoch die Aktivierung vorhandener Wohnbauflächen im innerstädtischen bzw. innenstadtnahen Bereich. (INSEKK 2010, S. 76). Teilt die LH Kiel die Ansicht, dass es sich beim Hasenholz nicht um eine schon vorhandene Wohnbaufläche handelt?
20. Wir zitieren aus dem INSEKK-Entwurf: Unter Berücksichtigung der Bevölkerungsprognose und der aktuellen Markt- und Haushaltsentwicklungen wird sich bis zum Jahr 2012 kein nennenswerter Engpass auf dem Wohnungsmarkt ergeben. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich bis zum Jahr 2020 ein zusätzlicher Neubaubedarf von rund 6.600 Wohneinheiten. Der vom Innenministerium Schleswig-Holstein im Entwurf zum Landesentwicklungsplan vorgelegte Wohnungsneubaubedarf für die Landeshauptstadt Kiel wird sogar mit 9.600 Wohneinheiten taxiert. Darin ist lediglich ein Neubedarf (durch mehr Haushalte) von 1.900 Wohneinheiten enthalten. Der weitere Bedarf von 6.390 Wohneinheiten ist reiner Ersatzbedarf. Dieser Bedarf wird vorrangig im Bestand gedeckt. Zusätzlich wird ein Bedarf von 1.310 Wohneinheiten als Fluktuationsreserve angesetzt. (INSEKK 2010, S. 75). Die IG Hasenholz merkt dazu an: Das bedeutet, es ergibt sich ein Bedarf an Neubauflächen für lediglich 1.900 Einheiten, da der überwiegende Rest im Bestand (d.h. Neubau auf bereits oder vormals genutzten Flächen, Modernisierung, etc.) gedeckt werden kann. Nach anderer Schätzung (NFK Baulandbericht 2010, Drucks.-Nr. 1079/2010) ergibt sich ein Bedarf von etwa 2500 WE basierend auf einem aus dem 10-jährigen Mittel extrapolierten zukünftigen Bauvolumen von 250 WE jährlich. Demgegenüber stehen Baulandflächen für aktuell 5.000 Einheiten nach INSEKK oder nach anderen Schätzungen (proaktiv.de, ‚Bauen in Kiel’) sogar 6.000 Wohneinheiten: „Aktuell stehen den Bedarfen rein rechnerisch ausreichend Baulandflächenpotentiale für rund 5.000 Wohneinheiten gegenüber.“ (INSEKK 2010, S. 75 f). Hinzu kommt noch ein Wohnungsleerstand von über 2.200 Wohnungen (längerfristig), der fluktuationsbedingte Wohnungsleerstand (2%, entsprechend über 2.600) nicht mit einberechnet (INSEKK 2010, S. 77). Es bleibt festzuhalten, dass bis auf absehbare Zeit (2020) kein Engpass auf dem Wohnbaumarkt bestehen wird und daher auch keine zusätzlichen neuen Wohnbauflächen ausgewiesen werden müssen. Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass die Einwohnerzahl in Kiel 1995 bereits schon bei über 242.000 lag, aktuell aber nur bei über 235.000 (Kieler Sozialbericht 2010, S. 13). Der in den letzten Jahren verzeichnete Anstieg ist vor allem auf Zuwächse bei den Studierenden zurückzuführen (Studiengebührenfreiheit in Kiel!). Es ist ungewiss, ob dieser Zuwachs bei den gemeldeten Einwohnern mit Erstwohnungssitz in Kiel überhaupt auch zu einem weiter steigenden Bedarf an Bauflächen führt, da die meisten Personen nach Abschluss des Studiums nicht in der Stadt dauerhaft ansässig werden. GEWOS schreibt dazu: Zuzüge nach Kiel fanden in den letzten Jahren zu einem erheblichen Teil durch Studierende statt. Wenn es der Stadt Kiel gelingt, diese Haushalte langfristig an Kiel zu binden, besteht auch hier ein Potenzial für einen Bevölkerungsanstieg. Als Starterhaushalte fragen diese Gruppen neben Zimmern in Wohnheimen vor allem günstigen Wohnraum in zentralen bzw. nahe zur Universität bzw. Fachhochschule gelegenen Stadtteilen nach. (GEWOS 2007, S. 14). Teilt die LH Kiel die von der IG Hasenholz gefertigte Interpretation der Wohnungsmarktzahlen? Wenn nein: Wo hat die LH Kiel andere Interpretationsansätze?
