Gemeindeordnung S-H § 16g Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
Landesverordnung Bürgerbegehren § 9
Landesverordnung Bürgerentscheid § 10
Gemeinde- und Kreiswahlgesetz – GKWG
Gemeinde- und Kreiswahlordnung – GKWO
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Textdokumentation mit Stand Dezember 2014
Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (Gemeindeordnung – GO -)
in der Fassung vom 28. Februar 2003
§ 16 g Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
(1) Die Gemeindevertretung kann mit einer Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen und -vertreter beschließen, dass Bürgerinnen und Bürger über Selbstverwaltungsaufgaben selbst entscheiden (Bürgerentscheid).
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
1. Selbstverwaltungsaufgaben, die zu erfüllen die Gemeinde nach § 2 Abs. 2 verpflichtet ist, soweit ihr nicht ein Entscheidungsspielraum zusteht,
2. Angelegenheiten, über die kraft Gesetzes die Gemeindevertretung entscheidet (§ 28 Satz 1 Nr. 1),
3. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,
4. die Jahresrechnung oder den Jahresabschluss der Gemeinde und den Jahresabschluss der Eigenbetriebe,
5. die Hauptsatzung,
6. Entscheidungen im Rahmen der Bauleitplanung mit Ausnahme des Aufstellungsbeschlusses sowie dessen Änderung, Ergänzung oder Aufhebung,
7. die Rechtsverhältnisse der Gemeindevertreterinnen und -vertreter, der kommunalen Wahlbeamtinnen und -beamten und der Beschäftigten der Gemeinde,
8. die innere Organisation der Gemeindeverwaltung,
9. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
(3) Über Selbstverwaltungsaufgaben können die Bürgerinnen und Bürger einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden und die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung sowie eine von der zuständigen Verwaltung zu erarbeitende Übersicht über die zu erwartenden Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Das Bürgerbegehren muss bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Bürgerinnen und Bürger können sich durch die Kommunalaufsichtsbehörde hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens beraten lassen; Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben.
(4) Ein Bürgerbegehren muss in Gemeinden
bis zu 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 10 %,
bis zu 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 9 %,
bis zu 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 8 %,
bis zu 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 7 %,
bis zu 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 6 %,
bis zu 150 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 5 %,
mit mehr als 150 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 4 %
der Stimmberechtigten innerhalb von sechs Monaten unterschrieben sein. Die Angaben werden von der Gemeinde geprüft.
(5) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet die Kommunalaufsichtsbehörde unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von sechs Wochen nach Eingang. Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegen stehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, zu diesem Zeitpunkt bestehen rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn die Gemeindevertretung oder der zuständige Ausschuss die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen in unveränderter Form oder in einer Form beschließt, die von den benannten Vertretungsberechtigten gebilligt wird. Dieser Beschluss kann innerhalb von zwei Jahren nur durch einen Bürgerentscheid abgeändert werden. Den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens ist Gelegenheit zu geben, den Antrag in der Gemeindevertretung zu erläutern. Die Gemeindevertretung kann im Rahmen des Bürgerentscheids eine konkurrierende Vorlage zur Abstimmung unterbreiten.
(6) Wird ein Bürgerentscheid durchgeführt, muss die Gemeinde den Bürgerinnen und Bürgern die Standpunkte und Begründungen der Gemeindevertretung oder des zuständigen Ausschusses und der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens in gleichem Umfange schriftlich darlegen. Mit der Abstimmungsbenachrichtigung wird den Stimmberechtigten eine Information zugestellt, in der der Abstimmungsgegenstand sowie die Standpunkte und Begründungen der Gemeindevertretung und der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens in gleichem Umfang dargelegt sind. Der Bürgerentscheid findet innerhalb von drei Monaten nach der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens statt; bei der Terminfestsetzung sind die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens zu hören. Eine Verlängerung der Frist auf sechs Monate kann im Einvernehmen mit den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens beschlossen werden.
