Berlin: Volksentscheid über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe

Volksentscheid Berliner Wasser
Volksentscheid Berliner Wasser
Am heutigen Sonntag, dem 13. Februar 2011, findet der Volksentscheid über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben statt. Der Text auf dem Stimmzettel hat den Wortlaut:
Abgestimmt wird über den Gesetzentwurf über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben, der im Amtsblatt für Berlin vom 17. Dezember 2010 veröffentlicht ist und im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:
Alle bestehenden und künftigen Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe sind mit Ausnahme personenspezifischer Daten vorbehaltlos offen zu legen. Sie bedürfen einer eingehenden öffentlichen Prüfung und Aussprache unter Hinzuziehung von unabhängigen Sachverständigen und der Zustimmung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Sie sind unwirksam, wenn sie nicht im Sinne dieses Gesetzes abgeschlossen und offen gelegt werden.
Die Abstimmungsfrage lautet:
Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu? (Ja/Nein)


Die Abstimmungslokale sind von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet. Der Standort Ihres Abstimmungslokals ist in der von den Bezirkswahlämtern ab 10.01.2011 versandten Benachrichtigung enthalten. Die Unterlagen müssen bis 22.1.2011 zugegangen sein.
Abstimmungsberechtigt sind alle Berlinerinnen und Berliner, die auch an Wahlen zum Abgeordnetenhaus teilnehmen dürfen. Dazu gehört u.a. die Anmeldung mit alleiniger Wohnung oder Hauptsitzwohnung in Berlin. Sie musste bis zum 13.11.2010 erfolgt sein.
Teilnehmen ohne Abstimmungsschein

Sie können am Volksentscheid auch ohne Abstimmungsschein teilnehmen. Sie benötigen dazu lediglich den gültigen Personalausweis mit dem Vermerk über Ihren Hauptwohnsitz in Berlin. Die Adresse Ihres Abstimmungslokals erfahren Sie mit Hilfe der „Abstimmungslokalsuche“ auf der Internetseite der Landeswahlleiterin oder telefonisch unter (030) 90 21 36 31. Sie können am Samstag zwischen 8 und 14 Uhr und am Wahltag zwischen 8 und 18 Uhr anrufen.
Bleiben Sie zu Hause, stimmen Sie per Brief ab

Die Unterlagen für die Briefabstimmung können Sie heute nur bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung bis 15.00 Uhr beantragen. Setzen Sie sich dazu bitte telefonisch mit dem Landeswahlamt in Verbindung: (030) 90 21 36 31

Der Gesetzentwurf

Gesetz für die vollständige Offenlegung von Geheimverträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe

§ 1 Offenlegungspflicht

1. Alle Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden, die im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe stehen und zwischen dem Land Berlin und den privaten Anteilseignern geschlossen worden sind, sind gemäß § 2 dieses Gesetzes vorbehaltlos offen zu legen. Satz 1 wie die folgenden Rechtsvorschriften gelten auch für zukünftige Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden.
2. Von der Offenlegung ausgenommen sind personenspezifische Daten natürlicher Personen.
3. Das Vorliegen des Ausnahmevorbehalts des Absatzes 2 wird vom Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit festgestellt. Er ist berechtigt, die entsprechenden Daten zu schwärzen.

§ 2 Bekanntmachungen

Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt unmittelbar nach Abschluss der Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden im Amtsblatt für Berlin. Zusätzlich sind die Dokumente des Satzes 1 auf dem Eingangsportal des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Satz 1 und 2 gelten für bereits abgeschlossene Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden entsprechend.

§ 3 Zustimmungs- und Prüfungspflicht

Alle Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden gemäß § 1 dieses Gesetzes sowie Änderungen bereits bestehender Verträge, die den Haushalt Berlins auch hinsichtlich möglicher zukünftiger Folgen im weitestgehenden Sinne berühren könnten, bedürfen der Zustimmung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Bestehende Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden bedürfen einer eingehenden, öffentlichen Prüfung und öffentlichen Aussprache durch das Abgeordnetenhaus unter Hinzuziehung von unabhängigen Sachverständigen. Für die Prüfung der Verträge ist dem Abgeordnetenhaus eine Frist von mindestens sechs Monaten einzuräumen.

