Autor: Martin Beckers
Allgemeines
Die Gattung der Weiden (Salix) umfasst ca 300 Arten. Sie gehören neben Pappeln (Populus) und Chosenia zur Familie des Salicaceae.
Es sind Laubgehölze mit weichem Holz, zweihäusigen Blüten, die in Kätzchen angeordnet sind, ungeteilten sommergrüenen Blättern, gute Kreuzungsfähigkeit innerhalb der Gattung, Flachwurzler, meistens licht- und wasserliebend, Pioniercharakter (Ausbreitung der Saat anemochor durch Fluganhängsel, Flugentfernung bis 50 km) und eine vegetative Verbreitung durch gute Bewurzelungsfähigkeit der Triebe. Die Gattung ist auf der nördlichen Halbkugel verbreitet, vom Flußtälern bis Hochgebirgslagen.
Der Name Weide stammt vom mittelhochdeutschen Wort wida ab. Dieses wiederum geht auf das lateinische vitis = Rebe, Ranke zurück. Die Bezeichnung Salix stammt vom altindischen Salilam = Fluß ab.
In der Landwirtschaft
Die Weiden begleiten uns schon lange Zeiten. Unsere Vorfahren hatten sie als Baumaterial im Fachwerkbau. Die Balkenfächer wurden mit Weiden- oder Haselgeflecht versehen, welches dann mit Lehm beworfen wurde. Weidengerten dienten mannigfaltigen Gefäßen als Ausgangsmaterial: Fischreusen und Obstkörbe, Wiegen und Flechtwände. Für diese Zwecke gab es eigene Weidenkulturen. Hauptanbaugebiete waren der Oderbruch, die Region um Aachen und Oberfranken. Flechtweiden für grobes Material ging auf Salix viminalis, deren Sorten und Kreuzungen zurück. Die feineren Arbeiten fertigte der Korbmacher aus Salix purpurea. Zur Verwendung kommen hierbei ein bis zweijährige Ruten die im Winter geschnitten wurden. Ihre Lagerung erfolgte in Bunden. Vor Gebrauch werden die Ruten 8-14 Tagen eingeweicht, je nach Dicke und Wasserqualität. Als Bindematerial zum Bündeln in Baumschulen oder zum Befestigen von Reben im Weinbau wurden ebenfalls Weidenruten benutzt. Hierzu verdrehte man die Gerten unter heftigem Zug gegeneinander und steckte die Enden unter die Verzurrung. Die verwendeten Sorten:Salix purpurea, S.americana hort., S. alba var. vitellina. Faßreifen, im besonderen von Butterfässern, fertigte man bis vor gar nicht langer Zeit aus Weidenstöcken. Sogenannte Bandreisser fertigten aus Stangen der Bandstockweide(S.x dasyclados) und der Königsweide (S.viminalis regalis) durch spleißen und glätten flache Bänder. Hieraus wurden die Faßreifen.
In der Forstwirtschaft
Weiden, die in der Forstwirtschaft verwendet werden, dienen der Weichholzgewinnung. Das Holz ist leicht und gleichmäßig, aber wenig fest. Die Holzqualität entspricht fast der der Pappel, nur ist die Faserlänge etwas geringer.
Verwendet wird das Holz für Kisten und Sperrholz, für Zellstoff und Faserplatten, sowie als Schnitzholz. Salix alba 'Mötzow' ist eine Auslese mit festem Holz, wie z.B. Fichte, aus dem auch Möbel gefertigt werden können. Weiden haben aber den Vorzug gegenüber den Pappel, daß sie auch auf wesentlich schlechteren Standorten noch leidliche Erträge bringen. Salix alba und S. fragilis sind wohl die Arten, die hier am meisten aufgeforstet werden.
In der Energiewirtschaft
Weiden, sowie auch Pappel und Espen können in speziellen Schnellwuchsplantagen für die Hackschnitzelgewinnung angebaut werden. Die thermische Verwertung geschieht in vollautomatischen Hackschnitzelfeuerungsanlagen. Von den Weidensorten seien genannt aus schwedischer Züchtung 'Ulv', 'Thora', 'Björn' oder aus westlicher Züchtung 'Zieverich'.
In der Ingeneurbiologie
Die Ingeneurbiologie, die Verwendung von lebendem Pflanzenmaterial als Baumaterial im Wasser- und Erdbau, wird auch seit altersher betrieben. Die Pflanzungen gehen nicht vom ästethischen Bild sondern vom praktischen Nutzen der Biophysik aus. Der Uferschutz durch Weiden ist das klassische Beispiel. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert benutzte man Weiden (Salix vimianlis, u.a.) um stark mäandrierende Flüsse einzugrenzen und die Ufer zu sichern, ganz besonders schiffbare Gewässer. Im Erdbau finden Weiden (z.B. Salix cineria 'Böschungsteppich') als Hangsicherung Verwendung. Weidengebüsche werden zu Initialzellen der Gehölzentwicklung. Für die Sicherung von Dünen werden Salix repens oder auch S. daphnoides gesetzt. Für alle diese Verbauungszwecke gibt es unterschiedliches Pflanzenmaterial: Steckholz, Setzpflock, Steckrute oder Setzstange.
