Aktuell: Am heutigen Montag protestieren von 10-15 Uhr verschiedene Menschen und Gruppen am Westring mit einer symbolischen Baum“pflanzung“.
Nachfolgend eine geringfügig modifizierte Textdokumentation der Strafanzeige des NABU Kiel wegen Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz im Prüner Schlag („Möbel Höffner“). Hier der Link zur dazugehörigen Pressemitteilung. Die Dokumentation ist von mir mit verschiedenen Fotos optisch aufgelockert, die Teile des jahrelangen Kampfes gegen die Naturzerstörung für Privatinteressen dokumentieren. In der oben verlinkten PDF des NABU sind Fotos enthalten, die die angezeigten Zerstörungen fotografisch belegen.
Naturschutzbund Deutschland, NABU Gruppe Kiel
An
die Staatsanwaltschaft Kiel
Schützenwall 31-35
24114 KielStrafanzeige mit Strafantrag gegen Unbekannt wegen Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz und die Baumschutzsatzung
auf dem Prüner Schlag, Bebauungsplan Nr. 988 27.01.21
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bringen zur Anzeige: Mehrfache Verstöße gegen die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes sowie gegen die Baumschutzsatzung der Stadt Kiel auf dem Gelände Prüner Schlag, Geltungsbereich des aktuellen Bebauungsplans 988.
Auf dem Gelände des Prüner Schlags, im Geltungsbereich des B-Plans 988, wurde seit Ende Oktober auf Flächen widerrechtlicherweise massiv eingegriffen, die gem. B-Plan-Beschluss für Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion festgesetzt und gesichert sind. Auf allen Teilflächen mit einer Gesamtgröße von rd. 6,2 ha (entsprechend einer Größe von etwa 8 Fußballfeldern) wurden umfangreich Gehölze zurückgeschnitten, teilweise Bäume gefällt, die Flächen mit schweren Fahrzeugen befahren sowie möglicherweise geschützte Biotope zerstört.
Betroffenheiten im Einzelnen:
1. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten gem. BNatSchG (Begründung B-Plan S. 34/35 und Umweltbericht S. 9 ff)
Laut den Genehmigungsunterlagen zum B-Plangebiet wurden folgende gem. BNatSchG streng geschützte Arten des Anhang IV der FFH-
Richtlinie sowie Brutvögel nachgewiesen.Fledermäuse
8 Arten: Wasser-, Breitflügel-, Zweifarb-, Zwerg-, Mücken-, Rauhautfledermaus, Großer Abendsegler und Braunes Langohr
Das betroffene Gebiet hat eine Bedeutung als Jagdhabitat. Außerdem sind in den Bäumen potenziell Quartiere vorhanden bzw. vorhanden gewesen.Amphibien
1 Art: Kammmolch
Das betroffene Gebiet hat eine Bedeutung als Laichhabitat sowie Sommer- und Winterlebensraum.Brutvögel
59 Arten: artenschutzrechtlich besonders relevant sind Trauerschnäpper (Höhlenbrüter, RL SH 3), Dohle (Höhlenbrüter, Vorwarnliste SH), Grünspecht (Vorwarnliste SH, BNatSchG streng geschützt), Sperber (Vorwarnliste SH, BNatSchG streng geschützt) und Teichhuhn (BNatSchG streng geschützt). Das betroffene Gebiet hat eine Bedeutung als Brutgebiet, Nahrungs-bzw. Jagdgebiet.Darüber hinaus wurden noch folgende gem. BNatSchG besonders geschützte Arten erfasst:
Amphibien
4 Arten: Grasfrosch, Teichfrosch, Erdkröte, Teichmolch. Das betroffene Gebiet hat eine Bedeutung als Laichhabitat sowie Sommer- und Winterlebensraum.2. Festsetzung gem. Satzungsbeschluss B-Plan 988 (Begründung B-Plan, S. 36)
Vermeidungsmaßnahmen
Die Flächen rund um das Baugebiet sind gem. Satzungsbeschluss vom 19.08.2016 für Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion gesichert. Auf den Flächen sind insbesondere „… die wertgebenden Strukturen (Obstgehölze, Hecken und Knicks, Bäume, die der Baumschutzverordnung unterliegen, potenzielle Überwinterungshabitate des Kammmolchs, naturnahe und alle übrigen erhaltenswerten Kleingewässer etc.) … zu erhalten.“Kompensationsmaßnahmen
Um den planungsbedingten Lebensraumverlust auszugleichen, sind die randlichen Maßnahmenflächen ökologisch aufzuwerten.3. Widerrechtlich durchgeführte Eingriffe in Natur und Landschaft,eingetretene Schäden
Folgende verbotene Eingriffe wurden auf allen Teilflächen vorgenommen, die gem. Satzungsbeschluss für Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion gesichert sind:Umfangreicher Gehölzrückschnitt und -beseitigung
Sträucher und Kleingehölze wurden größtenteils in Heckenform zurückgestutzt oder auch ganz beseitigt bzw. stark beschädigt.Davon betroffen sind
– Brutvögel (Gilde Gehölzfreibrüter), die die Gehölze als Bruthabitat
nutzen.