(7) Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, wenn sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit in Gemeinden
bis zu 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 20 %,
bis zu 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 18 %,
bis zu 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 16 %,
bis zu 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 14 %,
bis zu 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 12 %,
bis zu 150 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 10 %,
mit mehr als 150 000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 8 %
der Stimmberechtigten beträgt. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat die Gemeindevertretung oder der zuständige Ausschuss die Angelegenheit zu entscheiden. Sollen an einem Tag mehrere Bürgerentscheide stattfinden, hat die Gemeindevertretung eine zusätzliche Stichfrage für den Fall zu beschließen, dass die gleichzeitig zur Abstimmung gestellten Fragen in einer miteinander nicht zu vereinbarenden Art und Weise beantwortet werden (Stichentscheid). Es gilt dann die Entscheidung, für die sich im Stichentscheid die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen ausgesprochen hat. Bei Stimmengleichheit im Stichentscheid gilt der Bürgerentscheid, dessen Frage mit der höchsten Stimmenzahl mehrheitlich beantwortet worden ist.
(8) Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Beschlusses der Gemeindevertretung oder des zuständigen Ausschusses. Er kann innerhalb von zwei Jahren nur durch einen Bürgerentscheid abgeändert werden.
Landesverordnung zur Durchführung der Gemeinde-, der Kreis- und der Amtsordnung (GKAVO)
vom 5. November 2008
§ 9 Durchführung des Bürgerbegehrens nach § 16 g der Gemeindeordnung
(1) Die mit dem Bürgerbegehren nach § 16 g Abs. 3 der Gemeindeordnung einzubringende Frage ist so zu formulieren, dass sie das Begehren hinreichend klar und eindeutig zum Ausdruck bringt. Sie darf die freie und sachliche Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere durch beleidigende, polemische oder suggestive Formulierungen, nicht gefährden. Für inhaltlich zusammengehörende Teilbereiche ist eine zusammenfassende Abstimmungsfrage zu formulieren. Die Koppelung unterschiedlicher Bürgerbegehren in einem Verfahren ist nicht zulässig.
(2) Die Vertretungsberechtigten eines beabsichtigten Bürgerbegehrens informieren die Gemeinde schriftlich über ihr Vorhaben. Die zuständige Verwaltung erstellt unverzüglich eine Übersicht über die zu erwartenden Kosten der verlangten Maßnahme und leitet sie den Vertretungsberechtigten zu. Die Kostenschätzung muss auch die eventuellen Folgekosten der verlangten Maßnahme enthalten. Bestehen abweichende Auffassungen über die ermittelte Kostenhöhe oder die Folgekosten, können die Vertretungsberechtigten in den Antragslisten und Einzelanträgen darauf hinweisen.
(3) Das Bürgerbegehren darf nur von Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet werden, die am Tag des Eingangs des Antrags nach § 3 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes in der Gemeinde wahlberechtigt sind. Die Unterschriften dürfen bei Eingang des Antrags nicht älter als sechs Monate sein.
(4) Für die erforderlichen Eintragungen sind Antragslisten oder Einzelanträge zu verwenden, die von jeder Antragstellerin und jedem Antragsteller persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen sind; neben der Unterschrift sind Familienname, Vorname, Tag der Geburt, Wohnort mit Postleitzahl, Straße und Hausnummer sowie Datum der Unterzeichnung lesbar einzutragen. Jeder neuen Antragsseite oder jedem Einzelantrag ist die einzubringende Frage voranzustellen; darüber hinaus sind die Vertretungsberechtigten nach § 16 g Abs. 3 Satz 3 der Gemeindeordnung anzugeben. Außerdem sind den Antragstellerinnen und Antragstellern vor der Eintragung die Begründung sowie die Übersicht über die zu erwartenden Kosten der verlangten Maßnahme in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben.
(5) Das Bürgerbegehren ist bei der Gemeinde einzureichen; bei ehrenamtlich verwalteten Gemeinden tritt an die Stelle der Gemeinde das Amt. Der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde ist unverzüglich eine Kopie einer Antragsliste und eines Einzelantrags zur Prüfung der Zulässigkeit zuzuleiten. Entspricht der Inhalt des Bürgerbegehrens den gesetzlichen Vorschriften, veranlasst die Kommunalaufsichtsbehörde die Prüfung der Antragslisten und Einzelanträge durch die zuständige Meldebehörde und weist dabei auf den Ablauf der Frist nach § 16 g Abs. 5 Satz 1 der Gemeindeordnung hin. Die Meldebehörde bescheinigt die Richtigkeit der Eintragungen und der Wahlberechtigung und teilt das Ergebnis ihrer Prüfung unverzüglich der Kommunalaufsichtsbehörde mit.