In der Landschaftspflege
Durch die Landnutzung, sei es durch Industrie, Bergbau oder Energiewirtschaft, entstehen sogenannte Brachen. Diese haben häufig Ödlandcharakter mit Böden, die Rohböden sind, und Nährstoffgehalten von gering bis sehr gering. Hier wachsen die Weiden als Pioniergehölze immer noch ganz prächtig. Salweide und Reifweide dürften hier wohl an erster Stelle der Verwendung stehen. In der ausgeräumten Kulturlandschaft helfen Feldhecken als wichtige Strukturelemente, die die Landschaft abwechslungsreich gestalten. Sie dienen der biologischen Vielfalt als Rückzugsgebiet für verschiedene Tierarten und den landwirtschaftlichen Böden als Erosionsschutz. Solche, in Schleswig-Holstein als Knicks bezeichnete Feldhecken, können auch aus Weidenpfanzungen entstehen. Ein Weidenklon aus der Züchtung zu Windschutzzwecken sind Salix triandra var. semperflorens 'Continua 70' aus dem östlichen Europa oder Salix vimianlis 'Bowles Hybrid' aus Großbritannien.
In der Bodenentseuchung
Weiden sind in der Lage, größere Mengen Schwermetalle (Cadmium, Zink, Kupfer, Blei…) und andere organische Verbindungen aufzunehmen und so den Böden zu entziehen. Dabei tolerieren sie extreme pH-Werte, hohe Salzgehalte und SO2 haltige Luft. Als Pflanzenbeispiel ist hier die Salix x dasyclados 'Calaminaria' genannt. Sie wurde zur Dekontamination der Flächen der Norddeutschen Affinerie in Hamburg eingesetzt.
Im Gartenbau
Weiden als Zierpflanzen für Gärten und Landschaft werden in Baumschulen herangezogen. Es gibt baumförmige Arten und Sorten als Straßenbäume (z.B. Salix alba 'Chermesina' oder 'Sericea'), Solitzärbäume für Parks (z.B. Salix alba 'Tristis'), Zwergweiden für Heide und Steingärten (z.B. Salix hastata 'Wehrhahnii' oder Salix grahamii), Weiden mit veränderten Trieben wie: korkenzieherartig gedreht (Salix x erythroflexuosa) oder verbändert (Salix 'Setsuka'), und panaschietrte Formen wie Salix integra 'Hakuro-Nishiki'. In der Floristik sind die gedrehten und verbänderten Weiden beliebt. Dann gibt es spezielle Kätzchenweidendie für Sträuße geschnitten werden. So die Sorten Salix 'Silberglanz' und Salix 'Allerheiligen'.
In der Pharmazie
Aspirin ist ein weitverbreitete Arznei, welches als Schmerzmittel und als Rheumamittel verabreicht wird. Wirkstoff ist Salicylsäure, welche chemisch hergestellt wird. In der Weidenrinde verschiedener Weidenarten (Salix purpurea, S.daphnoides… )ist der gleiche Wirkstoff enthalten. In der Apotheke erhält man es als Cortex salicis. Früher wurde das Abfallprodukt der Korbflechterware genommen, das bei dem Schälen der Ruten abfiel. Heute gibt es eigene Sorten mit hohen Salizylsäuregehalt.
In der Imkerei
Weiden und die Tierwelt haben eine enge Verbindung, in dem sie Lebensraum und Nahrung bieten. Die Blütezeit setzt im zeitigen Frühjahr ein. Pollen und Nektar stehen den Insekten und ganz besonders den Honigbienen zur Verfügung. Die junge Bienenbrut erhält durch das üppige Pollenangebot eine rasche Entwicklung. Dies erklärt die Wichtigkeit der frühen Kätzchenweiden wie S.caprea 'Mas', S.x smithiana oder S. viminalis var. regalis 'Tiedemannsche'. Um aber Bienenfutter über einen längeren Zeitraum sicherzustellen, sollte man verschiedene Salixarten in einer Bienenweidenpflanzung wählen. So entsteht ein "Pollenfließband". Zeitliche Lücken einheimischer Arten werden durch Hybriden (Allgaierweide, Schiebelweide, … ) oder ausländische Arten (S. melanostachys oder S.cordata… ) geschlossen.
Nachsatz A. Regner:
Eine weitere Anregung für die gartenbauliche Nutzung können Sie auf der planten.de-Seite Lebendes Klassenzimmer finden.