– Amphibien, die die Gehölze als Sommer- und Winterlebensraum wie z.B. typischer Weise Mauslöcher am Gehölzfuß nutzen.Baumfällungen
Es wurden Bäume unterschiedlicher Stärke gefällt, darunter wohl auch Obstbäume.
Davon betroffen sind
– Brutvögel (Gilde Gehölzfreibrüter und Höhlenbrüter), die die Gehölze als Bruthabitat nutzen.
– Fledermäuse, die Spalten unter abstehender Rinde und Baumhöhlen als Quartiere nutzen. Potenziell sind davon Wochenstuben-, Winter-, Zwischen-, Balz- und Paarungsquartiere betroffen.Bodeneingriffe bzw. Befahren mit schweren Fahrzeugen
Die Flächen wurden großräumig mit schwerem Gerät befahren. Dadurch kam es großflächig zu Bodenverdichtung und Beschädigung der Streu- und der oberen Bodenschicht bis in größere Tiefe. Davon direkt betroffen sind u.a. Amphibien, die Verstecke in der Streu- und oberen Bodenschicht als Quartiere nutzen.Eingriffe in Kleingewässer
Auf dem Gelände befinden sich zahlreiche Kleingewässer. Aufgrund des großflächigen Eingriffs sind (Teil-)Zerstörungen von Kleingewässern nicht auszuschließen. Um ein Einwandern von Amphibien in das Gebiet während der Bauphase zu vermeiden, wurde ein Amphibienzaun um die Fläche der südlich angrenzenden Schützengilde aufgestellt. Allerdings kann aufgrund des langen Zeitraums seit den Erfassungen (2013) und den durchgeführten Artenschutzmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden, dass keine Amphibien von den nördlich gelegenen Kleingartenbereichen neu eingewandert sind. Außerdem ist der Amphibienzaun nicht überall funktionstüchtig, sodass ein Einwandern auch von der Fläche der Schützengilde möglich war.4. Verstöße gegen das BNatSchG § 44 (1), Artenschutz
§ 44 (1) 1 Tötungsverbot
– Durch die schwerwiegenden Eingriffe in die Gehölze sowie in den Boden und durch die Bodenverdichtungen kann eine Verletzung oder Tötung von Kammmolchen (Anhang IV) nicht ausgeschlossen werden.
– Durch die Rodung von Bäumen mit Habitatstrukturen wie Baumhöhlen oder Spalten kann eine Verletzung oder Tötung von Fledermäusen (Anhang IV), die sich ggf. zur Zeit des Eingriffs in den Quartieren aufhielten, nicht ausgeschlossen werden. Die Flächen liegen außerhalb des Baufeldes. Daher handelt es sich nicht um einen Eingriff gem. BNatSchG § 18 i.V.m. BauGB § 30. Somit unterliegen auch besonders geschützte Arten dem Schutzstatus gem. BNatSchG § 44 (1).