(6) Die Kommunalaufsichtsbehörde stellt das Quorum nach § 16 g Abs. 4 der Gemeindeordnung fest; dabei ist die Zahl der Wahlberechtigten der letzten Gemeindewahl maßgebend. Wird das Quorum nicht erreicht, kann die Kommunalaufsichtsbehörde bis zum Ablauf der Frist von sechs Monaten nach § 16 g Abs. 4 Satz 1 der Gemeindeordnung von den Vertretungsberechtigten nachgereichte Unterschriften zur Feststellung des Quorums berücksichtigen, auch wenn dadurch die Frist für die Entscheidung über die Zulässigkeit nach § 16 g Abs. 5 Satz 1 der Gemeindeordnung überschritten wird.
(7) Die Kommunalaufsichtsbehörde stellt den im Bürgerbegehren benannten Vertretungsberechtigten sowie der Gemeinde unverzüglich ihre abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit zu.
(8) Ist das Bürgerbegehren zulässig, ist den Vertretungsberechtigten Gelegenheit zu geben, den Antrag in der Gemeindevertretung zu erläutern.
(9) Die Antragslisten und Einzelanträge nach Absatz 4 sind nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Zulässigkeit der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde unverzüglich zu vernichten.
Landesverordnung zur Durchführung der Gemeinde-, der Kreis- und der Amtsordnung
(GKAVO)
vom 5. November 2008
§ 10 Durchführung des Bürgerentscheids nach § 16 g der Gemeindeordnung
(1) Die Gemeindevertretung legt für die Durchführung des Bürgerentscheids einen Sonntag fest; der Termin und die dabei zur Entscheidung zu bringende Frage sind örtlich bekannt zu machen. Bürgerentscheide zu unterschiedlichen Fragen können an demselben Sonntag durchgeführt werden. Eine Zusammenlegung mit allgemeinen Wahlen ist zulässig.
(2) Die Standpunkte und Begründungen der Gemeindevertretung oder des zuständigen Ausschusses und der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens sind den Bürgerinnen und Bürgern so darzulegen, dass sie die maßgeblichen Argumente in ihre Entscheidung einbeziehen können; § 9 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Die Darlegung der Standpunkte und Begründungen in der Information nach § 16 g Abs. 6 Satz 2 der Gemeindeordnung kann zusammengefasst dargestellt werden; dabei ist darauf hinzuweisen, dass die vollständige Darlegung bei der Gemeinde zur Einsichtnahme ausliegt.
(3) Für die Durchführung des Bürgerentscheids gelten die Bestimmungen des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes und der Gemeinde- und Kreiswahlordnung über die Gemeindewahl entsprechend.
(4) Die auf den Abstimmungszetteln zur Entscheidung zu bringende Frage muss so gestellt sein, dass sie mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Personen, die die mit dem Bürgerentscheid verfolgte Initiative befürworten, müssen die zur Abstimmung gestellte Frage mit Ja beantworten können. Kommt der Bürgerentscheid durch Beschluss der Gemeindevertretung zustande, wird die Formulierung der Frage von der Gemeindevertretung entschieden. Die Abstimmungsfrage für einen Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens wird von der Kommunalaufsichtsbehörde festgelegt; dabei soll die von den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens gewählte Formulierung übernommen werden.
(5) Finden an einem Tag mehrere Bürgerentscheide statt, deren Fragestellungen in einer miteinander nicht zu vereinbarenden Art und Weise beantwortet werden (Stichentscheid), hat die Gemeindevertretung eine Stichfrage zu beschließen. Die Abstimmungsfragen für jeden dieser Bürgerentscheide und die Stichfrage sind auf einem Abstimmungszettel zur Abstimmung zu stellen. Für jeden Bürgerentscheid kann eine Ja-Stimme oder eine Nein-Stimme vergeben werden; eine weitere Stimme kann bei der Stichfrage vergeben werden. Der Stichfrage ist ein Hinweis voranzustellen, aus dem sich ergibt, dass mit der Stichfrage entschieden wird, welcher Bürgerentscheid umgesetzt werden soll, wenn die zur Abstimmung gestellten Abstimmungsfragen jeweils das Quorum nach § 16 g Abs. 7 Satz 1 der Gemeindeordnung erreicht haben.