21. Die Interessengemeinschaft Hasenholz stellt in ihrer Stellungnahme zu Sozialstruktur der Bevölkerung und „Schaffung von zusätzlichen nachfragegerechten Wohnungsangeboten“ dar:
Im aktuellen Sozialbericht findet sich der Hinweis, dass die Einpersonenhaushalte stark zunehmen und aktuell knapp 55% aller Haushalte ausmachen. (Sozialbericht 2010, S. 17).
Aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung ist mit einem weiteren Anstieg der Haushaltszahlen, insbesondere der Einpersonenhaushalte, zu rechnen. (INSEKK 2010, S. 13).
Der Neubau im Geschosswohnungsbau hat in den letzten Jahren deutlich zugunsten des Ein- und Zweifamilienhäuser nachgelassen. Unter Berücksichtigung der Arbeitsmarkt- und Einkommensentwicklungen der Bevölkerung muss in den nächsten Jahren Mietwohnungsbau wieder stärker in den Fokus genommen werden. (Sozialbericht 2010, S. 97)
Speziell für Gaarden-Süd macht das GEWOS-Gutachten zum Kieler Wohnungsmarkt folgende Handlungsempfehlungen: – Nachfragegerechte Bestandsanpassung im Mietwohnungssegment für die Zielgruppen Senioren und Familien (GEWOS, Kieler Wohnungsmarktkonzept, Teil 2, 2007, S. 48)
Das geplante Vorhaben im Hasenholz wird hier also keine bedarfsgerechten neuen Kapazitäten bereitstellen können. Es entspricht somit also nicht der vorrangigen Entwicklungsplanung. Teilt die LH Kiel diese Einschätzung. Wenn nein – warum nicht?
22. Die AnwohnerInnen des Hasenholzes formulieren in ihrem Schreiben an Bauauschuss und andere städtische Gremien zum Leitziel „Kinder- und familienfreundlichste Stadt werden“: Unsere Siedlung ist gerade wegen ihrer offenen Struktur mit großen Gärten für junge Familien attraktiv. Es gibt jedoch nur (noch) wenige öffentliche Freiflächen. Die Attraktivität kann daher nur erhalten und gesteigert werden, indem man Freiräume schafft und insbesondere bestehende Spielflächen für Kinder und Jugendliche erhält, statt sie zu bebauen. Das GEWOS-Gutachten stellt den Anspruch kinder- und familienfreundlichste Stadt zu werden als eines der vorrangigen Leitziele bzw. sogar als strategisches Oberziel heraus. Dies hat die Stadt auch in ihr Integriertes Stadtentwicklungskonzept übernommen. Da unser Siedlungsgebiet mit Spielplätzen oder anderen Freiflächen, die sich zum Spielen und Toben eignen, nicht gerade reich gesegnet ist, sollten alle bestehenden Flächen – und die Hasenholz-Fläche ist die letzte verbliebene in einem weiten Umkreis – erhalten bleiben! Man muss hier nur die städtischen Entwicklungsziele zitieren, und sofort wird klar, dass sich eine Bebauung verbietet:
„Viele Stadtteile Kiels bieten gerade in peripherer Lage ein sicheres, naturnahes und damit zumeist auch kinderfreundliches Wohnumfeld. In dicht bebauten innerstädtischen Stadtteilen ist das Wohnumfeld auch wegen des Verkehrsaufkommens für Kinder eher unsicher und oftmals kein wertvoller Erfahrungsraum. Adäquate Freiflächen und Kinderspielplätze sowie baulich erzeugte Verkehrssicherheit tragen jedoch zum kinderfreundlichen Wohnumfeld bei.“ (GEWOS 2007, S. 8 ) „Um den Bewegungsdrang von Kindern zu fördern, sind ihnen Gelegenheiten zum Spielen im Freien anzubieten, um ihre körperlichen, geistigen und seelischen Fähigkeiten zu entwickeln. Dazu sind Flächen für Spiele im Freien (Spiel- und Bolzplätze) anzulegen, auszustatten und zu unterhalten.“ (INSEKK 2010, S. 28 f)
„Im Sinne einer integrierten Stadtentwicklung sind neben den öffentlichen Spielplätzen auch sämtliche Flächen im Wohnumfeld, im Quartier, im Stadtteil und in der Stadt bei Planungen mit einzubeziehen.“ „Freiraum- und Spielraumplanung sind Grundlage für eine kinder- und familienfreundliche Stadtentwicklung.“ (INSEKK 2010, S. 29)
Zusätzlich werden als Handlungsschwerpunkte benannt:
“-Erholungs- und Spielflächen quartiersnah bereitstellen
– Kinder, Jugendliche und Familien an Planungsprozessen intensiver beteiligen.“ (INSEKK 2010, S.30)
Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass die geplante Bebauung den skizzierten Zielen rund um die Kinderfreundlichkeit zuwiderläuft?
23. Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass eine Bebauung die Spiel- und Erlebnismöglichkeiten der jetzt real existierenden Kinder einschränkt?
24. Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass eine Prognose um das Alter und die Anzahl der Kinder zukünftiger potentieller BewohnerInnen rein spekulativ ist?
25. Hat die LH Kiel rechtliche Möglichkeiten den Zuzug von kinderreichen Familien sicherzustellen?
26. Die Interessengemeinschaft Hasenholz formuliert zur Altersstruktur des Wohngebietes: Die Siedlung weist bereits eine sehr ausgewogene Mischung aus Jung und Alt auf. Freiwerdende Häuser werden kontinuierlich durch junge Familien bezogen, so dass ein stetiger Verjüngungsprozess stattfindet. Natürlich findet sich hier nicht der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen, wie er für ein Neubaugebiet anfänglich charakteristisch ist. Aber gerade, vor der Tatsache, dass es sich hier um ein eingewachsenes Gebiet handelt (Häuser aus den 30er Jahren, teilweise älter), verzeichnet die Siedlung einen relativ hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen. Ein statistisch erhöhter Anteil an älteren Bewohnern leitet sich aus dem Vorhandensein von mehreren Seniorenheimen im Stadtteil her. Es besteht also keine Notwendigkeit, hier in irgendeiner Weise von Seiten der Stadt Kiel steuernd einzugreifen. Wichtiger als weiteren Wohnraum zu erstellen wäre, die Attraktivität des Wohnumfeldes durch einen entsprechenden Erhalt von Frei- und Erholungsflächen zu steigern (siehe auch folgend). Außerdem stehen im Bereich andere, geeignetere Flächen zur Erweiterung des Wohnraumangebotes zur Verfügung (Krummbogen 82). Teilt die LH die Auffassung, dass eine Wohnbebauung des Hasenholzes keine signifikante Auswirkung auf die Altersstruktur des Quartieres haben wird? Wenn nein: Warum nicht?
27. Aus der Stellungnahme der IG Hasenholz zum Leitziel Attraktiver Wohnstandort für Senioren/-innen werden: Das von der Stadt identifizierte Leitziel „Attraktiver Wohnstandort für Senioren/-innen werden“ (GEWOS 2007, S. 10 ff), wird durch eine hier geplante Bebauung nicht unterstützt. Im Gegenteil, es würde eine Fläche für die sogenannte quartiersnahe Erholung wegfallen. Die zur Zeit noch im oberen Bereich der Grünfläche vorhandenen Sitzbänke würden Ihre Funktion vollständig verlieren. Bereits jetzt ist die Situation alles andere als ideal, denn wer sitzt schon gerne an einem Wendehammer. Hier sollte das vorhandene Potential genutzt werden und die Fläche, zumindest in Teilen wieder besser als Erholungsraum nutzbar gemacht werden („Schaffung eines attraktiven Wohnumfeldes für Senioren“ GEWOS 2007, S. 12) . Die BewohnerInnen der anliegenden SeniorInnenheime machen sich sehr eindeutig für den Erhalt des Hasenholzes stark. Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass eine Wohnbebauung die Lebensqualität der vielen SeniorInnen in den naheliegenden Wohnheimen verschlechtern würde. Wenn nein: Warum nicht?
28. Teilt die LH Kiel unsere Auffassung, dass für das Ziel „Klimaschutzstadt“ eine wesentlicher Faktor der Anteil der versiegelten Fläche der LH ist?
29. Wenn Klimaschutz besonders auch Bodenschutz ist und Schutz insbesondere von Brachflächen und Flächen, die extensiver Nutzung unterliegen: Warum sind der Stadtverwaltung Zahlen zur Entwicklung der Versiegelung nicht bekannt (gewesen), was die lange Dauer der Bearbeitung unserer Kleinen Anfrage (Drucksache 0021/2011) nahelegt?
30. Sieht sich die LH Kiel ohne Kenntnis dieses Zahlenmaterials überhaupt in der Lage qualitative und quantitative Aussagen zum Klimaschutz in Kiel zu treffen?
