Protestaktion von Rettet den Regenwald
Carmen ist Aktivistin von ANAIRC, einer Organisation, die sich für die Rechte erkrankter ehemaliger Zuckerrohrarbeiter einsetzt. ANAIRC vertritt zur Zeit 8000 Menschen, die an Niereninsuffizienz leiden. Sie haben alle auf den Plantagen der Grupo Pellas gearbeitet. Die Pellas Gruppe ist der größte Zuckerrohrproduzent Nicaraguas und der mächtigste Familienkonzern Zentralamerikas. Ein Geschäftszweig der über 50 Unternehmen der Pellas sind die Zuckerrohrplantagen der Nicaragua Sugar Estate Ltd.. In den Zuckerfabriken im Westen Nicaraguas hat Ethanol Zucker und Rum als wichtigste Exportprodukte abgelöst.
„Wir wussten gar nicht, wofür in den Fabriken soviel Ethanol hergestellt wird. Erst auf unserer Deutschlandreise und durch die ganzen Diskussionen um das E10 ist uns der Zusammenhang bewusst geworden“, sagt Carmen. Um die Nachfrage nach Biosprit in Europa und den USA zu decken, werden in Nicaragua immer größere Monokulturen von Zuckerrohr angepflanzt. Dafür werden große Flächen an Tropenwäldern abgeholzt. Die bisher 50.000 Hektar werden dann mit giftigen Pestiziden bearbeitet, um die Erträge zu steigern. Weder die Arbeiter noch die Umwelt werden vor den Giften geschützt.
Die Pestizide vergiften nicht nur die Arbeiter. Bis zu 90 Prozent der Brunnen im größeren Umkreis der Plantagen sind kontaminiert. Die Menschen dürften das Wasser nicht mehr zum Trinken, Kochen und Waschen benutzen. „Was sollen wir machen?“ fragt Carmen, „Um immer neues Wasser zu kaufen, fehlt den Menschen in der Region das Geld.“
Nach jahrelangem Kampf erhalten die vergifteten Arbeiter nun eine kleine Pension vom Staat, die aber nicht reicht, um den Kauf von Medikamenten und die Ernährung der Familie zu sichern. Die Pellas Gruppe lehnt jede Verantwortung für die kranken Arbeiter ab. In der Öffentlichkeit Nicaraguas wird der Skandal nicht diskutiert, da die Medien entweder der Pellas Familie gehören oder sich mit dieser nicht anlegen wollen.
Auf eine Entschädigung warten die ehemaligen Arbeiter bisher vergeblich. Doch die Aktivisten von ANAIRC geben nicht auf. Sie haben einen Protestmarsch von 160 Kilometern zur Filiale der Pellas Gruppe in Chinandega zurückgelegt und dort ein provisorisches Camp aufgebaut. „Wir bleiben so lange, bis das Unternehmen seiner Verantwortung nachkommt und unsere Rechte anerkennt“, meint Carmen kämpferisch.
Rettet den Regenwald möchte ANAIRC unterstützen – damit die Tropenwälder bestehen bleiben, die Zuckerrohrarbeiter eine Entschädigung erhalten und die Bevölkerung wieder Zugang zu sauberem Wasser und Nahrung bekommt.
Helfen Sie uns mit Ihrer Unterschrift! Fordern Sie von der Bundesregierung den Importstopp von „Bioethanol“ und von den Zuckerrohrkonzernen in Nicaragua, die erkrankten Arbeiter und ihre Familien zu entschädigen und keine giftigen Pestizide mehr einzusetzen.
Textdokumentation der Protest-E-Mail
An: Günther Oettinger, EU-Kommisar für Energie, B-1049 Brüssel (Belgien), +32(0)22982025
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin
Sehr geehrter Herr Oettinger, sehr geehrte Frau Merkel,
Volle Tanks – Kranke Arbeiter!
Erkrankte nicaraguanische Zuckerrohrarbeiter
fordern Stopp der Agrotreibstoff-Importe der EU aus Nicaragua!
In den letzten Jahren starben in Nicaragua über 4000 Zuckerrohrarbeiter an chronischem Nierenversagen. Tausende weitere Arbeiter sind erkrankt und arbeitsunfähig, ihrer Existenz beraubt. Die Vereinigung der von chronischer Niereninsuffizienz betroffenen Zuckerrohrarbeiter (ANAIRC) macht für die ungewöhnlich hohe Zahl von Erkrankungen und Todesfällen die extrem belastenden Arbeitsbedingungen und den jahrelangen Einsatz von Pestiziden verantwortlich. Die Zuckerbetriebe (Nicaragua Sugar Estates Ltd. und Pantaleon Sugar Holdings) weisen bisher jede Schuld für die Erkrankungen zurück, die erkrankten Arbeiter werden in der Regel einfach entlassen. Immer häufiger erkranken auch im Produktionsgebiet lebende Kinder und Jugendliche an Nierenversagen, denn auch sie sind oft von klein auf den negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen der Zuckerrohrproduktion ausgesetzt.
Besonders brisant werden diese Zusammenhänge vor dem Hintergrund des zunehmenden Imports von aus Zuckerrohr gewonnenem Ethanol – unter anderem auch aus Nicaragua. Die neue Beimischungsverordnung E10, die vielfach als klimapolitisch ineffizient, ökologisch problematisch und ernährungspolitisch katastrophal eingeschätzt wird, erhält eine neue Facette: Für Tausende von Arbeitern sind die Produktionsbedingungen tödlich.
Schon vor der Einführung des E10-Kraftstoffs wurden über 30 Prozent des Biosprits für die Beimischung nach Deutschland aus Ländern des Südens importiert. Mit der Erhöhung der Quote steigt vor allem der Anteil der Importe und damit auch die Gefahr von negativen Auswirkungen stark an. Die Zertifizierung von Agrotreibstoffen kann die Probleme nicht vermeiden. Der Anbau von Energiepflanzen verdrängt beispielsweise den Nahrungsmittelanbau, indirekt wird die Abholzung von Regenwäldern weiter angeheizt.
Agrotreibstoffe sind kein geeigneter Ersatz für Benzin und Diesel, denn ihre Produktion führt:
– zur Vertreibung der Bauernfamilien,
– zur Verteuerung und Verknappung von Nahrungsmitteln und
– zur Schädigung der Gesundheit von Menschen im Produktionsgebiet.
Kein Import von Agrotreibstoffen
Die bestehenden Zulassungskriterien für Agrotreibstoffe sind ungeeignet um Hunger, Umweltzerstörung und die Schädigung der im Umfeld der Produktionsgebiete lebenden Menschen zu verhindern. Menschen, die durch direkte und indirekte Folgen der Produktion von Biomasse für die Energiegewinnung gesundheitlich schwer geschädigt wurden, erhalten bislang keine angemessene Entschädigung. Angesichts der Exportabhängigkeit der Produzentenländer herrscht das Recht des wirtschaftlich Stärkeren.
Ich bitte die Bundesregierung einen Importstopp für Agrotreibstoffe zu verhängen!
Außerdem fordere ich von Nicaragua Sugar Estates Ltd. und Pantaleon Sugar Holdings:
– eine angemessene Entschädigung für Arbeitskräfte und die lokale Bevölkerung,
wenn sie selbst oder ihre Lebensgrundlagen durch die Zuckerrohrproduktion geschädigt wurden
– Maßnahmen zur Existenzsicherung für die Betroffenen und ihre Familien, die ihre
Existenzgrundlage durch Entlassung verloren haben.
– eine angemessene medizinische Behandlung für alle Geschädigten.
Mit freundlichen Grüßen,