Leserbrief an die KN von Dr. F. Liedl, Landschaftsarchitekt, Giekau–Fresendorf (9.3.)
Die Mehrheit der Kieler Stadtvertreter hält offensichtlich geradezu mit Verbissenheit an der Wasserrinne fest und erweist sich renitent gegenüber kritischer fachlicher Einschätzung wie auch Bürgerwünschen. Jegliche Alternativvorstellungen zu einer Aufwertung als Freiraumachse werden unter Verweis auf vor Jahren gemachte Stadtbeschlüsse abgewürgt. Mit den jetzt für die Grundausstattung des Projektes bezifferten über 11 Mio € könnte man im Bereich des Kleinen Kiels großräumig ein Wassererlebnis für die Bürger gestalten und zudem die Achse zum Bootshafen als benutzbaren Freiraum aufwerten – aber nein darüber darf offenbar nicht geredet werden.
Dafür werden falsche Annahmen beharrlich verbreitet:
1. Entstehung einer offenen Wasserverbindung zwischen Bootshafen und Kleinem Kiel mit Möglichkeit für Bootfahren als Wassererlebnis
Tatsächlich sind beim derzeitigen Kostenansatz die Verbindungen zum Kleinen Kiel und Bootshafen nicht Brücken sondern Betonrohre ohne Durchfahrtmöglichkeit.
2. Attraktives Wassererlebnis zur Aufwertung der Innenstadt
Tatsächlich entstünde ein 175 m langer 10 m breiter Brackwasserkanal zwischen Betonwänden. Zur Wasseraufbesserung und Durchströmung müssten am Ende noch energieaufwendige Turbinen eingebaut werden.
3. Besonnte hochwertige Aufenthaltsqualität
Tatsächlich kommt nachmittags die Sonne nicht über die Hausdächer auf der Westseite und bewirkt schon gar nicht von Licht durchflutetes blaues Wasser. Anstatt hochwertiger Gastronomie findet sich Fastfood mit entsprechendem Verpackungsmüll im Kanal.
4. Historische Wiederbelebung der Altstadteinfassung mit Wasser
Das unverbesserlich gehätschelte „Bambi der Stadtsentimentalisten“ entbehrt leider der Rahmenbedingungen, da in der Umgebung keine historische Bausubstanz angrenzt.
5. Großzügige Aufenthaltsstufen ans Wasser ähnlich Bootshafen
Tatsächlich ist hier kaum Raum für breite Stufen – wozu auch unten am Wasser sitzen, im Schatten und an schmuddeliger Brühe, um die wenige Meter gegenüberliegende Betonkante visuell zu erleben?
6. Blickbeziehungsachse zwischen Kleinem Kiel und Kieler Förde
Tatsächlich wahrnehmbar ist diese nur in Plandarstellung und Luftbild; in Augenhöhe schaut der Bürger an beiden Enden des Kanals buchstäblich in die hier geplante Röhre bzw. auf der Nordseite noch auf das ehemalige WC-Häuschen.
Immer wieder wird bei diesem 175 m- Projekt der lächerliche Vergleich als „Venedig des Nordens“ zitiert – wenn schon ein Vergleich dann besser vielleicht der eines „Bermudadreieck der Stadtfinanzen“.
Leserbrief zum Beitrag der KN Beim „Kiel-Kanal“ kommt die Politik nicht auf einen Nenner vom 8.3. 2012 und weitere Berichterstattung