31. Teilt die LH Kiel unsere Auffassung, dass die Nichtberücksichtigung der Versiegelung in der LH bei Klimaschutz- und Biodiversitätskonzepten zwangsweise zu einer großen Fehlerbehaftung selbiger führen muss? Wenn nein: Warum nicht?
32. Zum Freiräumlichen Leitbild führt die Interessengemeinschaft Hasenholz aus: Hier nennen das Freiräumliche Leitbild Kiel und Umland wie auch das INSEKK gleich mehrere Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt. (…)
Grundsätzlich soll das bestehende „…Freiraumsystem erhalten bleiben und möglichst nach und nach durch weitere Flächen verstärkt und entwickelt werden. Auch die Verdichtung des Netzes für den Biotopverbund soll … weiter verfolgt werden. Das Freiräumliche Leitbild Kiel und Umland wird bei allen Planungen und Vorhaben der beteiligten Gemeinden berücksichtigt.“ (INSEKK 2010, S. 46)
„Die wichtigsten Freiflächen für die Erholung sind in Kiel relativ gleichmäßig über die Stadt verteilt. …..Der Landschaftsplan stellt aber auch Wohnbereiche dar, die nicht ausreichend mit erholungsrelevanten Grünflächen ausgestattet sind. Diese befinden sich im Bereich Ravensberg, Blücherplatz, Brunswik, im Bereich Vorstadt und Südfriedhof. Kleinere Defizitbereiche sind im Bereich Friedrichsort, Holtenau, Steenbek-Projensdorf, Suchsdorf, Hassee, Gaarden-Süd und Kronsburg….
Zukünftig gilt es, die im Landschaftsplan identifizierten Flächen zur Verbesserung des Wohnumfeldes und der Freiflächen zu entwickeln.“ (INSEKK 2010, S. 46 f)
„Die Umsetzung des Freiräumlichen Leitbildes dient daher
– zur Funktionserfüllung von Freiräumen als
– nutzbarer Erholungsraum
– Aktionsfläche und sozialer Treffpunkt
– Orientierungspunkte im städtischen Gefüge
– wichtiger Bestandteil des Stadtökosystems und damit gesundheits- und wohlfahrtsfördernd“
(Freiräumliches Leitbild, 2007, S. 7)
Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass alle diese Aspekte von der betroffenen Fläche abgedeckt werden? Wenn nein: warum nicht?
33. Wieso will die LH Kiel in einem Gebiet (Gaarden-Süd) eine Erholungs- und Freizeitfläche bebauen, wenn sie gleichzeitig ein Defizit solcher Grünflächen für den Stadtteil feststellt?
34. Zum Aspekt ‚Erholung und Spiel’ heisst es im Freiräumlichen Leitbild: „Die Flächen des Freiräumlichen Leitbildes Kiel und Umland sind ein Angebot für die Menschen und Besucher der Region Kiel, sich zu erholen oder auch sich auf grünen Wegen auf Spurensuche zu begeben. Dabei spielen großflächige Landschafts(bild)räume und Kulturlandschaften ebenso eine Rolle wie versteckte Kleinode und Flächen für aktive Erholung und Spiel.“ (Freir. Leitbild, 2007, S. 43)
„Die regionalen Landschaftsbereiche werden durch kleinteiligere Elemente, die aus der kommunalen Landschaftsplanung hervorgehen, verknüpft. Hierzu zählen.
– allgemeine Grün- und Freiflächen (z.B. Parkanlagen, grünbestimmte Plätze, Strand, Friedhof,
Kleingärten, Sport-, Spiel- und Bolzplatz, Freibad, Wildgehege, Seen und Teiche über 500 m2,
Sportboothafen, Naturerlebnisraum, Dorfplatz)
– Plätze, Wegeflächen
– Flächen mit Bedeutung für das Landschaftsbild
– Wald
….Kleinere, auch isoliert liegende Flächen, z.B. für die quartiersbezogene Erholung oder Spielplätze, werden ebenfalls dargestellt, da sie von erheblicher Bedeutung für die Erholung sind.“ (Freir. Leitbild, 2007, S. 45) .
Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass das Hasenholz eine besondere Rolle für aktive Erholung und Spiel hat? Wenn nein: Warum nicht?
