Seit Jahren erregt die Neuausrichtung der Kieler Bäderlandschaft die Gemüter der Landeshauptstadt. Im Kern geht es um die Schließung der Lessinghalle, der Gaardener Schwimmhalle und des Sommerbades Katzheide und Ersatz durch ein alleskönnenedes Zentralbad. Eine große Koalition aus SPD, CDU, FDP, SSW, LINKEN und GRÜNEN will dies – gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchsetzen und hat bereits mit der Umsetzung begonnen: Die Lessinghalle ist bereits geschlossen. Jetzt läuft die Öffentlichkeitsbeteiligung für Bebauungsplan Nr. 871 Sport- und Freizeitbad. Bitte schreiben Sie bis zum 12.7.2012 eine Anregung an die Landeshauptstadt Kiel um dieses unökologische, unsoziale und teure Projekt zu verhindern. Im Anhang finden Sie zwei PDF-Dateien, die sie nur ausfüllen und abschicken müssen. Oder besser noch Sie schreiben Ihre eigene individuelle Einwendung!
Zentralbad Widerspruch kurz
Zentralbad Widerspruch
Die Vorgänge rund um die geplante Schließung dreier Bäder und den Bau eines neuen strotzt vor Seltsamkeiten, Tricksereien, Alibi-Bürgerbeteiligungen und anderen Merkmalen der Politik von oben gegen die BürgerInnen. Immer freundlich begleitet von den entsprechenden Protagonisten von SPD, CDU und GRÜNEN. Dabei spielen Ratsherren wie Stargars (SPD), Scheelje (Grüne) aber auch Bürgermeister Todeskino (Grüne) und der Ex-OB Albig (SPD und neuer Ministerpräsident von SH) eine besonders unrühmliche Rolle.
Meine private Dokumentation zur Bäderlandschaft umfasst mittlerweile fast 2 große DIN-A-4-Ordner, sodass hier nur auf einige der wesentlichen Aspekte eingegangen werden kann.
Lessinghalle
Die Schließung erfolgte gegen den Protest tausender Bürgerinen und Bürger: Sie wollten dieses lebende Museum erhalten aus kulturhistorischen Gründen. Vor allem aber auch als Ausdruck von Stadtgeschichte und wegen der guten Erreichbarkeit für einige Stadtteile. Die Sanierung sei angeblich zu teuer (zum Tricksen mit Geld komme ich später noch). Die Muthesius-Kunsthochschule machte sich für die Stadt zum willfährigen Vollstrecker und es finden jetzt dort Ausstellungen zum Beispiel mit Wasserbezug statt.
Gaardener Schwimmhalle
Seit Jahren ist sie eingerüstet zum Schutz vor herabfallenden Bauteilen – aber immer noch in Betrieb und viel genutzt weit über den Stadtteil Gaarden hinaus. Wie bei der Lessinghalle und bei katzheide unterliessen die Kieler Bäder GmbH und die Landeshauptstadt Kiel (mit wechselnden schwarz-rot-grünen Mehrheiten) über viele Jahre notwendige Sanierungsmaßnahmen und wundern sich jetzt, dass das alles so teuer wird. Totgespart könnte man sagen.
Katzheide
Das Freibad Katzheide ist ein Stück Kieler Stadtgeschichte und bei Jung und Alt beliebt. Ebenfalls forderten tausende Kielerinnen und Kieler den Erhalt. Gerade Katzheide ist für Gaarden von enormer sozialer Bedeutung. Bedeutet es doch für viele Kinder eine preisgünstige Möglichkeit der Teilhabe – Gaarden ist einer der ärmsten Stadtteile Kiels und leistet seit Jahrzehnten einen großen Teil der städtischen Integrations- und Gewaltpräventionsarbeit. Einfach so, getragen von engagierten Menschen – allerdings ohne entsprechende finanzielle und personelle Würdigung der Stadt.
Zentralbad
Im Zusammenhang mit den massiven Protesten gegen die Schließung der drei Bäder fiel den vermeintlichen Stadtoberen irgendwann auf, dass aus Marketinggründen ein anderer Name besser wäre – deswegen firmiert dieses Projekt in neueren amtlichen Dokumenten immer unter dem Namen Sport- und Freizeitbad. Es soll u.a. auf einem Wald gebaut werden – eine der letzten naturnahen Flächen an der ökologisch sonst nahezu verwüsteten Hörn. Den ökologischen Schatz, den die Hörn einmal für Kiel bedeutete, lässt sich immer noch erahnen, wenn man über die noch nicht bebauten Grundstücke wandert. Auch ohne genaue Bestandserfassung findet man bei einem normalen Spaziergang schnell 10, 20 Pflanzenarten der roten Liste (gefährdete Arten).
