Isebek: Naturschutzbund soll Bürobau schützen

Pressemitteilung der Isebek-Initiative für den Erhalt des Grünzuges am Isebekkanal
Investorenschutz statt Naturschutz?
Naturschutzbund soll Bürobau schützen:
Alexander Porschkes Weg vom Mühlenberger Loch zum Isebek

In seiner Funktion als Vorsitzender des Hamburger Naturschutzbundes (NABU) hat sich der GAL-Politiker und Geschäftsmann Alexander Porschke in einer Pressemitteilung am 16. Juni 2010 für den Bau einer großen Büro­immobilie zwischen Isebekkanal und U-Bahnhof Hohe­luftbrücke in Hamburg-Eimsbüttel ausgesprochen. Er fiel damit einer Gruppe von Naturschützern in den Rücken, die sich – als ISEBEK-INITIATIVE für den Erhalt des Grünzuges am Isebekkanal – seit über zwei Jahren erfolgreich für die Bewahrung einer Naturoase im Eimsbütteler Kerngebiet einsetzt. Porschke ließ den NABU poli­tisch Partei ergreifen gegen ein Bürgerbegehren der Isebek-Initiative, das die drohende Zerstö­rung der Biotopvernetzung des Isebek-Grünzuges durch das geplante Bauvorhaben verhindern will. Schon einmal, im Jahre 1999, hat Porschke dem Naturschutz in Hamburg schweren Schaden zugefügt, als er als Umweltsenator der teilweisen Zerstörung und der ökologischen Entwer­tung des Mühlenberger Lochs zustimmte, des größten europäischen Süß­wasserwatts und des ehemals wichtigsten Wasservogelrastplatzes in Hamburg.

Am 23. März 2010 übernahm A. Porschke den Vorsitz des NABU. Er musste dazu nicht einmal aus dem Hause gehen, denn er hat seinen Firmensitz dort, wo auch der NABU seine Geschäftsstelle hat, in der Eimsbüttler Oster­straße 58. Porschke, von Haus aus Ingenieur für Regelungstechnik, ver­marktet dort unter anderem seine Kenntnisse und Beziehungen als ehemaliger Umwelt­senator in einer Firma, die ursprünglich „Büro Porschke, Umwelt, Entwicklung, Kommunikation“ hieß. Einige Monate vor Übernahme des NABU-Vorsitzes entfernte Porschke seinen Namen aus der Firmenbezeichnung; sie lautet nun „Gesellschaft für Umwelt, Ent­wicklung und Kommunikation (gumeko)“. Zu den Auf­traggebern des „Politikbera­ters“ Porschke gehört – laut gumeko-Website – neben der Wirtschaftsbehörde Hamburg auch der Naturschutzbund Hamburg NABU. Der nun übernommene Vorsitz eben dieses Vereins ist für den Geschäftsmann Porschke sicher nicht von Nachteil.

Unmittelbar nach Übernahme des NABU-Vorsitzes erklärte Porschke der Presse, er wolle „den NABU politischer ausrichten“. Gleich darauf begann der neue Vorsitzende mit der politischen Ausrichtung des Naturschutzbundes Hamburg gegen das laufende, auch von seiner Partei, der GAL, bekämpfte Bürgerbegehren „Für die Respektierung des Bürgerwillens in Eimsbüttel!“. Am 5. Mai 2010 nutzte Porschke seinen Antrittsbesuch in der Eimsbüttler NABU-Gruppe dazu, seine ablehnende Auf­fassung zu den Zielen des Bürgerbegeh­rens ausführlich darzule­gen. Anschlie­ßend ließ er über den am Isebekkanal geplanten Bau eines großen Büroblocks („Hoheluftkontor“) abstimmen, der von dem Bürgerbegehren wegen der entste­henden ökologischen Schäden abge­lehnt wird, und erhielt ein fast einstimmi­ges Votum für eine mögliche Zustim­mung des NABU zu dem umstrittenen Bauvorhaben. Ähnliche Versuche Porschkes, den NABU gegen den bevorste­henden Bürger­entscheid einzu­schwören, waren dem Vernehmen nach nicht immer so erfolgreich, weil im Naturschutz engagierte Mitglieder des Verbandes Widerspruch anmeldeten. Der Versuch einer Fachgruppe beim NABU, einen an den Vorstand gerichteten Protestbrief, der die Befürwortung des Hoheluftkontors durch den NABU miss­billigt, auch der Öffent­lichkeit bekannt zu machen, scheiterte indes, nachdem Porschke Kenntnis davon erhalten hatte.

Am 27. Mai 2010 hatte „der NABU“ ein Gespräch mit dem Eimsbüttler Bezirksamtsleiter und überzeugte sich, laut Pressemitteilung vom 16.6.2010, von der Unbedenklichkeit des Bauvorhabens auf Kosten der Biotopvernetzung des Isebek-Grünzuges.