§ 4 Unwirksamkeit

Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden, die nicht im Sinne dieses Gesetzes abgeschlossen und offen gelegt wurden, sind unwirksam. Bestehende Verträge sind unwirksam, wenn sie innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht offen gelegt werden.

§ 5 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

Die Begründung

In der Broschüre der Landesabstimmungsleiterin zum Volksentscheid begründet der Berliner Wassertisch seine Position.

Quelle: Berliner Wassertisch

5 Gedanken zu „Berlin: Volksentscheid über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe“

  1. Veolia, sich selber als Umweltdienstleister bezeichnend ist der Konzern, der für Preissteigerung und Qualitätsverschlechterung steht. Bezeichnenderweise ist er neben der Pleitebank HSH Nordbank (in zahlreiche Straftaten verstrickt) und dem Umweltzerstörer Audi Hauptsponsor der Kieler Woche, die seit Jahren auf kulturellem Sinkflug ist und zu einer Plastik-Lärm-Wurst-Alkohol-Veranstaltung verkommen ist.

  2. Berlin.de meldet:
    Volksentscheid über Wasserverträge erfolgreich
    Der Volksentscheid zur Offenlegung aller Wasserverträge in Berlin am Sonntag war mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich. Die Mehrheit der Teilnehmer und zugleich mehr als ein Viertel aller Berliner Wahlberechtigten sprachen sich für die Initiative des Wassertisches Berlin aus, teilte Landesabstimmungsleiterin Petra Michaelis-Merzbach am Abend nach Auszählung von mehr als 92,4 Prozent der Stimmzettel mit. Demnach beteiligten sich 26,7 Prozent der Stimmberechtigten, 26,2 Prozent stimmten mit Ja. Gefordert worden war, dass alle Verträge und Nebenabsprachen zum Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe aus dem Jahr 1999 veröffentlicht werden.

    Als Quelle wird dpa angegeben – eigene Informationen des Landes Berlin sind bei einer schnellen Suche auf Berlin.de nicht zu finden. Eigentlich ein Armutszeugnis für den Berliner Senat – zeigt es doch wie wichtig selbiger die Entscheidung der BürgerInnen nimmt. Eigentlich müsste das Ereignis an exponierter Stelle auf Berlin.de dargestellt werden. Passt aber zu dem Druck den SPD- und LINKEN-Funktionäre gegen ihre eigene Basis aufgebaut haben, um eine Beteiligung von Untergliederungen zu verhindern. Zeigt auch schön die Demokratiedefizite der Parteien auf.

  3. Sowohl die ARD-Tagesthemen als auch ZDF-heutejournal haben nicht berichtet. Passt nicht in die streng neoliberale Ausrichtung der Magazine. Dafür gabs aber Peter Alexander u.a.m.

    Peinlich, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihren Gesetzesauftrag nicht wahrnehmen und den seltenen Fall einer erfolgreichen Volksabstimmung in einem Bundesland verschweigen.

  4. Berlin.de hat den in meinem 2. Kommentar verlinkten Artikel offline gestellt und man kommt auf dieser URL nur noch zu dem vorherigen Artikel, der die geringe Wahlbeteiligung zur Mittagszeit thematisiert. Als neuer Artikel ist eine Umdeutung des Volksentscheides von Wowereit zu finden. Da scheinen ja quer durch die Republik ganz schön viele Leute Einfluss zu nehmen, um Berichterstattung zu unterbinden…

    Das mit der geringen Wahlbeteiligung ist übrigends relativ: Die meisten Parteien dürften sich über eine derart hohe Zustimmung erfreut sein. Naja, der Erfolg der BerlinerInnen soll eben kleingeredet / kleingeschrieben werden.

  5. Detailierte Zahlenangaben zum Volksentscheid sind auf Berlin.de nur bei der Landeswahlleiterin erhältlich.
    Zitat:

    Der Gesetzentwurf über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben
    wurde durch Volksentscheid angenommen.

    Abstimmungsbeteiligung: 27,5%

    Für die Annahme des Gesetzentwurfs musste
    1. Die Mehrheit der Teilnehmer zustimmen.
    98,2% der Teilnehmer stimmten mit Ja.

    und zugleich musste
    2. Mindestens ein Viertel (Quorum) der Stimmberechtigten, also mindestens 616 571 Personen, zustimmen.
    Es stimmten 665 713 Personen also 27,0% der Stimmberechtigten mit Ja.

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