35. Aus der Stellungnahme der Interessengemeinschaft Hasenholz zum Aspekt ‚Schutz des Lokalklimas’ und ‚nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen’ :
Gemäß INSEKK wird gefordert: „Frühzeitige Berücksichtigung vorhandener/potenzieller Flächen für die Umweltvorsorge und
Biotopverbund“ (INSEKK 2010, S. 49)
„Sparsamer Landschaftsverbrauch bei der zukünftigen Stadtentwicklung“ (INSEKK 2010, S. 50)
Zur Abmilderung bioklimatischer Belastungen sind u.a. folgende Maßnahmen vorgesehen:
„- Bereiche mit Ausgleichsfunktion (Parkanlagen, Waldflächen, Wasserflächen, landwirtschaftliche
Nutzflächen) sind zu erhalten. Luftleitbahnen dürfen nicht verbaut werden
– Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen….
– Erhaltung größerer Parkflächen und des Grüngürtels im Übergangsbereich von freier Landschaft zur Stadt“ (INSEKK 2010, S. 42) .
Teilt die LH Kiel die Auffassung, dass eine Bebauung im Widerspruch zu den zitierten Formulierungen steht? Wenn nein: Warum nicht?
36. Zum Aspekt ‚Biotopschutz’ findet sich in der Stellungnahme der IG Hasenholz: Ebenso wie für die Erholung kommt der Fläche eine Bedeutung im Natur-, Landschafts- und Biotopschutz (Biotopverbundsystem) zu – die besagte Fläche liegt zwischen dem Landschaftsschutzgebiet „Drachenseeniederung“ (LSG Drachensee, Russee und Umgebung, seit 2008) und dem geplanten Schutzgebiet „Vieburger Gehölze, Meimersdorfer Moor und Umgebung“. Die Fläche nimmt damit an dieser Stelle eine wichtige Trittsteinfunktion ein. Außerdem ist das Gebiet nicht isoliert zu sehen, sondern steht auch über die angrenzenden Gärten mit ihren durchlässigen Begrenzungen sowie über die wassergebundenen Wege mit den sich anschließenden großräumigeren Grünzügen in Verbindung.
„Im Themenplan Biotopverbund sind außerdem kleinere Flächen, die zum Teil isoliert liegen, dargestellt. Diese stehen zunächst nicht im Zusammenhang mit dem Verbundsystem, wurden aber von den Gemeinden als bedeutsam für den Biotopverbund angegeben. Sie sollten als Trittsteine potentieller Ergänzungen im Verbundsystem gesehen und behandelt werden.“ (Freir. Leitbild, 2007, S.14)
Regelmäßige Wanderbewegungen von Amphibien durch unsere angrenzenden Gärten in das und aus dem Gebiet, das Vorkommen einer Vielzahl von Singvogelarten, sei es brütend oder zur Nahrungssuche (darunter seltene und teilweise in Bestand bedrohte Arten wie Grün-, und Schwarzspecht, Gartenrotschwanz, Trauerschnäpper, diverse Grasmückenarten, etc.), Fledermäuse, Igel und andere Kleinsäuger bis hin zu einer großen Bandbreite an Insekten zeugen von der hohen ökologischen Qualität der Fläche. Sollte die Stadt tatsächlich die B-Planänderung trotz aller entgegenstehender Fakten vorantreiben wollen, so wäre hier eine eingehende gutachterliche Untersuchung (Kartierung) inklusive Umweltbericht (gem. § 2 Abs. 4 BauGB) dringend angezeigt.
Teilt die LH die Auffassung, dass eine gutachterliche Untersuchung inkl. Umweltbericht gesetzlich zwingend erforderlich wäre, wenn das Bebauungsplanverfahren fortgesetzt würde? Wenn nein: Warum nicht?
37. Sieht das LH Kiel Möglichkeiten ökologisch wertvolle Flächen wie das Hasenholz oder an der Hörn vor einem Zugriff durch Bebauung zu schützen und damit der weiteren Artenverarmung in der Landeshauptstadt entgegenzuwirken? Wenn nein: Warum nicht?
38. Sieht die Landeshauptstadt Kiel in einer möglichen Bebauung des Hasenholzes einen Verstoss gegen die Biodiversitäts-Erklärung, die von BM Todeskino für die LH gezeichnet wurde? Wenn nein: Warum nicht?