Deprimierend und ergebnislos verlief ein Gespräch, das Mitglieder der Isebek-Initiative am 11. Juni 2010 mit Herrn Porschke und zwei ausgewählten Mitglie­dern der Eims­büttler NABU-Gruppe führten. Gleich zu Beginn des Gesprächs gab Porschke zu verstehen, dass er seine Entscheidung gegen die Ziele des Bürgerbegehrens bereits getroffen habe. Die Mitglieder der Isebek-Initiative hoben hervor, wie wichtig es ihnen sei, mit diesem Bürgerentscheid auch die Gedanken des städtischen Naturschutzes in alle Eimsbüttler Haushalte zu tra­gen und auf diese Weise allgemein für den Naturschutz zu werben. Dass in dieser Situation die öffentli­che Abkanzelung einer engagierten, unabhängigen Naturschutzgruppe durch den übermächtigen Verband NABU dem Natur­schutzgedanken in Hamburg schaden würde, ließ Porschke nicht gelten.
Die nachfolgenden politischen Aktionen Porschkes waren anscheinend genau auf die Maßnahmen des Bezirksamtes Eimsbüttel abgestimmt: Am 16. Juni 2010 um 9.35 Uhr, genau zu der Zeit, in der die Abstimmungsunter­lagen für den Bürgerent­scheid der Isebek-Initiative an die Eimsbüttler Haus­halte ausge­liefert wurden, ver­sandte Porschke eine Pressemitteilung mit der Überschrift „NABU hält Hoheluft­kontor an der Isebek unter Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes für ver­tretbar“. Wenig später, um 15.31 Uhr, ver­schickte Porschke eine Vollzugsmeldung, mit seiner Pressemitteilung als Anlage, an die Landes­arbeitsgemeinschaft Naturschutz seiner Partei, der GAL. Am darauffol­genden Morgen konnten die Eims­büttler beim Ausfüllen ihrer Abstim­mungs­unterlagen in einer Hamburger Boule­vardzeitung nachlesen, wie sie nach Auf­fassung des wörtlich zitierten Porschke abzustimmen hätten. Unter der Über­schrift „Der absurdeste Bür­gerentscheid der Stadt“ hieß es, der NABU habe „nun dazu aufgerufen, im Bürger­entscheid für die Bebauung zu stimmen.“ Auch in den Folgetagen bestimmte die Bürobau-Werbung Porschkes die Schlag­zeilen der Presse zum Bürgerentscheid, so am 23. Juni 2010 in einem Eims­büttler Anzeigenblatt: „Naturschutzbund: Ja zum Hoheluftkontor“.

Der GAL-Politiker, Geschäftsmann und NABU-Vorsitzende Porschke befindet sich bei seinen Aktivitäten gegen unabhängige Eimsbüttler Naturschützer in einem mehrfachen Interessenkonflikt.

Als GAL-Politiker ist er im vergangenen Jahr bereits bei der Kandidatenauf­stellung für die Bundestagswahl gescheitert. Die Übernahme des NABU-Vorsit­zes nutzt Porschke nun zu ganzseitigen Selbstdarstellungen in der Presse, um sich als jemand, der sich „politisch wieder einmischen“ will, wirkungsvoll in Szene zu set­zen. Bei seiner politischen Einmischung als NABU-Vorsit­zender in einen Bür­gerentscheid mit hohem Aufmerksamkeits- und Bekannt­heitsgrad kann Porschke mit entsprechend großen Schlagzeilen für sich rechnen.

Gleichzeitig versucht Porschke mit seinem Angriff auf das Naturschutz-Bürger­be­gehren offenbar, seinen mangelnden politischen Einfluss in der GAL aufzu­bes­sern. Denn die GAL in Eimsbüttel gehört zu den schärfsten Gegnern der Isebek-Initiative. Die „grüne“ Isebek-Initiative ist gleichsam das schlechte Gewissen der Eimsbüttler GAL, erinnert sie doch diese ehemals grüne und aus Bürgerinitiati­ven entstandene Partei daran, wie weit sie sich inzwischen – zum Zwecke der Machtteilhabe – von ihren früheren Idealen entfernt hat. Die Eims­büttler GAL war die eifrigste Befürworterin der geplanten, umfangreichen Baumfällun­gen vor dem Kaifu-Freibad, denn sie wollte die gesamte Baumallee der Verbreiterung des ihr wichtigeren Radweges opfern. Ebenso eifrig setzte sie sich für die Rodung der ökologisch wertvollen Isebek-Ufergehölze vor dem U-Bahnhof Hoheluftbrücke ein, – nach Auf­fassung des GAL-Sprechers nur „Wildwuchs“. Und die Eims­büttler GAL beteiligte sich in vorderster Reihe an der Verhinderung des Bür­gerentscheids „Hände weg vom Isebek!“ durch rechtmissbräuchliche Schein­übernahmen des Bürgerbegehrens.

