Vor ziemlich genau sieben Jahren rodete die Landeshauptstadt die artenreichste Innenstadt-Fläche Kiels zur Vorbereitung des Zentralbad-Baues: Vorwald, Kalkmagerrasen, Sandmagerrasen, wechselfeuchte Senken, nährstoffreiche Bereiche….
Pech für die naturschutzwürdige Fläche, dass sie im B-Plan „grau“ war und damit Gewerbegebiet.
Keine Rolle spielte, dass das Gelände seit Jahrzehnten brach lag und abgesehen von gelegentlichen Deponierungen von „Erden“ durch die LH Kiel im wesentlichen zum Spaziergang und von Kindern zum Spielen genutzt wurde.
Wegen des öffentlichen Drucks wurde die LH Kiel Mitglied beim Verein Kommunen für biologische Vielfalt. Sozusagen eine Art moderner Ablasshandel. Dem Artenreichtum der Fläche mit ihrer enormen Bedeutung als Bindeglied zwischen Ost- und Westufer (Biotopverbund) nützte es allerdings wenig. In der Folge ist z.B. der genetische Austausch für die Innenstadt massiv geschwächt. Artenverarmung findet durch solche städteplanerischen Fehlentscheidungen also auch an anderen Orten als dem unmittelbar betroffenen statt.
Ein Alternativkonzept für einen innerstädtischen großen Abenteuerspielplatz, das die Grundstrukturen belassen hätte und durch Nutzungslenkung die für den Artenreichtum notwendigen menschlichen Störungen ermöglicht und gleichzeitig auch Schonbereiche beinhaltet hätte, war chancenlos.
Letztlich ging es beim Zentralbad um den teil-gescheiterten Plan der LH Kiel, die Bademöglichkeiten (Lessinghalle, Katzheide, Schwimmhalle Gaarden) und das dort beschäftigte Personal abzubauen. Und vielleicht noch wichtiger: Es drohten Strafzahlungen bzw. Rückforderungen der EU wegen der nicht abschließenden Entwicklung des Sanierungsgebietes Hörn.
Da es jahrelang keine Idee gab, was mit dem ehemaligen Schlachthofgelände vertragskonform passieren kann, entwickelte man schließlich die Idee der „Sportförderung“: Abbau von Bademöglichkeiten (Schließung Lessinghalle, Schwimmhalle Gaarden und Freibad Katzheide – bei Katzheide durch ein Bürgerbegehren teilweise gescheitert) und den Bau des Zentralbades.
Und so sah ein Teil des Vorwaldes vor der Rodung (2012) aus: Birken (Betula pendula) dominierten, andere Pioniergehölze wie Sal-Weide (Salix caprea) und Ahornarten (Acer spec.) waren eingestreut. Es gab aber auch schon ablesbare Langfristtendenzen: Beispielsweise hielten in Teilbereichen Stiel-Eiche (Quercus robur) und Rot-Buche (Fagus sylvatica) Einzug.
Die Zerstörung des Vorwaldes musste nach Landeswaldgesetz „ausgeglichen“ werden – die Besonderheit dieses Standortes hingegen nicht. Für den landesrechtlich vorgeschriebenen „Ausgleich“ wurden neue Bäume gepflanzt: in Randbereichen von Kiel und außerhalb (!) der Landeshauptstadt. Das ist formal zwar korrekt, bringt aber für die innerstädtischen Ökosysteme sehr wenig.
Politisch verantwortlich für die Zerstörung, die Bäderschließung und die Fehlkalkulation der Baukosten (aus unrealistisch geplanten 17 Millionen Euro wurde ungefähr das Doppelte) sind u.a. CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW.
Die Fotos wurden Ende Februar 2014, das Birken(vor)wald-Foto im Februar 2012 von Rosa Thiemer erstellt.