Die Fläche des geplanten Zentralbades stellt DIE ökologische Brücke zwischen Ost- und Westufer dar – sie ist der wichtigste Trittstein für für die innerstädtische Ökologie, weil sie sehr viele verschiedene Biotoptypen enthält. Eine vernichtung bedeutet auch eine drastische Reduzierung von Tier- und Pflanzenarten z.B. in der Innenstadt. Moderne Stadtentwicklung sieht anders aus und es wirkt schon wie ein Karikatur, dass Kiel Mitglied ist in einem Verein, der Biodiversität in Kommunen förden will.
Die Kosten
Das Zentralbad wurde zunächst als preisgünstig beschrieben – angeblich nur 17 Millionen Euro sollte es kosten. Über 20 Millionen hingegen die Sanierung der drei bestehenden Bäder. Doch schnell wurde klar, dass bei diesen Berechnungen massiv getrickst wurde. Einerseits wurden Kosten für die drei Bäder hochgerechnet: Es wurde als Grundlage bei z.B. der Lessinghalle eine Art Luxussanierung mit umfangreichen Umgestaltungen auch im Umfeld zu Grunde gelegt: Über 11 Mio sollte es kosten. Berechnungen der BI für den Erhalt der Lessinghalle ergaben ein ganz anderes Bild: Eine reine Betreibserhaltung wäre zu einem minimalen Bruchteil möglich gewesen und selbst eine grundlegende Sanierung wäre zu einigen Millionen billiger zu haben gewesen.
Zufällig ergab es sich, dass Luxussanierung Lessinghalle + Sanierung Katzheide rund 17 Mio kosten sollte – zufälligerweise denselben Betrag den das Zentralbad kosten soll.
Zufällig wurde auch bei vielen Veröffentlichungen gerne unterschlagen, dass die Stadt das Grundstück der Gaardener Schwimmhalle zu einem unbekannten Preis verkaufen will und er Verkaufserlös zu den 17 Mio für das Zentralbad dazukommt.
Viele Baufachleute bezweifelten sehr schnell die städtische Kalkulationen: Als realistische Summe wurden für das Zentralbad 30 – 40 Millionen Euro genannt. Nur: Dieser Preis passte politisch nicht – die Sanierung aller drei Bäder wäre dann ja bedeutend preisgünstiger zumal sie schriftlich und auf Demonstrationen von tausenden Bürgern gefordert wurde… So viele Zufälle.
Aber schon in der Planungsphase waren die Kosten für das Zentralbad nicht zu halten. Aus Versprechungen der Tauglichkeit für nationale und internationale Wettkämpfe um den Kieler Sport für das Projekt zu begeistern wird leider nix – gestrichen. Auch der umfangreiche Wellnessbereich mit großer Saunenlandschaft ist auf einen Klacks reduziert.
Aber es reichte immer noch nicht und so werden Erschließungskosten ausgegliedert – mal gucken was als nächstes kommt…
Soziales
Das Zentralbad wird erheblich höhere Eintrittspreise nehmen – für viele Gaardener Kinder und Familien wird Baden damit zum seltenen Luxus. Einen Vorgeschmack gab die Kieler Bäder GmbH schon am 1. Januar: Die Preise für Kinder wurden um 50 % (!) erhöht. Scheelje von der Grünen formulierte gegenüber dem Preis vor dem 1.1.2012 etwa für den Tagesbesuch mehr als eine Vervierfachung (Kieler Express 21.9.2011). Die vollmundigen Behauptungen Kiel sei eine kinderfreundliche Stadt werden an diesem Beispiel ins Absurde geführt.
Die Vertreibung der ärmeren Menschen aus Gaarden – Gentrifizierung – ist im Sozialraumbericht zu Gaarden als Ziel formuliert. Das Zentralbad leistet dabei gute Dienste.
Für Gaarden wird sich durch den Verlust zweier Bäder und Ersatz durch ein viel weniger nutzbares neues Bad ein erheblicher Verlust in Hinsicht auf Sport- und Freizeitgestaltungsmöglichkeiten ergeben.
Ich lasse viele Themen aus wie die nicht erfolgte Bürgerbeteiligung (außer der gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtung im Ortsbeirat oder der jetzt erfolgenden Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Baugesetzbuch). Oder die Alibi-Kinder- und Jugendbeteiligung zu der viele Kinder gar nicht zugelassen wurden. Oder die schlechtere Verfügbarkeit für den Schulsport. Oder oder oder
Bitte beteiligen Sie sich! Schreiben Sie bis 12.7.2012 Ihre Meinung – dazu können Sie die angehängten Formulare verwenden. Oder noch besser: Sie schreiben einen selber formulierten Brief an die Landeshauptstadt Kiel, Stadtplanungsamt, Fleethörn 9, 24103 Kiel. Sie können dort auch hingehen und ihre Meinung (Anregung) zur Niederschrift vortragen (Altes Rathaus, 4. Stock, Zimmer 462b).
Ein Gedanke zu „Kiel: Katzheide retten – Einwendung gegen Zentralbad schreiben!“
Kommentare sind geschlossen.