Dass der NABU-Vorsitzende Porschke sich – bei einem Büroleerstand von 1 Million Quadratmetern in Hamburg – für den Bau einer riesigen Büroimmobi­lie mit weite­ren 5000 – 6000 Büroquadratmetern ausgerechnet in einem wichti­gen Vernet­zungsbereich des städtischen Biotopverbundes stark macht, ist so unverständlich, dass man fragen muss, ob hier möglicherweise auch andere Interessen eine Rolle spielen.

Städtebaulich lässt sich dieser Büroblock inmit­ten einer denkmal­geschützten, in Hamburg einmaligen Klinkerbebauung der Weimarer Zeit ja nicht mehr ernsthaft rechtfertigen, nachdem auch der angesehene Hamburger Kunsthisto­riker und Denk­mal­schützer Professor Dr. Hermann Hipp sich ent­schieden gegen diese alles erdrückende Bebauung ausgesprochen hat.

Es geht also ums Geld: Die Finanz­behörde will ein lukratives Grundstück verkau­fen, statt es gemäß geltendem Bau­stufenplan als öffentliche Grünanlage herzu­richten. Ein Investor will 20 Millionen Euro investieren, um damit eine hohe Rendite für eine Büroimmobilie im Grünen und am Wasser zu erzielen. Und der Bezirk erhält eine Prämie aus dem bezirkli­chen Anreizsystem für die bedarfs­gerechte Bereitstellung einer als Grünanlage geplan­ten Fläche zur Bebauung. Auch für den Geschäftsmann Porschke, der ja auch von Behörden- und Firmenaufträgen lebt, könnten die Erwartungen seiner tatsächlichen oder potentiellen Auftraggeber eine Rolle spielen. Und für den NABU-Vorsitzenden besteht immer die Gefahr, dass die Aussichten auf staatliche Zuschüsse und Ver­günstigungen im Zweifelsfall höheres Gewicht entfalten als Gesichtspunkte des Naturschutzes.
Fachlich sind die Einschätzungen Porschkes zur Situation am Isebekkanal jeden­falls ebenso falsch wie seinerzeit die beim Mühlenberger Loch, – und damit sind wir wieder beim Eingangsgedanken dieser Betrachtung. Für die Zer­stö­rung eines Bio­topverbundes gibt es ebenso wenig einen Ausgleich wie für ein einmaliges Süßwasserwatt mit seiner speziellen Lebensgemeinschaft, das sich elbabwärts unter anderen Umweltbedingungen – zum Beispiel durch die Elb­vertiefung zunehmendem Brackwassereinfluss – nicht gleichartig wiederher­stellen lässt. Als „groben Unfug“ bezeichneten Biologen seinerzeit auch die Vorschläge, die Haseldorfer Marsch – ein wichtiges Brut- und Rastgebiet für Wiesenvögel – als Teilausgleichsmaßnahme für die Teilzerstörung des Mühlen­berger Lochs ebenfalls zu zerstören. Dem Naturschutzbund-Vor­sitzenden Porschke fehlen demnach wichtige Fach­kenntnisse für den Naturschutz oder zumindest die Bereitschaft, fachlichen Rat zu beherzigen. Wenn er nun sein Amt dazu benutzt, autoritär eine ausdrücklich „politischer ausgerichtete“ Ziel­setzung in seinem Verband auch gegen den Wider­stand fachkundiger Natur­schützer durchzusetzen, dann kommen so unerfreuliche Ergebnisse dabei heraus, wie jene Pressemitteilung vom 16. Juni 2010, in der der Vorsitzende des Naturschutzbundes für den Bau einer Gewerbeimmobilie eintritt, die der Natur eindeutig schadet.

Mit der Instrumentalisierung eines dem Naturschutz verpflichteten Ver­ban­des für seine politischen Zwecke ist A. Porschke dabei, den Naturschutz­bund Hamburg in Verruf zu bringen. Naturfreunde in Hamburg werden sich fra­gen, ob sie weiter Beiträge und Spenden an einen Verein zahlen sollen, der sich von seinem Vorsitzenden zur Speerspitze gegen ein Bürgerbegeh­ren missbrauchen lässt, das den Schutz der Stadtnatur ernster nimmt als der derzeitige Vorsitzende des NABU Hamburg.

Weitere Informationen, Bilder und Dokumente zum Thema finden sich auf der Website zum Bürgerentscheid unter www.isebek-initiative.de.