Rede von Ratsfrau Zimmermann in der Ratsversammlung am 8.11.2012 zu TOP 13.8 Bebauungsplan Nr. 871 „Sport- und Freizeitbad“ und Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. 615 in der Fassung seiner 1. Änderung (Satzungsbeschluss) – Drucksache – 0703/2012
Frau Stadtpräsidentin, meine Damen und Herren,
wir haben in der Vergangenheit schon an vielen Stellen Kritik am Projekt Zentralbad geübt. Heute möchte ich aus der aktuellen Beschlussvorlage ein paar Aspekte herausgreifen:
Zum Bereich Umwelt fordert der BUND u.a. „die Verwaltung auf, die Versiegelung zu minimieren und für geeignete Entsiegelungsflächen im Innenstadtbereich zu sorgen. Ausgleichsmaßnahmen am Stadtrand ändern das Bioklima der Innenstadt nicht.“
Die Verwaltung antwortet darauf, die Verbesserung des Bioklimas in der Kieler Innenstadt […] finde im Abwägungsprozess zur Bauleitplanung stets Beachtung. „So wurden in dieser Planung das Wasserbecken sowie die Grünstreifen und Baumstandorte auch aus diesem Grunde planungsrechtlich gesichert.“
Das muss man sich wirklich dreimal durchlesen: Allen Ernstes wird behauptet, dass eine winzige künstliche Betonwasserfläche mit schlechtester Wasserqualität positive Auswirkungen auf das Bioklima habe – an der Hörn – in der Nähe eines Teiches.
Ein Einwand von AnwohnerInnen war, das Zentralbad zerstöre eine wichtige innerstädtische Grünfläche. Eine Folge des Baus wäre eine geringere Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten in der gesamten Innenstadt. Der Abwägungsvorschlag geht darauf überhaupt nicht ein und behauptet stattdessen: „Durch den Bau des Sport- und Freizeitbades wird aus der städtischen Brachfläche zwischen Werftbahntrasse, Gablenzstraße und Adolf-Westphal-Straße ein belebter Ort mit deutlich gesteigerter Aufenthaltsqualität.“
Unglaublich – der existierende Vorwald, der nach dem Landeswaldgesetz geschützt ist und andere Biotope werden als „Brachfläche“ gebrandmarkt, aus der ein „belebter Ort“ entsteht. Was für ein Widersinn: aus einer ökologisch sehr aktiven Fläche will man durch Versiegelung und Bebauung einen belebten Ort schaffen.
Kommen wir zum Sozialen: Kieler Bürgerinnen und Bürger wenden ein, das Zentralbad sei für viele Menschen schlechter zu erreichen als die bisherigen Bäder. Das mache Baden teurer und zeitaufwändiger. Die Verwaltung und der einstimmige Bauausschuss dozieren, der Standort sei aufgrund der hervorragenden Anbindung an den ÖPNV einfach zu erreichen. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass für viele Menschen in Kiel der Kauf eines Bustickets ein seltener und teurer Luxus ist. Sieht so Teilhabe aus? Ist das Sportförderung? Hilft das beim Schwimmen-Lernen?
Bürgerinnen und Bürger schreiben in ihrer Einwendung: „Wir möchten das Freibad Katzheide als preisgünstige Möglichkeit der Freizeitgestaltung von Kindern erhalten. Das Zentralbad nimmt wesentlich höhere Eintrittspreise und bedeutet die Schließung von Katzheide. Viele Kinder in Gaarden und anderen Stadtteilen können sich das nicht oder nur selten leisten. Dies passt nicht zu Kiels Anspruch als kinderfreundliche Stadt.“
Bauausschuss und Verwaltung erwidern: „Das Produkt aus den aktuellen Eintrittsgeldern multipliziert mit den geringen Besucherzahlen führt zu einem negativen Betriebsergebnis des Sommerbades Katzheide“
Stellt sich doch die Frage, welches der Kieler Bäder denn schwarze Zahlern schreibt. Oder genereller: Welche Bäder in Schleswig-Holstein schwarze Zahlen schreiben?
Geschickt drückt sich Gremium um Gremium um die Beschlussfassung zum einstimmigen Antrag des Ortsbeirates Gaarden: Erhalt von Katzheide! Es werde unermüdlich jede erdenkliche Option des Erhaltes geprüft – leider bekommen wir von diesen Anstrengungen keine Zwischenergebnisse mit – gibt es welche? Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass dieses unliebsame Thema bis nach der Kommunalwahl verschoben werden soll. Wenn sie Katzheide schliessen wollen – bitte seien sie doch so ehrlich und sagen das den Menschen in Kiel und insbesondere in Gaarden.
Die Möglichkeit eines Badbesuches ist Kulturförderung, Schwimm- und Sportförderung, Gesundheitsförderung, Gewaltprävention und und und. Die Landeshauptstadt Kiel muss sich fragen, ob ihr das etwas wert ist oder ob sie die ärmeren Kielerinnen und Kieler weiter abhängen will.
Weil wir diesen Bebauungsplan als verheerend für die Kieler Bäderlandschaft, für die Sportentwicklung, für die Teilhabe ärmerer Menschen und für die Umwelt betrachten, beantragen wir namentliche Abstimmung.
Quelle: Ratsfraktion Direkte Demokratie
Die Abstimmung in der Kieler Ratsversammlung ergab:
2 Nein-Stimmen (Direkte Demokratie)
4 Enthaltungen (Linke)
Rest Ja-Stimmen (SPD, SSW, FDP, CDU, Grüne).
Auch dafür wird es am 26.5.2013 bei der Kommunalwahl in Kiel eine Quittung geben – über Gaarden hinaus.
Die Rede zum Zentralbad als Video:
http://kiel.de/rathaus/ratsversammlung/video/index.php?film_nr=030
Umfrage der Kieler Nachrichten zum Zentralbad. Tagesaktuell rund 80% Ablehnung bei UmfrageteilnehmerInnen:
http://www.kn-online.de/Lokales/Startseite/Umfragen/Freizeitbad