Wenig hab ich noch empfunden
Von der werten Frühlingszeit;
All die Lust und Lieblichkeit
Hat zu mir nicht Bahn gefunden.
Ach! was soll ein Herz dabei,
Das sich so zerrissen fühlet?
Jetzt empfand ich erst den Mai,
Seit der Sturm in Blüten wühlet.
Kategorie: Gedicht
Gedichte.
Ludwig Uhland: Frühlingsglaube
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste, Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Theodor Storm: April
Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum –
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.
Theodor Storm: März
Und aus der Erde schauet nur
Alleine noch Schneeglöckchen;
So kalt, so kalt ist noch die Flur,
Es friert im weißen Röckchen.
Ludwig Uhland: Die Malve
Wieder hab ich dich gesehen,
Blasse Malve! blühst du schon?
Ja! mich traf ein schaurig Wehen,
All mein Frühling welkt davon.
Bist du doch des Herbstes Rose,
Der gesunknen Sonne Kind,
Bist die starre, düftelose,
Deren Blüten keine sind.
Gerne wollt‘ ich dich begrüßen,
Blühtest du nicht rosenfarb,
Lögst du nicht das Rot der Süßen,
Die noch eben glüht‘ und starb.
Heuchle nicht des Lenzes Dauer!
Du bedarfst des Scheines nicht;
Hast ja schöne, dunkle Trauer,
Hast ja weißes, sanftes Licht.
Ludwig Uhland: Der weiße Hirsch
Es gingen drei Jäger wohl auf die Pirsch,
sie wollten erjagen den weißen Hirsch.
Sie legten sich unter den Tannenbaum,
da hatten die drei einen seltsamen Traum.
Der erste.
Mir hat geträumt, ich klopft auf den Busch,
da rauschte der Hirsch heraus, husch husch!
Der zweite.
Und als er sprang mit der Hunde Geklaff,
da brannt’ ich ihn auf das Fell, piff, paff!
Der dritte.
Und als ich den Hirsch an der Erde sah,
da stieß ich lustig ins Horn, trara!
So lagen sie da und sprachen, die drei,
da rannte der weiße Hirsch vorbei.
Und eh’ die drei Jäger ihn recht gesehn,
so war er davon über Tiefen und Höhn.
Husch husch! piff, paff! trara!
Matthias Claudius: Der Bauer, nach geendigtem Prozeß
Gottlob, daß ich ein Bauer bin;
Und nicht ein Advokat,
Der alle Tage seinen Sinn
Auf Zank und Streiten hat.
Und wenn er noch so ehrlich ist,
Wie sie nicht alle sind;
Fahr ich doch lieber meinen M…
In Regen und in Wind.
Denn davon wächst die Saat herfür,
Ohn Hülfe des Gerichts;
Aus nichts wird etwas denn bei mir,
Bei ihm aus etwas nichts.
Gottlob, daß ich ein Bauer bin;
Und nicht ein Advokat!
Und fahr ich wieder zu ihm hin;
So breche mir das Rad!