Die Rosen von Jericho
Hochinteressant ist die Rose von Jericho, eine Pflanze, die in trockenem Zustand unscheinbar eingerollt ist und sich nach dem Kontakt mit Feuchtigkeit wieder entfaltet. Drei Arten wurden im Laufe der Zeit mit diesem Namen belegt.
Die Rosenstöcke zu Jericho finden in der Bibel im Buch Sirach Erwähnung. Aber was für eine Pflanze versteckt sich hinter diesen Rosen? Die Übersetzung als "Rose" ist nämlich irreführend; Rose bezeichnet hier eine wertvolle Pflanze. Kreuzfahrer brachten Pflanzen nach Europa, die sich nach trockener Lagerung bei Feuchtigkeit entfalteten. Als "Rosen von Jericho" oder "Auferstehungspflanzen" galten sie als wundertätig.
Asteriscus pygmeus
Drei Pflanzen wurden im Laufe der Zeit mit diesem Namen belegt. Asteriscus pygmaeus ist ein einjähriger Korbblütler, der mit dem als Balkonblume verwendeten Goldtaler (Asteriscus maritimus) nahe verwandt ist. Genau wie jener blüht A. pygmaeus gelb, ist aber einjährig und wird nur etwa 5 cm hoch. Er kommt von Algerien über die gesamte Sahara im Süden und den Mittelmeerraum im Norden östlich bis Belutschistan vor.
Die Pflanze blüht schon kurze Zeit nach der Keimung und trocknet dann ein. Ihre Köpfchen rollen sich im Vertrocknen zusammen. Regnet es nach einigen Monaten bis Jahren wieder, so quillt das tote Gewebe unterschiedlich schnell auf, sodaß sich die Hüllblätter der Köpfchen blütenartig sternförmig entfalten und die davor von ihnen geschützten Samen freigeben.
Die kleinen Nußfrüchte werden dann durch die nächsten Regentropfen bis zu einem Meter weit aus dem Fruchtstand geschleudert. Pflanzen mit solchen Regenschleudermechanismen werden von den Botanikern als ombrochor bezeichnet. Die Pflanzen, die hier binnen weniger Minuten scheinbar erblühen, sind in Wirklichkeit schon lange tot.
Anastatica hierochuntica
Ähnlich ist es bei der zweiten Art, Anastatica hierochuntica, einem Kreuzblütler. Die einjährige Pflanze wächst in ihrer Heimat – von Marokko bis Südiran – von der Wurzel weg in alle Richtungen dicht dem Boden angepreßt. So entstehen Kreisflächen. Nach der Fruchtbildung stirbt die Pflanze ab und trocknet aus. Dabei zieht sie sich faustartig zu einem Knödel zusammen. Es bricht auch der Wurzelhals, und die Pflanze wird vom Wind über den Boden gerollt. Manchmal viele Kilometer weiter, beim nächsten Regen, quillt das Gewebe wieder auf. Aus dem jetzt wieder kreisflächigen Gebilde fallen die Samen, die sofort keimen.
Diese Art fehlt zwar – im Gegensatz zu Asteriscus – angeblich um Jericho, es werden ihr aber im Orient magische Kräfte zugeschrieben, weswegen sie überall gehandelt wird. Auch die von den Kreuzrittern mitgebrachten Pflanzen dürften zu dieser Art gehört haben.
Selaginella lepidophylla
Was uns der Handel als Rose von Jericho oder "Auferstehungspflanze" oft fälschlich als Anastatica unterjubelt, ist in Wirklichkeit ein aus der Neuen Welt stammender Moosfarn. Diese in den Wüsten- und Halbwüstengebieten von Arizona und Texas bis El Salvador vorkommende Selaginella lepidophylla ist eine poykilohydrische Staude, d.h. sie kann völlig austrocknen ohne abzusterben. Wie Anastatica zieht sie sich als kreisflächiger Bodendecker dabei kugelförmig zusammen. Kommt sie wieder mit Wasser in Berührung, so entfaltet sie sich nicht nur, sondern ergrünt auch wieder und lebt. Allerdings geht sie dann meist ein und entfaltet sich später nur mehr als tote Pflanze. Um zu überleben muß dieser Moosfarn in sandiges Substrat getopft werden und braucht pralles Sonnenlicht. Nur wenige Wochen im Jahr soll er Wasser bekommen. Die Pflanze ist durch Stecklinge vermehrbar.