39. Ist der LH Kiel das Konzept der zukünftigen Entwicklung und Nutzung der Fläche am Hasenholz der Interessengemeinschaft Hasenholz bekannt, das nachfolgend verkürzt wiedergegeben wird? Wir Anwohner sprechen uns für eine naturnahe Entwicklung der Fläche aus (z.B. als Streuobstwiese mit Trockenrasenanteilen, unter Einbeziehung des vorhandenen alten Baumbestandes), um sie wieder für alle nutzbar zu machen. Sowohl als Spielfläche für kleinere Kinder und Kinder im schulpflichtigen Alter, wie auch als öffentlicher Begegnungsraum für ältere Anwohner, und insbesondere auch z.B. für Bewohner aus den nahegelegenen Seniorenheimen, die diese fußläufig und barrierefrei gut zu erreichende kleine Parkanlage als Erholungsraum nutzen könnten (siehe Anlage). Das Vieburger Gehölz ist für diese Personengruppen, sowohl für kleinere Kinder, nicht zuletzt auch wegen der ausgedehnten Hundeauslaufflächen, ebenso wie für ältere, unter Umständen in der Beweglichkeit beeinträchtigte Bürger nicht nutzbar.
Ein großer Teil der Anwohner ist gerne bereit, bei der Entwicklung der Fläche konstruktiv mitzuarbeiten und sich hier – sofern von Stadt und Grünflächenamt gewünscht – z.B. auf Basis von Patenschaften in die Betreuung der Fläche mit einzubringen. Viele Nachbarn können sich auch vorstellen, durch Spenden (Pflanzaktionen, Bänke, Anlage von Ruheecken, Nistkästen, Insektenhotels, u.a.) oder auch mit ihrer Arbeitskraft zur Wiederherstellung und positiven Entwicklung der Fläche beizutragen. Dabei möchte die Interessengemeinschaft Hasenholz auch mit den ortsansässigen Kindergärten, Tagesmüttern sowie den Seniorenheimen eng zusammenarbeiten, die ein starkes Interesse an der Nutzung bekundet haben. Die Stadt Kiel sollte diese einmalige Chance erkennen, dass hier generationsübergreifend etwas für die positive Stadtentwicklung getan werden kann und im Interesse der Bürger auch getan werden sollte.
40. Wie beurteilt die LH das Konzept im Hinblick auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit?
41. Welche Möglichkeiten sieht die LH die AnwohnerInnen des Hasenholzes bei ihrem bürgerschaftlichen Engagement zu unterstützen?
42. Inwieweit fühlt die LH sich der lokalen Agenda 21 bzw. der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet?
43. Wäre die vorhandene Suksessionsfläche nicht im Innenbereich sondern im Außenbereich würde sie gesetzlichen Schutz aufgrund ihrer hohen ökologischen Wertigkeit besitzen. Nur aufgrund ihres „falschen“ formalen Status besitzt sie diesen Schutz nicht.
Teilt die LH Kiel unsere Auffassung, dass zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen hier dringender Handlungsbedarf besteht, um Artenvielfalt und Lebensqualität für die LH zu erhalten auch im Innenbereich?
44. Bei der Fläche, die bebaut werden soll handelt es sich um eine Fläche, die planerisch als Boden mit besonderer Bedeutung für die Grundwasserneubildung klassifiziert ist.
Hat die LH als Ausgleich schon andere grundwasserbildende Flächen zur Entsiegelung ins Auge gefasst oder plant sie besondere Bauweisen von denen keinerlei Beeinträchtigung für die Grundwasserbildung ausgeht?
Ratsfraktion Direkte Demokratie
Gez.: Ratsfrau Ingrid Zimmermann
Gez.: Ratsherr Bernd Jenning
Quelle: Ratsfraktion Direkte Demokratie
Wie zu erwarten war hat Bürgermeister Todeskino („Grüne“) die Beantwortung der Fragen zur Märzsitzung der Ratsversammlung nicht geschafft. Wie schon im Bauausschuss, wo die Große Anfrage zum Gewerbegebiet Russeer Weg auf April verschoben wurde, ist Zeitmangel das Argument. Beim Russeeer Weg ist das besonders bedauerlich, weil dort durch Bautätigkeit ununterbrochen Sachzwänge geschaffen werden. Für das Hasenholz ist zu hoffen, dass die Verwaltung vor einer Beantwortung der Fragen und einer öffentlichen Diskussion in der Ratsversammlung das Bebauungsplanverfahren nicht weiter vorantreibt. Die Große Anfrage wird dann zur nächsten Ratsversammlung beantwortet werden – Mitte Mai 2011. Im April ist politisch in Kiel nämlich nichts los – die April-Ratsversammlung fällt aus.