BUND fordert Verbot der Schadstoffe im Umfeld von Kindern
Berlin: Analysen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben ergeben, dass viele Kitas mit gesundheitsschädlichen Weichmachern hoch belastet sind. Der Umweltverband hatte bundesweit angeboten, Staubproben aus Kindertagesstätten kostenlos auf Schadstoffe analysieren zu lassen. Bisher wurden Staubproben von sechzig Kindertagesstätten analysiert. Im Durchschnitt waren die untersuchten Kitas dreifach höher als normale Haushalte mit gesundheitsschädlichen und hormonell wirksamen Weichmachern belastet. Die Analysen der Staubproben einiger Kitas ergaben besonders alarmierende Werte. Dort können Kinder allein durch ihren Aufenthalt in den Kita-Räumen gefährliche Chemikalien in gesundheitlich bedenklichen Konzentrationen aufnehmen.
Weichmacher werden unter anderem mit Missbildungen der Geschlechtsorgane, verfrühter Pubertät und späteren Störungen der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht. Bei den analysierten Kita-Staubproben zeigte sich eine besonders hohe Belastung mit den Weichmacher-Phthalaten DINP und DEHP. Die EU hat DEHP bereits offiziell als fortpflanzungsschädigend eingestuft, für DINP steht dies noch aus.
Professor Ibrahim Chahoud, Toxikologe an der Berliner Universitätsklinik Charité: „Die hohe Belastung der Kitas mit Weichmachern ist inakzeptabel. Kleinkinder befinden sich noch in der Entwicklung und reagieren deshalb besonders empfindlich auf hormonelle Schadstoffe. Deshalb müssen im Umfeld von Kindern die Belastungen mit diesen Chemikalien schnellstens minimiert werden.“
Ursache für die hohe Belastung der Kitas mit Weichmachern seien vor allem Einrichtungsgegenstände aus Weich-PVC, sagte die BUND-Chemieexpertin Sarah Häuser. Hierzu zählten unter anderen PVC-Fußböden, Vinyltapeten, Turnmatten, Tischdecken aus Plastik und Möbelpolsterungen aus Kunstleder. Während der Einsatz verschiedener Weichmacher in Spielzeug bereits verboten sei, sei die Verwendung in den meisten anderen Produkten jedoch weiter erlaubt.
Häuser: „Ausgerechnet in vielen Kitas ist die Gesundheit unserer Kinder gefährdet. Dabei gibt es genügend Alternativen zu Weich-PVC. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner muss endlich dieses Problem wahrnehmen und Kinder besser vor Chemiegiften schützen. In sämtlichen Produkten, die im Umfeld von Kindern verwendet werden, müssen sofort schädliche Weichmacher verboten werden.“
Der BUND startete zeitgleich mit der Veröffentlichung seiner Analysen eine Online-Aktion, mit der sich besorgte Eltern und Erzieherinnen an die Verbraucherschutzministerin wenden können. Zu den ersten prominenten Unterstützern der Aktion „Zukunft ohne Gift“ gehören Tanja Dückers, Tita von Hardenberg und Christian Kahrmann.
Hintergründe und Grafiken zu den BUND-Analysen von Kita-Stäuben
Pressemitteilung des Umweltbundesamtes zum Thema
Plastikweichmacher in Kindertagesstätten
Auskunftsrechte für Eltern und Kindergärten nach REACH nutzen
Gestern veröffentlichte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Studie zu Weichmachern (Phthalate) im Staub von Kindertagesstätten. Die Ergebnisse bestätigen Messungen unter anderem des Umweltbundesamts (UBA), bei denen auch in Wohnungen zum Teil höhere Weichmachergehalte gefunden wurden. Weichmacher stehen im Verdacht, für Missbildungen der Geschlechtsorgane und Störungen der Fruchtbarkeit verantwortlich zu sein. Quelle sind meist Einrichtungsgegenstände aus Weich-Polyvinylchlorid (PVC), etwa PVC-Fußböden, Vinyltapeten, Turnmatten, Tischdecken aus Plastik oder Möbelpolster aus Kunstleder.
Die Belastung lässt sich aber einfach senken: Eltern und Kindertagesstätten sollten beim Kauf auf Produkte setzen, die keine besorgniserregenden Weichmacher enthalten. „Händler und Vertreiber sind verpflichtet, den Konsumenten auf Nachfrage mitzuteilen, ob etwa ein neuer Bodenbelag besorgniserregende Weichmacher enthält. Das europäische Chemikalienrecht REACH verpflichtet den Handel, innerhalb von 45 Tagen über Inhaltsstoffe aus der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe Auskunft zu erteilen. Eltern und Kitas sollten dieses Recht nutzen“, sagte UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Das UBA hat ein Musterschreiben vorbereitet, mit dem sich gezielt beim Handel nachfragen lässt.
Die vier kommerziell wichtigsten Weichmacher hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten in die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe – die sogenannte Kandidatenliste – aufgenommen. Weitere Phthalate stehen auf der Agenda. Mit der Aufnahme verbunden sind weitreichende Auskunftspflichten für Hersteller, Importeure und Handel – und Auskunftsrechte für Bürgerinnen und Bürger. Hier kann jeder gezielt sein Kaufverhalten steuern und auf im Handel ebenfalls verfügbare Alternativen ausweichen.
REACH geht noch weiter: Für drei Phthalate gilt ab 2015 eine Zulassungspflicht. Dann muss jegliche Verwendung dieser Stoffe bei der Europäischen Chemikalienagentur einzeln beantragt werden. Zwar sind es bis dahin noch vier Jahre, doch das Signal kommt am Markt an: Viele PVC-Hersteller sind auf Produkte ohne besorgniserregende Weichmacher umgestiegen. Das UBA empfiehlt, vorsorglich auf Weich-PVC ganz zu verzichten. Bei vielen Produkten lohnt auch der Umstieg auf Alternativen mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“. Dieses kennzeichnet Produkte, die umweltfreundlich hergestellt sind und die Gesundheit nicht belasten.
Der UBA-Musterbrief zum Herunterladen.