– Durch die Eingriffe in die Gehölze sowie in den Boden und durch die Bodenverdichtungen kann eine Verletzung oder Tötung von besonders geschützten Amphibienarten nicht ausgeschlossen werden.
– Durch die Eingriffe in die Gehölze sowie in den Boden und durch die Bodenverdichtungen kann eine Verletzung oder Tötung von weiteren besonders geschützten Arten (z.B. Insektenarten wie Wildbienen, Käfer), die nicht im Zuge des Bauleitplanverfahrens kartiert wurden, nicht ausgeschlossen werden.§ 44 (1) 3 Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten
– Durch die Eingriffe in die Gehölze sowie in den Boden und durch die Bodenverdichtungen wurden Quartiere des Kammmolches zerstört. Die Flächen dienten besonders zum Erhalt bestehender sowie als Ersatzmaßnahmen für erweiterte Quartierstrukturen, um der Kammmolchpopulation ausreichend Habitate zur Verfügung zu stellen.
– Durch die Eingriffe in die Gehölze wurden Bruthabitate von Brutvögelnzerstört.
– Durch die Rodung der Bäume wurden Habitatstrukturen und potenziell Quartiere von Fledermäusen zerstört.
– Durch die Eingriffe in die Gehölze sowie in den Boden und durch die Bodenverdichtungen wurden Quartiere von besonders geschützten Amphibienarten zerstört.
– Durch die Eingriffe in die Gehölze sowie in den Boden und durch die Bodenverdichtungen wurden Habitate weiterer besonders geschützter Arten zerstört. Insbesondere der Baumbestand hatte eine hohe Bedeutung.Verstöße gegen das BNatSchG § 30, gesetzlich geschützte Biotope
Mit den Eingriffen wurden Kleingewässer, nach BNatSchG geschütztesBiotop, potenziell beschädigt oder zerstört.Verstöße gegen das BNatSchG § 17, Verfahren
Das Fehlen einer behördlichen Genehmigung stellt einen Verstoß nach §17 Absatz 3 Satz 1 BNatSchG dar.Verstöße gegen Baumschutzsatzung
Durch die Rodung der Bäume wurde gegen die Baumschutzsatzung der Stadt Kiel verstoßen.4. Erläuterung der Geschäftsführung des Unternehmens Höffner
Von den Medien wurde die Geschäftsführung zu dem Eingriff wie folgt zitiert: „Ein Baggerfahrer war gerade derart im Schwung, dass er fröhlich das ganze Grünzeug weggeholzt hat, das auf dem Baugelände irgendwie störte.“
Diese Darstellung kann klar widerlegt werden: Auf dem folgenden Foto von Oktober 2020 ist zu erkennen, dass vor dem Eingriff in die Naturschutzflächen bereits der Bauzaun stand und die eigentliche Baufläche schon eingeebnet war. Die Baugrenze war für jeden klar zu erkennen. Außerdem war für die Rodungsaktion auf den betroffenen Ausgleichsflächen für Maßnahmen des Naturschutzes laut Anwohneraussagen eine andere Firma beauftragt als die für die Baumaßnahmen. Daher konnte es sich nicht um ein Versehen handeln, sondern es wurde offensichtlich ein Auftrag nach Anweisung ausgeführt. Weiterhin war nicht nur „ein Baggerfahrer“ daran beteiligt. Bei der Größe der Fläche (rd. 6,2 ha) und dem vielen Rodungs- und Schnittgut müssen mit der Arbeit mehrere Bagger- sowie LKW-Fahrer beauftragt gewesen sein. Laut Medien gab es zudem klare Absprachen zwischen der zuständigen unteren Naturschutzbehörde und den beteiligten Unternehmen.Ferner ist zu prüfen, ob eine biologische Baubegleitung in der Genehmigung festgesetzt war. Falls dem so war, warum es dann zu einem derart massiven Versagen dieser biologischen Baubegleitung gekommen ist.