Im Artikel Kugelahorn-Zerstörung durch Schnitt wurde auf die fachwidrige Behandlung von acht Kugelahornen (Acer platanoides ‘Globosum’) in Kiel-Gaarden aufmerksam gemacht. Parallel dazu wurde der zuständige Ortsbeirat Gaarden auf die Baumzerstörung hingewiesen und um Aufklärung gebeten. Die Verwaltung antwortete recht zügig innerhalb von rund zehn Tagen mit einer Stellungnahme, die leider eine Fachkunde zur Thematik vermissen lässt:
Da die 8 Kugelahorne bereits sehr weit in den Verkehrsraum ragten, wurden diese durch Mitarbeiter des Grünflächenamtes im vergangenen Winterhalbjahr fachgerecht zurückgeschnitten. Die Ahorne sind bereits wieder gut ausgetrieben und bilden geschlossene kleine Kronen. Dies ist eine übliche baumpflegerische Maßnahme, die schon häufig an anderen Kugelbäumen im Stadtgebiet praktiziert wurde.
Im Einzelnen:
Da die 8 Kugelahorne bereits sehr weit in den Verkehrsraum ragten
Welcher Verkehrsraum ist hier gemeint? Die eine Baumreihe hat einen Stammabstand von rund 2,5 Metern hin zur Straße, die andere einen Abstand von rund 5,5 Metern. Allenfalls könnte man eine Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs für sehr große Menschen behaupten. ;-)
im vergangenen Winterhalbjahr fachgerecht zurückgeschnitten
Der Winterschnitt an Laubbäumen ist nicht fachgerecht, weil Gehölze in der Vegetationsruhe nicht auf den Schnitt reagieren können. Positiv wäre es den Schnitt unmittelbar vor dem Laubaustrieb vorzunehmen. Das könnte hier sogar geschehen sein.
Allerdings ist die Behauptung der Fachgerechtigkeit unwahr. Die Kappung von oberarmstarken Ästen ist kein fachgerechter Schnitt. Vielmehr fördert sie Befall mit Pilzen u.a.m. und führt leicht zum vorzeitigen Absterben eines Astes oder im schlimmsten Falle des ganzen Gehölzes. Die Entfernung von oberarmstarken Ästen sollte nur im begründeten Ausnahmefall erfolgen und ist stets ein schwerwiegender Eingriff in den Baum. Eine Kappung als Schnittechnik ist nicht regelkonform mit der ZTV Baumpflege.
Die Kappung des gesamten Gehölzes ist regelwidrig und eine schwere Gefährdung des Baumes.
Die Ahorne sind bereits wieder gut ausgetrieben und bilden geschlossene kleine Kronen.
Letzteres stimmt leider nicht (siehe Bildbeispiel oben): Weder sind die Kronen geschlossen noch sortentypisch rundlich. Der gute Austrieb ist eine notwendige Notreaktion des Gehölzes. Mit Vitalität o.ä. hat er rein gar nichts zu tun.
Dies ist eine übliche baumpflegerische Maßnahme, die schon häufig an anderen Kugelbäumen im Stadtgebiet praktiziert wurde.
Nein, dies ist keineswegs üblich und hat mit Baumpflege rein gar nichts zu tun. Neben der optischen Beeinträchtigung ist mit einem vorzeitigen Ableben der Bäume zu rechnen. Faktisch stellt die sogenannte Pflegemaßnahe der Landeshauptstadt Kiel eine Sachbeschädigung in der Größenordnung mehrerer zehntausend Euro dar.
Interessant in diesem Zusammenhang , dass die Stadt daruf hinweist, dass derartige Rückschnitte an Kugelbäumen im gesamten Stadtgebiet vorgenommen werden. Stadtweit zerstört die Landeshauptstadt also den Kugelbaumbestand. Interessant auch, dass hier nicht unterschieden wird zwischen den verschiedenen Kugelbaum-Arten. So verträgt beispielsweise die Kugelrobinie (u.a. in der Nähe der Ostseehalle zu finden) Rückschnitte sehr viel schlechter als der Kugelahorn.
Die kleine Fotoauswahl zeigt abgestorbene Äste und Starkäste. Vielfach sind unterhalb der Schnittstellen erhebliche Rindenschäden (Risse) festzustellen. Sie zeigt auch, dass es keineswegs geschlossene Kronen sind, die als Ergebnis des Rückschnittes festzustellen sind.
Die zuständigen Mitarbeiter des Grünflächenamtes sollten eine baumpflegerische Schulung machen, um derartigen Vandalismus im Stadtgebiet zukünftig zu vermeiden. Entsprechend gut geschulte fachkundige Baumpfleger gibt es im Personalbestand der LH Kiel.
Da der gesamte Zusammenhang von der Verwaltung erstaunlicherweise bestritten wird, bleibt dem Interessierten die Eigenbeobachtung: Besuchen Sie in den nächsten Jahren die Kugelahorne an der Straßenkreuzung Elisabethstraße / Augustenstraße im Kieler Stadtteil Gaarden und beobachten selber das langsame Siechtum der Bäume – schließlich sind die Bäume von unseren Steuergeldern bezahlt und nun werden sie mit unseren Steuergeldern totgepflegt.
Kleiner Nebeneffekt des radikalen Rückschnittes: Alle Blätter der beschnittenen Bäume sind extrem mit dem Pilz Echter Mehltau (Erysiphales) befallen – im Gegensatz zu den wenige Metern entfernten ungeschnittenene Bäumen derselben Art und Sorte.