Vom “Bemühen” um Arbeitsplätze
Märchenstunden mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze, um die man sich bemühen will. Am Ende wird es dann heissen: wir haben uns im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren bemüht, mehr war nicht drin.
Ein Kommentar von Florian Eggers
„Es ist ganz simpel. Natürlich gehen viele Geschäfte, die man kennt, pleite.“ (Kurt Krieger, Möbel Kraft; Die Welt, 04.10.2012)
„Der Markt ist längst gesättigt. Wir befinden uns in einem Umverteilungsprozess, neue Umsätze sind nicht zu erzielen.“ (André Kunz, Geschäftsführer des Bundesverbands des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels (BVDM) – FAZ vom 20.08.2012)
“Er hat sich stets bemüht und immer sein Bestes gegeben.“
Im Zeugnis haben solche Floskeln aus guten Gründen schon lange nichts mehr zu suchen. Im Umgang mit der Öffentlichen Hand werden solche verschleiernden Formulierungen aber genutzt – insbesondere dann, wenn es gilt Volk und- Volksvertreter vor Entscheidungen im Rat oder bei Wahlen bzw. Bürgerentscheiden zu beeindrucken.
So heißt es denn im Grundstückskaufvertrag zwischen der Landeshauptstadt und Möbel Kraft, das Unternehmen bemühe sich mindestens 250 Arbeitsplätze zu schaffen. Bei näherer Betrachtung schrumpft dieses seit Monaten strapazierte hehre Versprechen schnell auf das Maß einer wertlosen Absichtserklärung.
1. Im Vertrag werden keine 250 Arbeitsplätze zugesagt, sondern lediglich das Bemühen darum.
2. Ein Großteil der Arbeitsplätze wird nicht zusätzlich entstehen, sondern lediglich der schlechte Ersatz für gleichzeitig an anderer Stelle im Möbelhandel vernichtete Arbeitsplätze sein. Allein 50 werden von Bad Segeberger Möbel-Kraft-Arbeitnehmern besetzt, die dem unternehmensintern an Kiel abzugebenden Umsatz von 10 Mio. Euro nachreisen bzw. nachpendeln werden. Weitere kommen von Sconto in Schwentinetal, der geschlossen werden wird (so Geschäftsführer George von MK, KN v. 25.1.2014).
Umsatzverluste wird es aber auch bei IKEA und anderen Wettbewerbern in Kiel und Umgebung geben. Wieviel der von Entlassung Bedrohten aber werden zu Kraft wechseln (können)?
3. Auch der innerstädtische Einzelhandel sogenannter haushaltsnaher Sortimente wird spürbar Umsätze verlieren. Denn die Möbel- Riesen machen ihren Hauptumsatz mit diesen (für sie Rand-) Sortimenten. Als Effekt droht der weitere Absturz der Holstenstraße, denn Möbel-Kraft soll nur 1,6 km vom Stadtkern enstehen.
4. Qualitativ werden die versprochenen Arbeitsverhältnisse ebenfalls nicht positiv auffallen. Aus bisher meist noch tarifgebundenen Festangestellten werden vielfach prekär Beschäftigte werden. Möbel Kraft hat am Standort Bad Segeberg den Wandel bereits vorgemacht: Da werden aus übertariflichen Festgehältern spärliche Grundvergütungen plus Anteil an provisionsbezogenem Lohn. Das unternehmerische Risiko wird so auf den Verkäufer und aufstockende Jobcenter abgewälzt. Und der Anteil der Minijobs, zum Beispiel beim Kassenpersonal, wird explodieren. Zudem wartet das Personal (meist Frauen und Studenten) am Handy auf seine „Mobilmachung“, bis mal wieder die Warteschlange an den Kassen länger ist.
Fazit: Ob die ungünstigeren neu en Arbeitsverhältnisse überhaupt allein zahlenmäßig alle Verluste bestehender Arbeitsverhältnisse werden wettmachen können bleibt mehr als fraglich. Zweifel sind mehr als angebracht. Für die betroffenen Arbeitnehmer und die öffentlichen Kassen wird es wohl ein Verlustgeschäft. Die einen verlieren ihre Arbeit oder müssen dem Umsatz zeit- und kostenaufwändig hinterher pendeln. Die anderen hoffen mit dem geräumten und preiswert hergegebenen Stadtgrün auf zukünftige Gewerbesteuereinnahmen, was wegen des Steuergeheimnisses nie wird überprüft werden können.
Und die Arbeits-/Sozialverwaltung wird hier Qualifizierungsmaßnahmen finanzieren, dort die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen mit hohen Lohnzuschüssen fördern und an anderer Stelle neu Arbeitslosengeld und Qualifizierungen etc. finanzieren müssen. Von den zusätzlichen Aufstockern ohne auskömmliche Entlohnung ganz zu schweigen.
Quelle: WIR in Kiel